Bologna - Filmfestival 2011

Bologna - Il Cinema ritrovato


vom 25. Juni bis 2. Juli 2011

Reihe: Veidt

Promenade dans la nuit

(Der Gang in die Nacht), Mise en scène:   Friedrich Wilhelm Murnau, Allemagne - 1920
Production: Goron-Films, Berlin - Distribution: Progress-Film GmbH, Berlin - Producteur: Sascha Goron - Metteur en scène: Friedrich Wilhelm Murnau - Scénariste: Carl Mayer - D'après : Harriet Bloch Der Sieger - Directeur de la Photographie: Max Lutze - Direction artistique: Heinrich Richter - Acteurs: Gudrun Bruun Stephensen Tönzerin Lily - Olaf Fønss Prof. Dr. Eigil Boerme - Erna Morena Helene - Clementine Plessner - Conrad Veidt blinder Maler -
Sommaire (en Allemand): Der Augenarzt Eigil Boerne verlässt seine Verlobte Helene für die Tänzerin Lilly und zieht mit ihr in ein Fischerdorf. Er heilt dort einen blinden Maler, für den Lilly wiederum ihn verlässt. Boerne kehrt verbittert in die Stadt zurück. Als Lilly eines Tages bei ihm auftaucht und ihn um Hilfe für den Maler bittet, der neuerlich zu erblinden droht, fordert er sie im Affekt auf, sich umzubringen – dann sei er zur Rettung ihres Geliebten bereit. Sie nimmt ihn beim Wort und tötet sich. Der Maler will nun nicht mehr geheilt werden, denn, so erklärt er Boerne, Lilly war alles auf der Welt, was er habe sehen wollen. (www.filmportal.de)
Critiques (en Allemand): Für die Decla-Bioscop AG erwirbt Murnau das Manuskript «Büxl», nach der Komödie von Arno Holz und Oskar Jerschke; das Vorhaben einer Verfilmung wird nicht realisiert. Murnau und Veidt kaufen das Manuskript «Hände», von dem vermutlich Motive in Robert Wienes 1924 mit Veidt gedrehten Film ORLACS HÄNDE eingehen. Nach einem Drehbuch von Mayer, einer freien Bearbeitung des dänischen Filmszenariums «Der Sieger» von Harriet Bloch, inszeniert Murnau im Herbst 1920 DER GANG IN DIE NACHT: «Die Handlung? Ein Minimum von einem Minimum. Zwei Frauen, zwei Männer. Ein Spiel von Leidenschaften, was sie zueinander treibt, und sie wieder voneinander wegtreibt. Das nebeneinander; hier sind die subtilsten Differenziertheiten des Menschenlebens, die der Kurzsichtige nur 'Inkonsequenzen' nennen wird: Der Gute wird in der Verzweiflung böse, mörderisch böse: er fordert Selbstmord. Die Lächelnd-Selige wird von irgendeiner Unendlichkeit angerührt, eine Angst wirbelt sie herum, ein neues Licht löst sie in eine noch höhere, noch einfachere Seligkeit auf, das alles in Handlung gebracht, das alles in Menschengesichter geprägt, das alles in das Unbeschreibliche, Feinste der Bewegung gelegt denn die Titel, wunderbar schlicht gefasst, geben in diesem Film schon nichts mehr als ganz entfernte Andeutungen.» (W. Haas, Film-Kurier, 14.12.1920).

«Der früheste erhaltene Film von F. W. Murnau ist paradoxerweise der einzige seiner Filme, von dem das originale Kameranegativ vorhanden ist. Von diesem ausserordentlichen Material ausgehend, hat das Münchner Filmmuseum eine ausserordentliche Restaurierung gemacht: einen Film, der zum ersten Mal eine genaue Vorstellung vermittelt von Murnaus innovativer, höchst ausdrucksvoller Lichtführung. Die Story – ein bedeutender Arzt erliegt dem Zauber einer skrupellosen Tänzerin – wird in der ganzen Weimarer Zeit ihren Widerhall finden, Sternberg inklusive.» (Museum of Modern Art, New York, Nov. 2016)

«Ein spontanes Gespür entwickelt sich für jenen eigenen filmischen Rhythmus, der nicht bestimmt wird von der Logik des Erzählens. (…) Ein Film über das Sehen, über das Sich-Verschauen. Demonstrativ schaut Eigil im Varieté weg, er scheut den Blick auf die Szene. (…) Automatisch kommen einem bei diesem komischen Professor Freud-Texte in Erinnerung. Den anderen sehen machen, so sah auch Freud seinen Job.» (Fritz Göttler, in: Frieda Grafe u. a.: Friedrich Wilhelm Murnau, Hanser 1990)

«Von den neun Filmen, die Murnau vor Nosferatu drehte, haben nur zwei mehr oder minder vollständig überlebt. (…) Nun liegt Der Gang in die Nacht, Murnaus siebter Film, in einer digitalen Restaurierung vor – und welch einer Restaurierung! Das Team des Münchner Filmmuseums hat eine der schönsten Ausgaben eines Stummfilms geschaffen, die ich je gesehen habe. (…) Man schaut sich diese Einstellungen an und realisiert, dass die meisten Stummfilmfassungen in keiner Weise dem gerecht werden, was das Publikum damals sah. (…) In jenen Tagen wurden die Vorführkopien in der Regel direkt vom Kameranegativ gezogen, das heisst, was aufgezeichnet war, gelangte auch auf die Leinwand. Diese neue Münchner Restaurierung erlaubt es uns, in jedem einzelnen Bild alles zu sehen, mit einer wunderbaren Klarheit und Detailgenauigkeit.» (David Bordwell, www.davidbordwell.net/blog)

Der Reigen

Mise en scène:   Richard Oswald, Allemagne - 1920
Production: Richard Oswald-Film der Deutschen Bioscop AG, Berlin - Distribution: Bioscop-Film-Verleih GmbH, Berlin - Producteur: Richard Oswald - Metteur en scène: Richard Oswald - Assistant metteur en scène: Richard Löwenbein - Scénariste: Richard Oswald - Directeur de la Photographie: Axel Graatkjær - Carl Hoffmann - Direction artistique: Hans Dreier - Acteurs: Theodor Loos Fritz Peters - Irmgard Bern Alberts Ehefrau - Loni Nest - Willi Schaeffers - Hugo Döblin - Willy Karin - Ilsa von Tasso-Lind Mutter - Eduard von Winterstein Albert Peters - Conrad Veidt Peter Karvan - Asta Nielsen Elena -
Sommaire (en Allemand): Das Bürgermädchen Elena erweckt die Begierde der Männer, findet aber selbst nie die wahre Liebe: Zuerst wird sie vom Klavierlehrer verführt und dann aus dem Haus der Eltern verstossen. Dann gerät sie in die Hände eines mit dem Klavierlehrer befreundeten Musikers: Peter Karvan, der zuerst ihr Liebhaber und dann ihr Zuhälter wird. Sie kann sich allerdings losreissen und erhält eine Stellung als Erzieherin. Sie wird zur Liebhaberin ihres Arbeitgebers, und als dessen Frau stirbt, seine Gattin. Aber Karvan spürt sie auf und erpresst sie. Elenas Mann wirft beide hinaus, und Schliesslich verdienen sie ihren Lebensunterhalt in einem Tingeltangel. Dann erschiesst Elena Karvan und nimmt sich selbst das Leben. (www.filmportal.de)

Dida Ibsens Geschichte - Ein Finale zum 'Tagebuch einer Verlorenen'

Mise en scène:   Richard Oswald, Allemagne - 1918
Production: Richard Oswald-Film GmbH, Berlin - Producteur: Richard Oswald - Metteur en scène: Richard Oswald - Scénariste: Richard Oswald - D'après : Margarete Böhme novel - Directeur de la Photographie: Max Fassbender - Direction artistique: August Rinaldi - Acteurs: Maria Forescu Dienerin - Werner Krauss Philipp Galen - Emil Lind der alte Ibsen - Loni Nest Idas Tochter - Anita Berber Dida Ibsen - Ernst Pittschau Eken Kornils - Clementine Plessner Frau Ibsen - Eugen Rex Lude Schnack - Conrad Veidt Erik Norrensen - Ilsa von Tasso-Lind Eine Dame -
Sommaire (en Allemand): Dida Ibsen hat nichts als Pech im Leben, dabei versucht sie nur, ihren Platz zu finden: Ihre Eltern zwingen sie, einen Mann zu heiraten, den sie hasst. Sie flieht mit einem anderen, aber der kann sie nicht heiraten, weil seine Frau nicht in die Scheidung einwilligt. Damit ihr Kind nicht unehelich geboren wird, heiratet sie einen Indienfahrer, der vom Tropenkoller besessen ist und sie sinnlos quält. Treu pflegt sie ihn auf dem Krankenbett, und in einem klaren Moment bittet er sie, sich von ihm zu trennen. Sie geht zum Vater ihres Kindes zurück, aber der ist unheilbar krank, erschiesst sich. Schliesslich kehrt sie zu ihren Eltern zurück, und diese, denen die eigene Schuld an Didas unglücklichem Leben aufgeht, nehmen die Tochter wieder auf. (www.filmportal.de)

Die BrĂĽder Schellenberg

Mise en scène:   Karl Grune, Allemagne - 1926
Production: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Distribution: Decla-Bioscop AG., Berlin - Producteur: Erich Pommer - Metteur en scène: Karl Grune - D'après : Bernhard Kellermann Roman - Directeur de la Photographie: Karl Hasselmann - Musique: Werner Richard Heymann - Direction artistique: Curt Kahle - Karl Görge - Effets visuels: Helmar Lerski Trick-Kamera - Ernst Kunstmann - Acteurs: Julius Falkenstein Erster Verehrer Esthers - Frida Richard Verarmte Witwe - Jaro FĂĽrth Wucherer - Paul Morgan Schieber - Erich Kaiser-Titz Dritter Verehrer Esthers - Wilhelm Bendow Zweiter Verehrer Esthers - Lil Dagover Esther - Werner Fuetterer Georg Weidenbach - Conrad Veidt Wenzel Schellenberg / Michael Schellenberg - Bruno Kastner Kaczinsky - Liane Haid Jenny Florian - Henry de Vries Der alte Rauchenstein -
Sommaire (en Allemand): Die Brüder Michael und Wenzel Schellenberg sind in der Sprengstofffabrik des alten Raucheisen angestellt. Als bei einer Explosion in dem Werk mehr als 200 Arbeiter zu Tode kommen, kündigen die Brüder, voller Entsetzen über Raucheisens Gleichgültigkeit gegenüber den Angehörigen der Opfer. Während Wenzel sich mit einigem Erfolg als Börsenspekulant versucht, hat Michael es sich zum Ziel gemacht, hilfebedürftigen Menschen beizustehen. Er errichtet eine Siedlungskolonie für Arbeitslose.

Wenzel lernt indes die hübsche Jenny kennen, deren Freund Georg bei der Explosion schwer verletzt wurde. Er macht sie zu seiner Geliebten und unterstützt sie bei ihren Versuchen, als Schauspielerin Karriere zu machen. Doch schon bald ist er ihrer Überdrüssig und wendet sich Raucheisens rassiger Tochter Esther zu. Als Esther durch dunkle Geschäfte ihres Geliebten Kaczinsky in Schwierigkeiten gerät, erklärt Wenzel sich bereit, ihr zu helfen - unter der Bedingung, daß sie ihn heiratet. Esther willigt ein, doch die Ehe steht unter keinem guten Stern. Als Wenzel eines Tages erfährt, dass Esther noch immer ein Verhältnis mit Kaczinsky hat, kommt es zur Katastrophe. (www.filmportal.de)
Critiques (en Allemand): «Die Brüder Schellenberg

Ideal der Autoren W. Haas und K. Grune: eindeutiges Kinogeschäft, totsicherer Publikumsfilm mit Reminiszenzen an Herrn Kellermanns Ullsteinroman (und an ihr eigenes Können und Wollen). Die herzhafte Art von Haas, den Film für business zu schaffen und mit Fraktur für Wirkung auf alle Augen, die zu sehen willens sind praktisch einzutreten berührt so sympathisch, daß die zu deutliche Absicht nicht einmal verstimmen kann. Man will heute handfesten Kientopp sehen. So ist’s. (Denkt Haas.) Die Kinokassen werden aufatmen, die Filmhungrigen können gefüttert werden.

"Die Brüder Schellenberg" von einem Darsteller gespielt – schon ein Vorzug, gegen den der Roman nicht aufkommt, schon ein Schau-Spiel so recht für die Schauenden. (...)

Veidt übertrumpft alles. Man beachte die Großaufnahmen. Blicken die gleichen Augen …? Ein seelenbesorgter Menschheitsbeglücker und ein harter, brutaler Lebensgenießer. Bis in die zartesten Verästelungen scheinen die Brüder wesensfeind und doch verwandt. In den Trickszenen, in die sich die Verfasser selbst zu sehr verguckt zu haben scheinen, ist Conny Veidt als Wenzel schwächer, er gibt sich zu konventionell überlegen. Der Trick ist ach, ein Schauspiel nur. Haas und Grune waren an der entscheidenden Stelle zu bescheiden. Die Brüder brennen sich eine Zigarette an – das ist der Angelpunkt des Schellenbergfilms, der offenbar in den Begegnungsszenen schlecht geschnitten ist, denn er läßt ein paar Zwischenaufnahmen der Annäherung vermissen. (...)

Zum Ganzen sagt man gern und freudig ja. Auch dieser Film ist ein Wurf auf dem Weltmarkt, ein treffsicheres Geschoß. Mit wieviel edleren Mitteln arbeitet dieser "Publikumsfilm" als etwa eine Laemmleproduktion ("Phantom der Oper"). Wie anregend in ihrer Einfallsüberfülle die technische Beweglichkeit, die Unsumme der absolut neuen Aufnahmeneinstellung, die Verwendung des Schüftanverfahrens, von dem ich nicht weiß, ob sie dem Regisseur, dem Autor oder dem Kameramann zuzuschreiben sind. Kein amerikanischer Film hat die deutsche Bereitwilligkeit der Erfindung gezeigt wie etwa nur ein Akt dieses Films. Originell in kleinsten Kleinigkeiten. Eine paar Mädchenbeine, die Treppe herunterflitzend. Ein verteufelt konstruiertes Auto (ein technisches Aufnahmewunder!) – um nur ein Beispiel zu nennen, was in den geschmähten Tempelhofer Betrieben der Ufa geleistet wurde, wer macht es nach in der Welt? (...)

Ein paar Worte noch über die Darsteller. Neben Veidt hält sich niemand. Lil Dagover enttäuscht. Sie naht wie eine Gottheit ... in den ersten Szenen hinreißend. Aber sie ist keine Kokotte. Ihre Kühle wirkt keusch – nie raffiniert. Sie ist halt keine Teufelin. So gut ihr auch die Struwelpeterfrisur steht – sie findet keine nervösen Übergänge, sie rast plötzlich und ebenso plötzlich erstarrt sie zu nachdenklichem Ernst.
Dagegen gibt Liane Haid ihre kleine Schauspielerin mit herzlicher Frische, unproblematisch, schlicht.
Henry de Vries hat den Römerkopf Raucheisens, wie er im Buche steht.
Eine wertvolle Erscheinung: Werner Fuetterer, der eine Atmosphäre gesunder Jugend verbreitet.
Hasselmanns Photographie gibt Dinge, auf die es ankommt, mit gediegener Beherrschung des Materials. In Kleinigkeiten ist er nicht immer ausgeglichen.
Veidt ist herrlich photographiert.
Für die Bauten zeichnet Karl Görge.
Der Film verdient ein Millionenpublikum, das er finden wird.

(Durch den Zuschnitt des Films hat Grune sich geschadet. Die Art der Schneiderei wird allmählich eine ernsthafte Gefahr! Ist es ein Zufall, daß in einer Uraufführungskopie noch ein Satzfehler ist?) » (–r, Film-Kurier, Nr. 70, 23.3.1926)

«Die Gebrüder Schellenberg

Grune hat einen Film geschaffen, der alle Qualitäten der großen deutschen Klasse hat: ernst, spannend und mit ergreifender Hingabe an die seelische Gestaltung. Diese Gestalten leben und es war ein Hauch jenes inneren, seelischen Lebens, das auf die Zuschauer überging und sie in den Bann des Films zwang. Ein großes Zeitbild stellte sich dar, mit grellen Lichtern und schroffen Kontrasten, mit Schicksalen, wie wir sie alle erlebt haben und Figuren, die aus pulsendem, rastlosem Strom des Lebens mit Künstlerhand herausgeholt sind. (...)

Grune hat seinen besten Film gemacht. Man ist gespannt von Anfang bis zu Ende. Die Menschen leben mit einer solch vehementen Frische, daĂź man sich ihrer aus dem Leben zu erinnern glaubt. Der Aufbau der Handlung (von Willy Haas geschickt und kĂĽnstlerisch besorgt) vereinfacht sich in Grunes RegiefĂĽhrung. Nichts bleibt unklar, wir marschieren von Anfang bis Ende mit und der Zuschauer geht aus dem Kino mit dem GefĂĽhl, wirklich ein Erlebnis gehabt zu haben.

Von den Darstellern ist, zunächst Conrad Veidt zu nennen, der die Doppelrolle der beiden Brüder spielt. Mit ungemeiner Feinheit sind diese verschiedenen Charaktere studiert, immer neue Nuancen prägen sie plastisch aus. Als eleganter Abenteurer hat er all den Charme und die bezaubernde Liebenswürdigkeit, die so stark auf Frauen wirkt und als idealistischer Städtegründer hat Veidt die tiefe Innerlichkeit des alles verstehenden leidenden Menschen. Lil Dagover als Tochter des Magnaten Raucheisen ist von jener kalten, fast dämonischen Erotik, die nicht weiter beschreibbar ist, die aber in allen Fingerspitzen gefühlt ist. Sie sieht bezaubernd aus und ihr schlanker Körper, ihr beherrschtes sicheres Spiel findet immer noch einen klaren Ausdruck, selbst für schwierige seelische Situationen. Liane Haid bringt die sanfte Liebenswürdigkeit des süßen Mädels mit und ihre schönen Augen werden keinen Zuschauer vergebens anblicken.

Die schönen und manchmal monumentalen Bauten stammen von Karl Görge.
Ein besonderes Lob verdient der Kameramann Hasselmann, der technisch Erstklassiges geleistet hat. Die Aufnahme eines abfahrenden Flugzeuges, um nur eine Szene zu nennen, war eine Leistung im Arrangement der wandernden Lichteffekte allererster Ordnung.
Der Beifall des Publikums war stark und kam aus einem ergriffenen Herzen. Hier ist ein Beispiel des deutschen Films, der sich – früher oder später – seinen Platz an der Sonne schaffen wird! » (H. W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 69, 23.3.1926)

(Kritiken zitiert nach www.filmportal.de)

Die letzte Kompanie

Mise en scène:   Curtis Bernhardt, Allemagne - 1930
Production: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Producteur: Joe May - Régisseur: Eduard Kubat - Metteur en scène: Curtis Bernhardt AKA Kurt Bernhardt - Assistant metteur en scène: Erich von Neusser - Scénariste: Heinz Goldberg - Carl Mayer Dramaturgische Beratung - Hans Rehfisch Dialoge - Henry Koster (AKA Hermann Kosterlitz) - Ludwig von Wohl - D'après : Hans Wilhelm - Henry Koster (AKA Hermann Kosterlitz) - Directeur de la Photographie: GĂĽnther Krampf - Musique: Ralph Benatzky - Franz Grothe - Montage: Carl Winston - Direction artistique: Andrej Andrejev - Création des costumes: Alexandre Arnstam - Maquillage: Karl Holek - Friedrich Havenstein - Hermann Rosenthal - Ingenieur du Son: Gerhard Goldbaum - Erich Schmidt - Acteurs: Else Heller MĂĽllerin - Ferdinand Asper Götzel - Karin Evans Dore - Alexander Granach Haberling - Heinrich Gretler Pelle - Ferdinand Hart Klotz - Philipp Manning Möllmann - Paul Henckels Pitsch - Martin Herzberg Heller - Alexander Hiller Machnow - Erwin Kalser MĂĽller - Horst von Harbou Stibbe - Conrad Veidt Hauptmann Burk - Albert Karchow Wernicke - Werner Schott Biese - Gustav PĂĽttjer PĂĽttjer - Maria Pederson -
Sommaire (en Allemand): 1806, während des preussisch-französischen Krieges. 13 Soldaten sollen eine Mühle halten, um den Rückzug der vor Napoleon fliehenden preussischen Armee über die Saale zu decken. Die Müllersleute werden evakuiert, aber die Tochter, die sich in den Hauptmann verliebt hat, kehrt zu den Soldaten zurück.

Als die Preussen die Saale überschreiten, sprengen sie hinter sich die einzige Brücke. Die Kompagnie in der Mühle steht auf verlorenem Posten. Beim Kampf gegen die Übermacht der anrückenden Franzosen fallen alle 13 Soldaten und das Mädchen. (www.filmportal.de)
Critiques (en Allemand): «Die letzte Kompanie
Joe Mays englische Version - Ein geglĂĽcktes Experiment

Am 16. April verlässt Joe May Berlin, um sich zu einer Informationsreise nach Amerika zu begeben.
Seine Umstellung auf Tonfilm hat er, der erfolgreiche Pionier der stummen Ära, mit zwei Filmen vollzogen, die zu den Spitzenwerken der neuen deutschen Tonfilmkunst gehören.
Diese seine Umstellung ist um so bemerkenswerter, als neben der deutschen Fassung der Werke eine internationale englische hergestellt wurde, bei der die nicht englisch sprechenden deutschen Schauspieler im Dialog durch Originalstimmen ersetzt wurden.
Es ist das bekannte, von Joe May geschĂĽtzte Verfahren, ĂĽber das hier ausfĂĽhrlich berichtet worden ist.
Die Ergebnisse liegen nunmehr vor. Sie können sich in des Wortes wahrer Bedeutung hören lassen.
An der englischen Version der "Letzten Kompagnie" wird der Beweis geführt, dass die Sprache überzeugend und präzise kommt.
Richtiger Einsatz, sinngemässe Modulierung ist selbstverständlich. Nicht weniger ein Funktionieren des technischen Synchronisierungsprozesses, der noch in den Grossaufnahmen Mundbewegungen und Stimme synchron erscheinen lässt.
Wichtiger als das ist die bei diesem System festzustellende Homogenität von Klang und Bild:
Ein anderer spricht zum Bilde Conrad Veidts die Worte des Hauptmann Burg. Und doch hat man keinen Moment lang das Gefühl eines Auseinanderfallens der Persönlichkeit.
Ein System hat damit seine Verwendbarkeit bewiesen.
Das Thema "Internationalisierung des Sprechfilms" ist um einen wertvollen Beitrag bereichert worden. » (Film-Kurier, Nr. 91, 15.4.1930)

1806. Preußen steht im Krieg gegen Napoleon vor der sicheren Niederlage. Da erhält Hauptmann Burk (Conrad Veidt) den Befehl, sich und die Reste seiner Kompanie im Kampf um eine Mühle zu opfern, um den Rückzug des preußischen Heers zu ermöglichen … Eine damals ganz unzeitgemäße »Preußenballade«: »Der Krieg ist ein sinnloses Grauen«, konstatierte das Hamburger Echo. (www.cinefest.de)
Remarques géneraux: Remake 1967 von Fritz Umgelter unter dem Titel "Eine Handvoll Helden"

DĂĽrfen wir schweigen ?

Mise en scène:   Richard Oswald, Allemagne - 1926
Production: Nero-Film AG, Berlin - Producteur: Richard Oswald - Heinrich Nebenzahl - Metteur en scène: Richard Oswald - Scénariste: Richard Oswald - Directeur de la Photographie: Gustav Ucicky - Musique: Hans May - Direction artistique: Heinrich Richter - Acteurs: Henry de Vries Henry Pierson, Stadtrat - Bella Polini Tänzerin - Ernst Stammer Wirt - Albert Paulig Ober - Betty Astor Inge - Else Plessner 2. Patientin - John Gottowt Sein Faktotum - Fritz Kortner Annoncierender Arzt - Maria West Junge Frau - Ernst Laskowski Junger Mann - Frida Richard Alte Frau - Elga Brink Assistentin - Ernst Verebes Gerd (AKA Ernö Verebes) - Conrad Veidt Paul Hartwig, Maler - Walter Rilla Dr. Georg Mauthner - Mary Parker Leonie, seine Tochter - Maria Forescu 1. Patientin -
Critiques (en Allemand): "Conrad Veidt in der geradezu überwältigend gespielten Rolle des Malers „Paul Hartwig“. Richard Oswald (...) hat sich nicht dazu verleiten lassen, hierzu einen von medizinischer Wissenschaft triefenden Lehrfilm zu bringen, sondern er verquickt das Schicksal einiger von der furchtbarsten Krankheit im Leichtsinn oder durch Mißgeschick erfassten Menschen mit demjenigen blühend gesunder Menschenkinder ... " (Freiburger Zeitung)

J' Ă©tais une espionne

(I was a spy), Mise en scène:   Victor Saville, Grande Britanie - 1933
Production: Gaumont British Picture Corporation Ltd, London - Producteur: Michael Balcon - Metteur en scène: Victor Saville - Directeur de la Photographie: Charles Van Enger - Direction artistique: Alfred Junge - Création des costumes: Gordon Conway - Acteurs: Gerald du Maurier Doctor - Donald Calthrop Cnockhaert - May Agate Mme. Cnockhaert - Eva Moore Canteen Ma - Martita Hunt Aunt Lucille - Nigel Bruce Scottie - George Merritt Captain Reichman - Anthony Bushell Otto - Edmund Gwenn Burgomaster - Herbert Marshall Stephan - Madeleine Carroll Martha Cnockhaert - Conrad Veidt Commandant Oberaertz -

Jew SĂĽss

Mise en scène:   Lothar Mendes, Grande Britanie - 1934
Production: Gaumont British Picture Corporation Ltd, London - Producteur: Michael Balcon - Metteur en scène: Lothar Mendes - Scénariste: Dorothy Farnum - Arthur Richard Rawlinson (AKA A.R. Rawlinson) - D'après : Lion Feuchtwanger novel - Directeur de la Photographie: Roy Kellino - Montage: Otto Ludwig - Direction artistique: Alfred Junge - Création des costumes: Herbert Norris - Acteurs: Sam Livesey Harprecht - Hay Plumb Pfaeffle - Eva Moore Jantje - Campbell Gullan Prince of Thurn & Taxis - Dennis Hoey Dieterle - James Raglan Lord Suffolk - Percy Parsons Pflug - Joan Maude Magdalen Sibylle Weissensee - Paul Graetz Landauer - Gerald du Maurier Weissensee - Cedric Hardwicke Rabbi Gabriel - Frank Vosper Duke Karl Alexander - Benita Hume Marie Auguste - Conrad Veidt Joseph Oppenheimer, genannt Jud SĂĽss - Pamela Mason Naomi Oppenheimer (AKA Pamela Ostrer) -

Lucrezia Borgia

Mise en scène:   Richard Oswald, Allemagne - 1922
Production: Richard Oswald-Film GmbH, Berlin - Producteur: Richard Oswald - Régisseur: Alfred Kern - Metteur en scène: Richard Oswald - Scénariste: Richard Oswald - D'après : Harry Sheff - Directeur de la Photographie: Frederik Fuglsang - Carl Drews - Karl Freund - Karl Vass - Schwenker: Robert Baberske - Direction artistique: Robert Neppach - Botho Höfer - Acteurs: Lyda Salmonova Tigerbändigerin Diabola - Käte Oswald Naomi - Adele Sandrock Ă„btissin - Victoria Strauss Rosaura - Conrad Veidt Cesare Borgia - Paul Wegener Micheletto - Philipp Manning 1. Diener Cesares - Ernst Pittschau - Elsa Bassermann - Max Pohl Fratelli, Waffenschmied (AKA Doktor Max Pohl) - Clementine Plessner Fratellis Frau - Lothar MĂĽthel Juan Borgia - Tibor Lubinsky Gennaro, Gräfin Orsinis Page - Adolf Edgar Licho Lodovico - Liane Haid Lucrezia Borgia - Alexander Granach Gefangener - Heinrich George Sebastiano - Alphons Fryland Alfonso von Arragon - Hugo Döblin 2. Diener Cesares - Mary Douce Florentina - Wilhelm Dieterle Giovanni Sforza - Wilhelm Diegelmann Wirt - Anita Berber Gräfin Julia Orsini - Albert Bassermann Pabst Alexander VI. - Rodrigo Borgia -
Sommaire (en Allemand): Historisches Drama um Rache und Eifersucht im Hause Borgia: Cesare Borgia trachtet Alfonso von Aragon, dem Geliebten seiner von ihm selbst begehrten Schwester Lucrezia, nach dem Leben. Cesares hasserfüllter Leidenschaft fallen zunächst der eigene Bruder sowie das einfache Mädchen Naomi zum Opfer, bevor er schliesslich auch Alfonso ermorden lässt. Selbst ein Bannfluch des Papstes kann ihn nicht stoppen, und er verfolgt Lucrezia bis zur Burg der Sforzas. Dort kommt es zum Zweikampf mit Giovanni Sforza, in dessen Verlauf Cesare und sein Gegner tödlich verwundet werden. (www.filmportal.de)
Remarques géneraux: Die 2011 vom Deutschen Bundesarchiv - Filmarchiv restaurierte Fassung ist um etwa 280 meter kĂĽrzer als die Zensurfassung von 1922. Unter anderen exstiert auch eine englische Fassung des Films in der Länge von circa 130 Minuten, in welcher allerdings Besetzung teilweise ganz anders genannt wird. So etwa Paul Wegener als Alfonso d'Aragon (an Stelle von Alfons Fryland), Llyla Haid statt Liane Haid als Lucrezia, Gina Boscarino statt Käte Oswald als Naomi und Sabina Maresco statt Anita Berber als Gräfin Orsini. (lhg 2011)

The Man who laughs

Mise en scène:   Paul Leni, USA - 1928
Production: Universal Pictures - Producteur: Paul Kohner - Metteur en scène: Paul Leni - Scénariste: J. Grubb Alexander - D'après : Victor Hugo Roman - Musique: Walter Hirsch - Montage: Edward L. Cahn - Direction artistique: Joseph C. Wright - Maquillage: Jack Pierce - Acteurs: Brandon Hurst Barkilphedro - Josephine Crowell Königin Anne - Conrad Veidt Gwynplaine - Cesare Gravina Ursus - Stuart Holmes Lord Dirry-Moir - Sam de Grasse König James II. - George Siegmann Dr. Hardquanonne - Karl Huszar-Puffy Gastwirt - Julius Molnar jr. Gwynplaine als Kind - Mary Philbin Dea - Olga Baclanova Herzogin Josiana -
Critiques (en Allemand): "Dies ist einer der besten amerikanischen Filme am Ende der Stummfilmära. Die Virtuosität der Kamera, die überzeugenden Schauspieler und die eindrucksvollen Bauten, machen Lenis Stil aus." (Jacques Lourcelles)

Nazi Agent

Mise en scène:   Jules Dassin, USA - 1942
Production: Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) - Producteur: Irving Asher - Metteur en scène: Jules Dassin - Scénariste: Paul Gangelin - John Meehan jr. - Directeur de la Photographie: Harry Stradling - Musique: Lennie Hayton - Montage: Frank E. Hull - Direction artistique: Cedric Gibbons - Décorateur de plateau: Edwin B. Willis - Création des costumes: Howard Shoup - Ingenieur du Son: Douglas Shearer - Acteurs: Sidney Blackmer Arnold Milbar - Tom Stevenson Headwaiter (/xx/) - Pierre Watkin Grover Blaine McHenry - Moroni Olsen Brenner - Marc Lawrence Joe Aiello - Martin Kosleck Kurt Richten - William Tannen Ludwig - Ivan F. Simpson Professor Sterling - Dorothy Tree Miss Harper - Frank Reicher Fritz - Anne Ayars Kaaren De Relle - Conrad Veidt Otto Becker / Baron Hugo Von Detner -

Les Mains d'Orlac

(Orlacs Hände), Mise en scène:   Robert Wiene, Autriche, Allemagne - 1924
Production: Berolina-Filmproduktion GmbH., Berlin - Pan-Film AG, Wien - Metteur en scène: Robert Wiene - Scénariste: Louis Nerz - Directeur de la Photographie: GĂĽnther Krampf - Hans Androschin - Direction artistique: Stefan Wessely - Hans Rouc - Karl Exner - Acteurs: Carmen Cartellieri Regine - Fritz Kortner Nera - Alexandra Sorina Yvonne Orlac - Conrad Veidt Pianist Paul Orlac - Paul Askonas Diener - Fritz Strassny Vater Orlac -
Sommaire (en Allemand): Bei einem Zugunglück verliert der berühmte Konzertpianist Paul Orlac beide Hände. Um ihm das Klavierspielen weiter zu ermöglichen, transplantiert man ihm die Gliedmassen des soeben hingerichteten Raubmörders Vasseur. Operation und Heilung verlaufen reibungslos, doch als Orlac erfährt, dass er "Mörderhände" trägt, wird er von der quälenden Vorstellung heimgesucht, unter Vasseurs unheilvollem Einfluss zu stehen. Orlac droht wahnsinnig zu werden, als sein Vater tot aufgefunden wird - erstochen mit einem Dolch, der einst Vasseur gehörte und auch dessen Fingerabdrücke trägt... (3Sat Presse)
Critiques (en Allemand): Orlacs Hände

«Dieser Film wirkt etwa wie eine Edgar Allen Poesche Novelle, zu der Ludwig Wolf das Schlusskapitel geschrieben hat.

Aber trotzdem man dem Publikum zu Nutz und Frommen die phantastische Handlung zum Schluss in Gefällig-Kriminalistische umgebogen hat, ist das Werk trotzdem eine Etappe auf dem Wege zum künstlerischen Film.

Aber meine Herren vom Bau: Der Zuschauer ist keineswegs so träge in der Phantasie und von so ungelenkem Intellekt, wie er in eurer Vorstellung lebt. Das Publikum geht ins Kino, aufnahmebereit, willig, sich von euch hinaufführen zu lassen in unbekannte Reiche, die es bisher noch nie geschaut. Und nun kommt ihr und macht seinem beschränktem Untertanenverstand Konzessionen, die es gar nicht verlangt, ja, die es manchmal sogar aufbegehren lässt. Denn dass ihr's wisst: Gerade der naive Zuschauer hat eine verflucht feine Nase für jeden Zynismus, der sich zu ihm herabzulassen glaubt und im Grunde nur den Mangel an Mut verhüllt, ein Sujet bis zu seinen letzten Konsequenzen zu verfolgen.

Warum muss sich dieser geheimnisvolle Unbekannte plötzlich als ein trivialer Verbrecher aus der kriminalistischen Chronik der Tageszeitungen entpuppen, nachdem der Zuschauer sich schon darauf eingerichtet hat, in ihm ein Art "Revenant" zu sehen? Und wisst ihr auch, dass ein solcher Stimmungsumschlag sogar den von euch doch mit so glühender Inbrunst ersehnten Publikumserfolg gefährden kann? Dass es hier nicht geschehen ist, dass man bis zum Schluss gebannt blieb, ist einzig der ausgezeichneten Regie von Doktor Robert Wiene zu verdanken, die auch hier noch die Albdruckstimmung des ganzen Werkes festzuhalten weiss.

Das ist das hauptsächliche Verdienst dieser Regieleistung: Dass sie die Handlung von vornherein in einen Schimmer von Irrealität taucht, die banale Frage nach der realen Möglichkeit der Vorgänge gar nicht aufkommen lässt.

Über jeder Szene liegt die Magie Poescher oder E. Th. Hoffmannscher Novellen. Diese Bilder sind in die Dämmerstimmung der Spukballade getaucht und dabei von einer nur selten aussetzenden Intensivierung im Rhythmischen. Faszinierend einige Einzelheiten, wie die Traumerscheinung des Unbekannten. Wiene gibt unter Ausschaltung aller naturalistischen Details die Essenz jeder einzelnen Situation. Dadurch bewirkt er die Transfiguration des Zuschauers.

Conrad Veidt als Orlac gestaltet das Abbild des durch ein mystisches Geschick seelisch verheerten Menschen. Suggestiv der Ausdruck des Entsetzens, wenn er durch den auf das Bett geworfenen Zettel erfährt, dass der Chirurg ihm als Ersatz für seine bei der Eisenbahnkatastrophe verstümmelten Hände die Hände eines hingerichteten Mörders angesetzt hat. Leider ist seine Mimik nicht immer frei von Bewusstheit, von der berühmten Conrad Veidt-Note, die bei ihm schon mitunter Klischee geworden ist. Seine mimischen Übergänge sind nicht immer von letzter Kontinuierlichkeit, wie bei Jannings, bei Asta Nielsen, mitunter auch bei der Negri. Manchmal springt er abrupt von einem mimischen Ausdruck zum anderen hinüber. Voll restloser Genialität dagegen ist das Spiel seiner Hände. Ihre Beredsamkeit allein ist imstande, psychische Zustände auszudrücken, das Drama einer Seele zu entwickeln. Veidt ist einer der wenigen auserwählten Menschendarsteller des deutschen Films. Desto stärker ist seine Verpflichtung, alles zu überwinden, was zur Schablonisierung seiner einmaligen künstlerischen Individualität führen könnte. (...) » (Heinz Michaelis, Film-Kurier, Nr. 28, 2.2.1925)

Orlacs Hände

Der Premierenerfolg war unbestritten stark. Conradt Veidt wurde oft gerufen; was er gab war eine ausgezeichnete Virtuosenleistung, vielleicht zu virtuos, um unter die wirklich grossen Leistungen des Künstlers eingereiht zu werden. Das Buch hat zweifellos starke filmische Qualitäten, die der Regisseur Dr. R. Wiene sehr gut herauszuholen wusste; besonders, soweit es sich darum handelte, die Stimmung des irrealen, um nicht zu sagen visionären Elementes zu treffen, das ja in dem Werke vorherrschend ist. Am Schluss kommt, als grosse Überraschung, der Umschwung aus dem Irreal-Phantastischen ins Real-Kriminelle. Die einheitlich künstlerische Linie des Werkes wird zwar dadurch gestört, doch ist kaum anzunehmen, dass dieser Schluss der Publikumswirksamkeit des Films Abbruch tun wird, eher scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Die Fabel: Ein berühmter Pianist hat durch ein Eisenbahnunglück beide Hände verloren. Ärztliche Kunst ersetzt sie durch diejenigen eines ungefähr gleichzeitig exekutierten Mörders. Orlac droht an dem furchtbaren Bewusstsein, Mörderhände zu tragen psychisch und physisch zugrunde zu gehen. Die Lösung: Der Exekutierte, dessen Hände Orlac trägt, war unschuldig. Die angebliche Spukerscheinung aber, die, scheinbar mit künstlichem Kopf umgehend, Orlac in Verzweiflung trieb, ist der wirkliche reale Mörder. Orlac also von seinem Bann befreit. – Den Mörder spielt Kortner, am stärksten in der galgenhumorigen Drastik der Entlarvungsszene. » (Lichtbild-Bühne, Nr. 6, 7.2.1925)

(Kritiken zitiert nach www.filmportal.de)
Remarques géneraux: " Von der zeitgenössischen Kritik wurde "Orlacs Hände" fast einhellig als der wichtigste deutschsprachige Film des Jahres 1924 gefeiert. Gelobt wurde vor allem die gelungene Synthese von Phantastischem und Realem, die genaue und plausible Schilderung der psychologischen Motive und die ĂĽberdurchschnittliche Leistung der Schauspieler. "Eine geniale Idee war es, den Roman Maurice Renards fĂĽr Conrad Veidt, fĂĽr die nervös flackernden, mienenreichen, durchgeistigten, wunderbaren Hände Conrad Veidts zu bearbeiten" (Der Tag). Der Film wurde erkannt als das, was er wirklich war: ein effektvoller, durchaus moderner Thriller mit besonderem Augenmerk auf die psychologische Entwicklung der Personen. Dass dieser hochgelobte Film nach 1945 ĂĽberwiegend als missglĂĽckter, spätexpressionistischer Nachzieher des "Caligari"-Regisseurs Robert Wiene gewertet wurde, hat mit der lange Zeit unzureichenden Ăśberlieferung des Films zu tun. Erst 1995 wurde im Belgrader Filmarchiv eine 35-Millimeter-Kopie mit den originalen deutschen Zwischentiteln entdeckt, die sich als Grundlage fĂĽr eine umfassende Rekonstruktion anbot.

Die neue Musik entstand als Work-in-progress des deutsch-amerikanischen Komponisten Henning Lohner. Geschrieben ist sie für eine Quartett-Besetzung (Klarinette, Posaune, Cello und Klavier) und Live-Elektronik. Henning Lohner nimmt "Orlacs Hände" als Modell für alle Horrorfilme, die das Thema der Organtransplantation verarbeitet haben, und variiert in seiner Musik eine Reihe genretypischer Klangbilder." (3 Sat Presse)

Länge der rekonstruierten Version von 1996: 2357 m, 86 min bei 24 b/s laut FSK vom 13. März 1996