Bologna - Il Cinema ritrovato


vom 23. bis 30. Juni 2012
jetzt die Reihenfolge umkehren !*

Reihe: Pyrjev

Gosudarstvennij chinovnik

(The Civil Servant), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1930
Production: Sojuzkino (Moskau) - Director: Ivan Pyrjev - Assistant Director: G Kapriznaja - B Burov - Scenario: Vsevolod Pavlovskij - Director of Photography: Anatolij Solodkov - Art Director: Viktor Aden - Cast: Maksim Shtraukh Apollon Fokin - Lidja Nenasheva Fokins Frau - Naum Rogozhin Aristarkh Razverzajev - Leonid Jurenjev von Mekk - Aleksandr Antonov Vorstandsvorsitzender - Ivan Bobrov 'echter russischer' Mann - Tatjana Barysheva Nonne - Natalja Vasiljeva -
Synopsis in German: Apollon Fokin ist der oberste Buchhalter bei der sowjetischen Eisenbahnverwaltung, und als solcher besonders gewissenhaft. Als bei einer Auszahlung ein Genosse eine Kopeke zuwenig mitnimmt, schliesst Fokin die Kasse und rennt ihm quer durch das ganze Verwaltungsgebäude nach, um ihm diese Kopeke zu geben. Wie er wieder zurück in der Kasse ist, zeigt die Uhr zwei Uhr, und somit sind die Schalterstunden zuende, egal wie gross die Schlange vor der Kasse ist.
Aristarkh Razverzajev und von Mekk sind ranghohe Funktionäre in der Verwaltung, doch ihr Ehrgeiz geht dahin, den Betrieb zu sabotieren. Statt die Lokomotive zu reparieren zu lassen, erteilen sie Order, sie zu verschrotten. Schliesslich revoltieren die Arbeiter gegen diese sinnlosen Order und beantragen, dass Fachleute eingestellt werden, welche die Loks wieder in Betrieb setzen können. Doch Razverzajev verzögert die Unterzeichnung des Dekrets.
Als Fokin mit einer grossen Summe in einem Automobil unterwegs ist, planen Razverzajev und von Mekk mit Hilfe eines 'echten russischen' Mannes einen Überfall auf den Buchhalter, doch ihm gelingt die Flucht. Im Handgemenge verliert Fokin die Tasche, und tagsdarauf berichten die Zeitungen vom heldenhaften Kampf des Buchhalters. Aber in der Zwischenzeit hat Fokins Frau die Tasche mit dem Geld gefunden, und die beiden beschliessen, das Geld für sich zu behalten. Durch dessen Unachtsamkeit werden Razverzajev und der Räuber auf Fokin aufmerksam, und zwingen ihm zur Herausgabe der Beute. Fokin ruft die Miliz, und schliesslich werden nicht nur Razverzajev und seine Bande, sondern auch der 'ehrenhafte' Buchhalter als Saboteure angeklagt.
Reviews in German: «Der Film galt jahrelang als verschollen und die Kopie des Gosfilmofonds wird auch heute nur sehr selten gespielt. Die sowjetischen Kritiken bei der Premiere gingen recht harsch mit dieser Agitationskomödie um, die noch an der Schwelle des Tonfilms entstanden war, aber im Wesentlichen auch das Agitationstheater der frühen Zwanziger Jahre widerspiegelte. Pyrjevs Nähe zum Kino eines Eisenstein und zum Theater eines Meyerhold sind noch deutlich spürbar, da ist die Eingangssequenz einer Montage aus Gleisen, fahrenden Lokomotiven, Zügen, die sich alle Moskau nähern, das ist noch purer Stummfilm der wie bildhafte Musik klingt. Dann sind es die Grossaufnahmen der Gesichter der Schauspieler und der Laien, die rauchenden Schlote der Lokomotiven, die Rechenmaschinen der Buchhalter, die Abakuse. Und schliesslich diese grossartigen russischen Schauspieler wie Maksim Straukh als Apollon Fokin oder dieses krähenhafte Gesicht eines Naum Rogozhin, dem man ein knappes Jahrzehnt später wieder in Eisensteins "Aleksander Njevskij" als grausamen Kreuzritter wieder begegnen wird.» (lhg 2012)
Remarks and general Information: Der Untertitel zum Film lautet "Satire in 6 Teilen", in der visionierten Kopie aus dem Gosfilmofond war nur eine Titelkarte mit den Namen Pavlovskij (Drehbuch), I. Pyrjev (Regie), Solodkin (Kamera) und V. Aden (Architekt)

Zur Entstehung des Films schrieb Pyrjev: «1929 erhielt ich den Auftrag für den Film "Der Staatsbeamte". Ich nannte ihn eine "soziale Satire". Die Hauptpersonen des Films waren negativ gezeichnet, aber im Gegensatz zu unserer Realität, war auch diese Realität nicht im konkreten Falle realistisch, sondern abstrahiert. Natürlich wurde dieser Film als ideologisch falsch verboten und kam ins Regal. (...) Erst gegen Ende 1931 konnte ich nach verschiedenen Interventionen den Film neu scheiden und ihn so aus der Versenkung befreien...» [I. Pyrjev, Wie ich Regisseur wurde, Moskau 1946]

Idiot

(Idiot («Nastasia Philippovna»)), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1958
Production: Mosfilm - Distribution: Progress, VEB Film-Vertrieb (Deutschland) - Director: Ivan Pyrjev - Scenario: Ivan Pyrjev - Based on : Fjodor Dostojevskij novel - Director of Photography: Valentin Pavlov - Composer: Nikolaj Krjukov - Editor: S Volkov - Anna Kulganek - Cast: Vladimir Muravjov Ferdushchenko - Andrej Fajt chelovjek iz svity Rogozhina - Sergeij Martinson Lebedev - Pavel Strelin Afanasij Ivanovich Totskij - Grigorij Shpigel Ivan Ptitsyn - Galina Samokhina Aleksandra Jepanchina - Raisa Kurkina Adelaida Jepanchina - Nikolaj Kutuzov zhadnyj chinovnik - Nikolaj Gorlov chelovjek iz svity Rogozhina - Emmanuil Geller gusar iz svity Rogozhina - Ljudmila Ivanova Varja Ivolgina - Ivan Ljubeznov General Ardalion Ivolgin - Klavdija Polovikova Nina Aleksandrovna Ivolgina - Raisa Maksimova Aglaja Jepanchina - Vjera Pashennaja Die Frau des Generals - Nikolaj Pashitnov General Ivan Jepanchin - Leonid Parkhomenko Parfjon Rogoshin - Nikita Podgornij Ganja Ivolgin - Jurij Jakovlev Fürst Lev Nikolajevich Myshkin - Julija Borisova Nastasja Filippovna -
Synopsis in German: Der Film basiert auf dem ersten Teil des Romans von Fedor Dostojevskij. Prinz Myshkin kehrt nach langer Zeit nach St. Petersburg zurück. Der verarmte junge Prinz ist ein Mann von impekabler Ehrlichkeit. Kein Wunder, dass in einer Welt von Funktionären, Bücklingen und Hofschranzen jeder ihn den "Idioten" nennt. Einzig die schöne Nastassia Philippovna versteht den Prinzen. Myshkin ist verliebt in Nastassia, und auch sie empfindet Sympathie für den Prinzen, aber sie hält ihre Beziehung für undenkbar. Ist sie nicht eine "gefallene Frau" ? Niedrige Intrigen umgeben den Prinzen, die Menschen betrügen sich gegenseitig, lügen, üben Verrat. Das Leben macht sich auf grausame Weise lustig über den Prinzen, über sein Ideal, aber er bleibt sich selbst treu...
Reviews in German: «(...) Der in sehr düsteren Farben gedrehte Film, dessen Fortsetzung der Regisseur plant, umfasst nur den ersten von vier Romanteilen: die Geschichte der stolzen, zur Mätresse erniedrigten Nastasja Filippowna, deren Name auch der Titel des sowjetischen Originals ist. (...) Leidenschaftlicher Hass gegen die Wolfsgesetze des aufkommenden Kapitalismus und gegen das untergehende Schmarotzertum, jener Hass, der Dostojewski die Feder füührte, bestimmt auch die harten Kontraste, die kaum noch zu steigernden Gefühlsausbrüche des Films. Der gewählte Ausschnitt (...) zeigt die Helden im Kampf; doch wenn nach der grossen Demaskierungs- und Anklageszene im Schlussfurioso ein Schneesturm die Gestalten der Helden verschluckt, ist im Grunde alles ausgesprochen, auch der Nichtkenner des Romans erahnt das tragische Ende. (...) Pyrjew entschlüsselt Dostojewski vom Standpunkt des sozialistischen Künstlers, indem er seine zornige Sozialkritik, seinen tiefen Humanismus blosslegt - auch wenn darüber einige psychologische Nuancen, einige Hintergründigkeiten verlorengehen. (...) Pyrjews Film ist ein Film der Schauspieler. Ein Drama, erzählt in überhitzten mimischen Monologen, im expressiven Spiel der Augen. In den ausserordentlichen elementaren Darstellern (...) liegt seine Suggestion. Zugleich aber geben sie ihm gerade durch ihr ungedämpftes, entfesseltes, alle anderen Filmkomponenten gleichsam überwältigendes Spiel einen Anflug von Theater. (...)» (Jahrbuch des Films 1959, Berlin 1960, pg 102f)

«(...) Im Jahre 1958 kam der Film Der Idiot (...) heraus, in dem Jurij Jakovlev den Fürsten Myshkin spielt. Das ist eine wahre Symphonie von Grossaufnahmen, wie sie eben nur im Film möglich sind. Myshkin verurteilt die grauenhaften Zustände im Russland der Zaren mit keinem Wort. Unbewusst aber fällt er sein Urteil über diese Zustände - durch seinen Blick, der bald traurig, bald bestürzt, bald gequält ist. Als der Beamte Iwolgin ihm bei einem Wutanfall eine Ohrfeige gibt, weil er Iwolgins Schwester vor dem Zorn des Bruders in Schutz nahm, beantwortet Jakovlev-Myshkin das nicht etwa mit einer von heftigen Gesten begleiteten Aufwallung. Er führt nur die Hand an die geschlagene Wange. Diese schlichte, natürliche Geste und der bestürzte, traurige Blick wirken stärker als alle Worte, sie drücken den Schmerz darüber aus, dass Iwolgin sich zu einer so unwürdigen Handlung hinreissen liess. Jakovlev macht uns den Fürsten, diesen lebensfremden, prächtigen Menschen, der sich in seine Umwelt nicht einzuordnen versteht, sehr liebenswert.» [Valeri Tulizyn, Sowjetfilm Nr. 5, Mai 1962, pg 9]

«Triumph der Farbe! Was wir schon manchmal an sowjetischen Filmen bewundern konnten, die dramaturgische Verwendung der Farbe als wohlerwogener Effekt der Stimmung, der Atmosphäre - hier, in Ivan Pyrjevs Verfilmung von Dostojevskijs Roman "Der Idiot" hat es einen Höhepunkt und ein bisher nicht erreichtes Mass an Vollendung erreicht. Die grauen, bläulichen, grünlichen Nebel des Winters in Sankt Petersburg, das kalte, weisse Licht des Schneeflockenwirbels, das warme, gelbe und rötliche Flackern der Kerzen, das grelle Zucken der Flammen im Kamin, und dazu jenes tiefe, dunkle, prunkvolle, schwüle Rot, das das 19. Jahrhundert für seine Interieurs liebte, und dies alles gebrochen ins Ungefähre dämmernder Abende und schwarzer Nächte, ins Ungefähre der Schatten, die in den Zimmerecken lauern, und dies alles, bedeutungsvolles Spiel der Farbe, nun hingeschleudert in furiose, von der Musik Nikolaj Krjukovs noch verstärkte Bewegung - das ist hier ein den Leidenschten Dostojevskijs vollkommen entsprechender optischer Rahmen. In den meisterhaften Bildkompositionen des Kameramanns Valentin Pavlov steigert sich das Geschehen im erregenden Wechsel von Verhaltenheit und Ausbruch. Diese Farben, diese Bilder allein genügen schon, um das grosse filmische Meisterwerk zu erkennen. (...) Eine kongeniale Verfilmung (...) Welche Kontraste, was für eine Härte der Menschenzeichnung! Die Abgründe der Seelen tun sich auf, und vor dem naiven, rührenden Lächeln Myshkins und den kalten, hochmütigen der Nastasja Filippovna zuckt die Gier von Menschen, denen Menschliches schon längst verlorenging, weil sie ihr Leben nach unmenschlichen Gesetzen einrichten und Geld, Geld, Geld ihnen mehr als Liebe gilt (...)» [H.U., Neue Zeit, Berlin 16. Juni 1959]

«Faszinierend ist dieses Gesicht: schön und ebenmässig geschnitten, strahlt es Demut, Güte, Reinheit aus - doch in den tiefliegenden Augen wohnt die unheilbare Krankheit. Es ist ein Gesicht, das so gar nicht in die Petersburger Gesellschaft des vorigen Jahrhunderts passt, es ist ein Gesicht aus einer anderen Welt. (...) Ivan Pyrjev ist als Drehbuchautor und Regisseur in seinem Film Dostojevskij nichts schuldig geblieben. Die filmisch notwendige Verknappung des Romans kommt einer Verdichtung gleich, auch dass der Regisseur manchen Charakter und manche Szene eine Nuance schärfer gibt, als sie von Dostojevskij vorgezeichnet sind, kommt dem Film nur zugute. Beginnend mit fast allzu ausgekosteter, intimer Stimmungsmalerei und gedämpften Charakterbildern, türmt Pyrjev dann die Handlung meisterhaft zu einem mitreissenden Furioso explosiver Leidenschaftlichkeit auf (...)» [Christoph Funke, Der Morgen, Berlin, 13. Juni 1959]

«Groschenroman in Leichengrün - "Der Idiot" - Ein Film aus der russischen Gartenlaube. Russischen Filmen pflegt man hierzulande mit besonderem Interesse zu begegnen. Was man bisher sah, nämlich Eisensteins Filmklassiker und "Wenn die Kraniche ziehen" hat allerorten den Eindruck verfestigt, dass zumindest die Filmkunst in Moskau in hoher Blüte stünde. Dass dort auch das gedeiht, was man schlicht und treffend als Kintopp bezeichnet, bewies "Der Idiot", ein Streifen, dem man nahezu alles bescheinigen kann, nur keine Kunst. Selbige hatte offensichtlich schon zu dem Zeitpunkt die Flucht ergriffen, als man daran ging, Dostojevskijs berühmten Roman (I. Teil) mit dem dramaturgischen Vorschlaghammer zu bearbeiten, um ihn anschliessend in eine Dialogform zu pressen, die man im 20. Jahrhundert nicht mehr für möglich gehalten hätte. (...)» [Duisburger Generalanzeiger, 22. Juni 1960]

«(...) Die Kamera spielt überhaupt die wichtigste Rolle in diesem Dostojevskij-Film. Immer wieder geht sie ganz nah an die Gesichter heran. Grossaufnahme folgt auf Grossaufnahme. Es wird offenbar, was Regisseur Pyrjev aus diesem Stoff hat machen wollen: eine pyschologische Studie (...)» [Heinz Schwewe, Die Welt, Hamburg, 15. Juli 1958]

«(...) Es ist im ganzen: ein theatralisches Theaterstück. Überhaupt wird niemals die Kamera produktiv, bewegt sich die Szenerie, flammt ein besonderer Blickwinkel auf. Doch über allem ist das Furiose Dostojevskijs, sein dramatischer Sturm, seine paradoxe, psychologische Grübelei. Und so ist es, trotz allem, ein sehr eindrucksvoller Film.» [Willy Haas, Die Welt, Hamburg, 20. August 1960]

«(...) Pyrjews Verfilmung des «Idioten» von 1958 war ein Zeichen des «Tauwetters». Aber als am letzten Tag des Jahres 1957 der damals noch völlig unbekannte Innokenti Smoktunowski in Towstonogows Leningrader [Theater-]Inszenierung die Rolle des Fürsten Myschkin spielte, wirkte das wie eine Explosion. Ob Enthusiasten oder Skeptiker, ob wohlhabend oder nicht, fuhren wir damals alle nach Leningrad, um die Legende zu überprüfen. Es war keine Legende, es war ein Wunder.(...)» (Maja Turowskaja, NZZ Online 18. Juni 2004)
Remarks and general Information: «Zehn Jahre habe ich mich mit dem Gedanken getragen, diesen grossartigen Stoff auf die Leinwand zu bringen. Aber ich hatte wenig Hoffnung, Schauspieler zu finden, die den Dostojevskijschen Vorbildern der beiden Hauptpersonen gerecht werden könnten. Eines Tages sah ich in den Mosfilm-Studios plöttzlich ein neues Gesicht. Sofort wusste ich: das ist dein Fürst Myshkin. Jurij Jakovlev - so hiess der junge Schauspieler - war der richtige Mann für diese Rolle. Wir fingen an zu drehen. Aber noch war die weibliche Hauptdarstellerin nicht gefunden. Bald waren alle Szenen, die wir ohne sie drehen konnten, im Kasten.
Jeden Abend besuchte ich mit meinem Kameramann ein anderes Theater. Wir hofften auf diese Weise unsere Nastasja Filippovna zu entdecken. Lange vergebens. Da sahen wir eines abends im Vakhtangov-Theater Julija Borisova. "Die oder keine!" war unsere übereinstimmende Meinung. Doch bei der jungen Schauspielerin stiessen wir auf unvermutete Schwierigkeiten. Sie hatte noch nie vor einer Filmkamera gestanden. Die Scheinwerfer störten sie in ihrer künstlerischen Konzentration. An dieser Scheu schien alles zu scheitern.
Da kam mir ein Gedanke. Wir bauten die Szene im Studio kunstgerecht auf, liessen alle Schauspieler geschminkt und nach ihren Rollen gekleidet antreten, schalteten die Scheinwerfer ein und - warteten. Ich bat Julija Borisova nur, dazubleiben. Sie brauchte kein Wort zu sagen, keinen Auftritt zu proben, nicht vor die Kamera zu treten. Zwei Tage lang geschah eigentlich nichts. Meine Nerven waren zum Zerreissen gespannt. Da kam plötzlich Julija zu mir und sagte: "Wollen wir anfangen?" Schon die ersten Szenen zeigten, dass sie ihre Scheu völlig verloren hatte.» [Ivan Pyrjev, Die Welt, Hamburg, 15. Juli 1958]

Am 12. Juni 1959 hatte die deutsch-synchronisierte Version in der DDR Premiere, die Länge der Synchronfassung betrug 3350 Meter. Der Film gelangte auch die die west-deutschen Kinos.

Sekretar rajkoma

(The District Secretary, The Partizans, Russian Guerillas, Secretary of the Communist Party District Committee, We Will Come Back), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1942
Production: Tsoks - Producer: Leonid Trauberg - Friedrich Ermler - Director: Ivan Pyrjev - Assistant Director: Mikhail Krotkin - 2nd Unit Regie: M Velichko - Scenario: Iosif Prut - Director of Photography: Valentin Pavlov - Composer: Boris Volskij - Art Director: Aleksandr Utkin - Special Effects: Aleksandr Ptushko - Cast: Georgij Georgiu Makenaus Adjutant - Boris Poslavskij Rotman, Ingenieur des Elektrizitätswerks - Grigorij Shpigel Fogel, deutscher Offizier - Inna Fjodorova - Ivan Ryzhov - Aleksandra Danilova Partisanin - Anatolij Aleksejev Matrose - Nikolaj Khrjashchikov Partisan Anikejev - Vladimir Uralskij Nekrasov - Valentina Telegina Darja - Pjotr Sobolevskij - Mikhail Kuznetsov Sasha Rusov - Nikolaj Bogoljubov Kommandeur der Roten Armee - Aleksandr Antonov Potapenko - Marina Ladynina Natasha, Funkerin - Vasili Vanin Stepan Gavrilovich Kochet, Sekretär des Rayonskomitee - Mikhail Zharov Gavrila Fedorovich Rusov, Sashas Vater - Viktor Kulakov Orlov, Spion, alias Lt. Herman Albrecht - Mikhail Astaganov Oberst Makenau -
Synopsis in German: Während die Bevölkerung fluchtartig mit ihren Habseligkeiten die Häuser verlassen, nähert sich die deutsche Armee nähert sich einer Rayonshauptstadt im Westen Russlands. Im Rayonskomitee der Partei versammeln sich jene Männer und Frauen, die als Partisanen den Deutschen Widerstand leisten wollen. Auch der alte Lokführer Gavrila Russov mit seinem Enkel stösst zu ihnen, er will ebenfalls kämpfen und zeigt seine Georgs-Kreuze aus dem Ersten Weltkrieg zum Beweis seines Mutes und seiner Kraft. In der Hektik erteilt der Sekretär des Rayonskomitees Kochek seine letzten Anordnungen: dem immer näherrückenden Feind darf nichts brauchbares in die Hände geraten, Kochek gibt Anweisung die Lebensmittelvorräte zu vernichten und auch alle Telephonleitungen zu kappen. Aber noch immer funktioniert der Strom in der Stadt: Trotz des Protestes von Ingenier Rotman wird das Elektrizitätswerk und die Maschinen gesprengt.
Die siegreichen Deutschen fallen in die Stadt ein, die Zivilbevölkerung ohne Erbarmen massakriert. Und während der deutsche Kommandeur seine Truppen und die Unbesiegbarkeit der faschistischen Armee in seiner Rede preist, holen Gewehrsalven der Partisanen den Wachsoldaten mit der Flagge der Schande vom Dache. Eine erste Vergeltungsaktion der Deutschen gegen die von Kochek kommandierten Partisanen scheitert. Da greift der deutsche Kommandeur zu einer List.
Dem deutschen Leutnant Albrecht gelingt es, sich als sowjetischer Leutnant Orlov in das Lager der Partisanen zu schmuggeln. Schnell hat er auch das Vertrauen Kocheks und der Funkerin Natasha gewonnen, und so kann er seine Nachrichten an das deutsche Kommando schicken. Dank seinem Hinweis fangen die Deutschen den alten Gavrila Russov: mit dem Versprechen für 10'000 Mark, ein neues Haus und zwei Kühe versucht der Kommandeur von Russov Informationen über Kocheks Partisanen zu erpressen, aber Russov verhöhnt den Deutschen - Russov wird mit weiteren Partisanen gehenkt. Auch Kochek fällt in die Hände der Deutschen, aber ihm gelingt die Flucht.
Unterdessen hat Natasha Verdacht gegen Orlov geschöpft, aber Kochek zerstört ihre Bedenken. Kochek ruft über Funk alle Kommandeure zu einer Versammlung in eine verlassene Kirche. Wie sich alle dort treffen, dringen die Deutschen in die Kirche ein - der deutsche Kommandeur triumphiert. Aber die Partisanen hatten die Kirche umstellt, es war eine Falle, und erbarmungslos werden die Invasoren getötet. Auge um Auge, Leben um Leben, wie es die Partisanen geschworen hatten. Orlov, der sich selbst als Spion demaskiert hatte, flieht auf den Kirchturm, Natasha folgt ihm und erschiesst ihn. Nun werden die Partisanen in die Stadt zurückkehren und sie befreien, der Kampf gegen die barbarischen Invasoren geht weiter...
Reviews in German: «Zu der tierisch bellenden Musik eines faschistischen Marsches, zu dem animalischen Schrei "Heil Hitler!" läuft eine Parade deutscher Truppen in einer eroberten Stadt. Oberst Mackenau hält eine prahlende Rede über die Bezwingung eines "Sklavenstammes". Über der Stadt weht eine schwarzweisse Fahne mit dem abscheulichen Insekt darauf, dem Hakenkreuz. In demselben Augenblick wird durch einen Schuss aus der Menschenmenge der faschistische Wachposten getroffen, und ihm fällt der Lappen mit dem Enblem von Gewalt, Horror und Blut aus der Hand. Die Gewehre und MPs der fanatischen Hitlersoldaten richten sich gegen die Zivilbevölkerung, Kinder und Frauen. Erschiessungen, Galgen, Folter. Doch der gewaltige Wille, der gewaltige Geist des russischen Volkes ist durch nichts zu brechen. Der Tod ereilt die Hitlersoldaten auf allen Pfaden ihres Raubzuges und Banditentums. (...) Der Film inspiriert zu einem gnadenlosen Kampf, ruft zur Ausrottung der tollwütigen faschistischen Köter.» [Oleg Leonidow, Ogonjok N° 51, Moskau 1942]

«(...) Der Film war nicht frei von plakativen Zügen (zum Beispiel die Szene des Schwurs), und Eisenstein irrte sich nicht, als er den Film primitiv nannte, aber er erkannte zugleich an, dass die sowietische Kinematographie nirgends und nie eine ähnlich suggestive Gestalt eines Parteiführers der Widerstandsbewegung geschaffen hat.» [Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films IV, pg 123]

«Wie immer plakativ einzelne Charaktere im Film gezeichnet sind, so ist "Sekretar Rajkoma" im Zusammenhang mit seiner Entstehung und der Zeit zu sehen, für die der Film bestimmt war. Die Rote Armee war auf breiter Front besiegt, die Deutschen tief in Russland eingedrungen, und die [im Film gezeigten] Massaker an der Zivilbevölkerung waren nicht Fiktionen eines Drehbuchautoren, sondern nackte Realität. Mit den relativ bescheidenen Mitteln, die im Kriege für die Filmproduktion zur Verfügung standen, versuchte Pyrjev ohne Schönfärberei diese Realität aufzunehmen und in sie mit einer bescheidenen Prise Hoffnung zu verweben, dass sich Widerstand lohnen wird "und das Vaterland nicht für zwei Kühe" zu verraten ist.» [lhg 2012]
Remarks and general Information: Ein kleines Detail einer versteckten: Der Nachname des Parteisekretärs, Kochet, bedeutet auf Russich gleich wie „петух“ - der Hahn, und der deutsche Spion nennt sich als Tarnnamen Orlov („Орлов“ - der Adler). Traditionell hatte man die Namen stolzer Vögel für sowjetische Helden reserviert, aber Pyrjev muss wohl in dieser Anspielung andeuten wollen, dass sich mit List und Verstand der anscheinend unterlegene den den stolzen (überheblichen ?) Jäger behaupten kann. Erwähnenswert in der Schlusszene des Films, dank der Hilfe des Pfarrers können die Partisanen die Deutschen in eine Kirche in den Hinterhalt locken. Die positive Verbindung von Partisanen und Kirche bleibt im sowjetischen Film eine Seltenheit. - Der Film wurde in den Studios von Alma Ata gedreht, es erste russische Spielfilm, der zur Gänze im Krieg produziert wurde.

«(...) Insgesamt gesehen, spiegelt dieser Film seine Zeitsituation recht getreu wider. Zu jenen pseudopathetischen Überhöhungen, mit der in der Zeit des Personenkults das Kriegsthema abgehandelt wurde, war in jenen Jahren angespannter Abwehrkämpfe weder Zeit noch Anlass. Das unmittelbare agitatorische Anliegen liess die Schöpfer des Films zwar mitunter zu Fiktionen greifen (so Kochets Flucht oder die Schlusszene, die aber auch aus heutiger Sicht im Bereich des Erträglichen bleiben. Eine künstlerische Vertiefung des Themas freilich war erst später möglich, in ersten Ansätzen in Donskois "Raduga" (1944) etwa, und dann vor allem in jenen Filmen, in denen nach 1956 junge sowjetische Filmschaffende, jetzt freilich von einer anderen historischen und künstlerischen Warte aus, sich mit dem Grossen Vaterländischen Krieg auseinander setzten.
Unter dem Aspekt realistischer Zeitschilderung soll noch ein Motiv des Films erwähnt werden: das der Wachsamkeit. Der deutsche Spion, der mit einem gelungenen Trick den Partisanen in die Hände gespielt wird, wird zwar entlarvt, kann aber den Partisanen beträchtlichen Schaden zufügen. Die Partisanen vertrauen natürlicherweise einander, ihre Wachsamkeit richtet sich vornehmlich gegen einen erkennbaren äusseren Feind. Ihre schliesslich in Aktion tretende Wachsamkeit auch nach innen ist eine andere als jenes allgegenwärtige Misstrauen, das uns in einigen Nachkriegsfilmen gegenübertritt. Sie war - und ist es auch im Film - damals ein unmittelbares Anliegen des Krieges (...)» [r.f., Film-Blätter, Staatliches Filmarchiv der DDR]

Kubanskije Kazaki

(The Cossacks of Kuban), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1949
Production: Mosfilm - Director: Ivan Pyrjev - Assistant Director: F Filippov - Andrej Frolov - Scenario: Nikolai Pogodin - Director of Photography: A.S. Akhnetova - Timofej Lebeshev - Viktor Maslennikov - Valentin Pavlov - Composer: Isaak Dunajevskij - Editor: Anna Kulganek - Cast: Valentina Telegina Khrisoforovna - Klara Luchko Dasha Shelect - Sergeij Blinnikov Marko Danilovich Dergach - Jelena Savitskaja Nikanorovna - Vladimir Dorofejev Old Kuzma - Andrej Petrov Vasya Tuzov - Jekatarina Savinova Lubochka - Vladimir Volodin Anton Petrovich Mudretsov - Vladlen Davydov Nikolai Kovyljov - Aleksandr Khvylja Denis Stepanovich Noren - Marina Ladynina Galina Ermolajevna Peresvetova - Sergej Lukjanov Gordei Gordeyich Voron -
Reviews in German: «Eine "Kolchoskomödie" im Kubangebiet um die Kolchosevorsitzende Galina Pereswetowa, eine so entzückende wie interessante Witwe, und Gordej Woron, Leiter eines ebenfalls erstrangigen Kolchos. Liebe, Missverständnisse, Musik, Feste und alles, was noch zu einem wunderschön kitschigen Musical gehört.» (Journal Filmfest Braunschweig 1997)

«Das Musical "Die Kosaken aus Kuban" spielt Ende der 40er Jahre im Kaukasus und ist von einem engagierten Optimusmus erfüllt. Dieser Film erzählt von den verhinderten Liebesgeschichten vier schüchterner junger Menschen, die alle mustergültige Arbeiter in einer Kolchose sind. Folkloristische Darbietungen, Kosakentänze und Pferderennen verleihen diesem Film einen rasenden Rhythmus. In einem Artikel über Der aussergewöhnliche Sommer von Boris Barnet bezeichnet Jacques Rivette dieses werk als "angenehmstes bleibendes Beispiel dieser Kolchosen-Opernkomödien".» [Katalog Filmfestival Locarno 2000, pg 212]
Remarks and general Information: „Uns’re Bauern sind so glücklich
Arbeiten von früh bis spät
Und werden die Lagerhäuser dieses Landes
Mit Millionen Tonnen von Korn füllen“
„Was macht Ihr hier?“, fragt die Landarbeiterin von der Lastwagenpritsche aus eine Gruppe von Männern, die über die Landstrassen zieht. „Wir haben etwas gesucht und gefunden“, lautet die Antwort. „Was habt Ihr gefunden?“ - „Euch, Ihr kessen Bienen!“ Der Lkw-Fahrer will die Männer vertreiben. Sie aber behaupten, Händler zu sein, die an seiner Fuhre interessiert seien. Das stimmt ihn wiederum freundlich: „Was kann ich Euch anbieten?“ Einer der Arbeiter ruft lachend: „Heiratsfähige Mädchen!“ [nach news.orf.at/stories/2056705/2056515/]

Der Film stand in einem starken Kontrast zur Realität in der UdSSR. Während der Dreharbeiten herrschte eine lebensbedrohende Hungernot in der Sowjetunion, und die Schauspieler, die von den paradiesischen Zuständen in den von Getreide überquellenden Kolchosen sangen, waren in Wirklichkeit hungrig und unterernährt.

In der DDR wurde der Film 1949 freigegeben und hatte am 28. April 1950 unter dem Originaltitel "Kubanskije kasaki" Premiere. Die Länge des Films betrug 3209 Meter gegenüber der Originallänge von 3145 Meter laut den Angaben im sowjetischen Filmkatalog.

Svinarka i pastukh

(They Met in Moscow, The Pig-tender and the Shepherd), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1941
Production: Mosfilm - Director: Ivan Pyrjev - Assistant Director: G Balandina - N Fiolova - Scenario: Viktor Gusev - Ivan Pyrjev - Director of Photography: Valentin Pavlov - Composer: Tikhon Khrennikov - Editor: Anna Kulganek - Art Director: Artur Berger - Cast: Pjotr Glebov - Tatjana Govorkova Kolkhoznitsa - Tatjana Barysheva Kolkhoznitsa - E Schastlivtseva Agrafena Vlasovna, Glashas Grossmutter - Grigorij Aleksejev Abdusalam - Ariadna Lysak Brautjungfer - Osip Abdulov Levon Mikhailovich - Georgi Svetlani Briefträger - Vladimir Uralskij Chauffeur - Aleksandra Danilova Brautjungfer - Tikhon Khrennikov - Nikolaj Kitajev Uncle Vanja - Nikolaj Krjuchkov Kuzma Sergeyevich Petrov - Vladimir Zeldin Musahib Gatuyev - Marina Ladynina Glasha Novikova -
Synopsis in German: Glasha Novikova aus einem kleinen Dorf im Norden Moskaus ist eine junge, fröhliche Frau, die in der Kolchose die Schweine aufzieht. Ausser sich vor Freude, dass sie mit an die grosse Landwirtschaftlichen Ausstellung nach Moskau darf, will sie dort in ihrem Eifer alles über die Aufzucht der Schweine erfahren. Aus dem tiefen Süden, den Bergen Dagistans, kommt der Hirte Musahib an die Ausstellung, und die beiden verlieben sich auf dem ersten Blick. Sie versprechen sich, aus ihrer Heimat Briefe zu schreiben, bis sie sich wiedersehen werden. Aber auf Glashas Dorf ist auch noch Kuzma, der Harmonikaspieler, welcher der hübschen Frau den Hof macht, und mit Onkel Vanja eine Wette einging, dass er sie noch bis zum Petri-Tag heiraten werde.
Als die ersten Briefe Musahibs eintreffen, ist Glasha verzweifelt, die sind in einer Schrift geschrieben, die sie und auch sonst keiner im Dorf lesen kann. Kuzma weiss Rat, er kennt jemanden in der Stadt, der den Brief übersetzen kann, "Wort für Wort" wie Glasha ihn bittet. Unterdessen verzweifelt Musahib, weil er keine Antworten auf die Briefe erhält, die sein Vater für ihn an Glasha geschrieben hatte.
Kuzmas List hatte funktioniert, Glasha glaubt der Übersetzung des Briefes, wonach Mushaib nach seiner Rückkehr aus Moskau seine Braut Tamara geheiratet hatte. Mit Tränen willigt sie in die Heirat mit Kuzma ein, obwohl sie ihn nicht liebt.
Als Musahib, nun wieder an der Ausstellung in Moskau vergeblich nach Glasha Ausschau hält, erfährt er von ihrer bevorstehenden Hochzeit und reitet kurzentschlossen mit seinem alten Vater in das Dorf. Gerade noch rechtzeitig klärt er den Betrug auf, und der richtigen Hochzeit kann nun nichts mehr im Wege stehen. (lhg2012)
Reviews in German: «Mit einer höchst amüsanten Sequenz beginnt der Film: durch den lichten Birkenwald tritt singend eine junge, hübsche Frau auf, die alle Pforten der Schweinekoben öffnet und dutzende kleiner Ferkel vor sich hintreibt. In ihrem Lied lobt sich das gute Fressen, das sie für die Schweinchen bereiten würden, denn ihr ganzes Trachten ginge dahin, die schön rosa und fett zu sehen. Pyrjevs Inszenierung bleibt auch im folgenden frei von Pathos, wenngleich auch seine handelnden Personen kaum ein prägnantes Profil gewinnen. Sie sind zu sehr als typisierte Figuren in dieser musikalischen Komödien, ohne dass man aber einen weiteren Tiefgang vermissen würde. Vor allem auch die flotten Melodien und lyrischen Lieder Tikhon Khrennikovs geben dem Film einen bestimmten zeitlosen Wert, obwohl dem Zuschauer damals wie heute bewusst bleibt, dass dieser Film in die sowjetischen Kinos kam, als die Truppen des nationalsozialistischen Deutschlands bereits in Russland einmarschiert waren. So klingt denn auch der Film mit einem Lied aus, das auch die Kraft im gemeinsamen Kampf anspricht.» (lhg2012)

«Sie trafen sich in Moskau ist eine Filmoperette oder vielleicht richtiger, eine komische Oper. Die Liebesgeschichte fungiert nur als Vorwand, um ein farbiges (wenn auch schwarzweisses) Bild vom Kolchosleben in der RSFSR und im fernen Dagestan zu schaffen. (...) Für pschologische Feinheiten und seelischen Wandlungen der Helden war hier kein Platz. (...) Pyrjev (...) wollte den Reichtum der Folklore im sozialistischen Dorf zeigen: "Ich wollte einen in Form wie in Geist nationalen russischen Film schaffen," erklärte Ivan Pyrjev.» [Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films, IV, pg 111]

«(...) Welcher andere Film hat so mutig, lustig und lebensfroh von der unverbrüchlichen Freundschaft der Völker unseres Landes gesungen wie dieser Streifen?" [Sergej Eisenstein, Ob Ivane Pyrjeve, pg 455]

«(...) Die poesievollen Gestalten der Helden stehen mit beiden Beinen in unserer sowjetischen Wirklichkeit. Sie sind schaffende Menschen, die sich ein Leben ohne arbeit gar nicht vorstellen können. Und hier kommen wir auf einen der grössten Vorzüge dieses Films von Pyrjew. Ebenso wie in seine früheren Streifen ("Die reiche Braut" und "Traktoristen") hat er auch hier die Poesie der schlichten Arbeit veranschaulicht. (...)» [Lew Parfionow, unbezeichnet, circa 1961]

«(...) Der Einsender (...) war erstaunt über die sprühende Lebensbejahung, die dieser Filmstreifen, halb Operette, halb Singspiel, auszuströmen vermag. (...) Bezwingend sind schöne Naturaufnahmen verbunden mit interessanter Einsicht in einzelne Zweige der Viehzucht, die aber im gegebenen Rahmen weder störend noch langweilig wirken. Erfreulich ist die absolut saubere und kultivierte Art, mit der das sich abzeichnende Liebesproblem behandelt wird, bezaubernd die einzelnen Typen in ihrer erstaunlichen Natürlichkeit und filmischen Wirkung. Die russischen Filme sind von besonderer Eigenart, die anspricht und sympathisch berührt, in welcher Art sie sich auch zeigt (...)» [s., Das Volk, Olten, 8.6.1946]

«(...) Es ist weniger das moderne Sowjetrussland, das hier geschilder wird, als eine zeitlose, fast einfältige Herzensaventüre, die vom Regisseur Pyrjev unter der künstlerischen Oberleitung von S.M. Eisenstein als volkstümliches Singspiel mit frischen Chören, Duetten und Sololiedern gedreht wurde. Das schönste bleibt der herbstliche Talgang der riesigen Schaf- und Ziegenherden, der wie die motivisch allerdings schon oft benutzte Befreiung der winterlichen Wasserelemente durch den Frühling von den Operateuren mit bildkünstlerischem Geschmack aufgenommen wurde (...)» [S. Tagesanzeiger, Zürich, 27. 1. 1945]
Remarks and general Information: So wie Aleksandrov in "Volga-Volga" einen Musikwettbewerb in Moskau zum Thema seines Filmes machte, wählte Pyrjev die Gesamtrussische Landwirtschaftsausstellung in Moskau als Schauplatz für "Sie trafen sich in Moskau", oder wie der Film wörtlich im Original hiess, "Die Schweinehirtin und der Schäfer". Die optimistisch gehaltene Komödie war der letzte Film der vor dem Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion gedreht wurde. Nach Mikhailov [Narodny Artist SSSR Ivan Pyrjev, Moskau 1952] hatte Pyrjev bei Besuch der Ausstellung ein Foto eines flöte-spielenden Hirten gesehen, neben ihm tanzend eine Schweinemagd mit einer Herde Ferkel. Dieses Bild wurde zur Grundidee für das Drehbuch. - Am 6. November 1946 wurde der Film im Rahmen einer sowjetischen Filmwoche in einer deutsch synchronisierten Version in Österreich gezeigt. Laut Paymanns Filmlisten waren "Spielszenen, Gesang und Rezitativ nicht sehr flüssig, aber leidlich unterhaltend aufbereitet und mit ziemlicher Ungezwungenheit" gezeigt. - In der Schweiz lief der Film 1945/46 sowohl als "Sie trafen sich in Moskau" wie auch unter dem Titel "Glaschenka". Verschiedentlich wurde erwähnt, dass der Film "unter der künstlerischen Leitung von S.M. Eisenstein" entstand. In der Tat steht auf der ersten Titelkarte des Films, dass das mit einem Lenin-Orden ausgezeichnete Studio "Mosfilm" unter der künstlerischen Leitung von Eisenstein stand, für ein weitergehendes Engagement Eisensteins für Pyrjevs Film fanden sich aber keine weiteren Hinweise.

Partijnyj bilet

(Party Membership Card, The Party Card, Anna), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1936
Production: Mosfilm - Production Manager: D.E. Gofman - Director: Ivan Pyrjev - Assistant Director: Aleksandr Levshin - Nikolaj V. Dostal' - Scenario: Viktor Gusev Liedertexte - Jekatarina Vinogradskaja - Story: Mikhail Romm (/xx/) - Director of Photography: Aleksej Sokolov - Camera Assistant: Timofej Lebeshev - Composer: Valerij Zhelobinskij - Art Director: Vasilij Rakhals - Sound Engineer: V Leshchev - Cast: Sergej Tsenin Spion - Inna Fjodorova Tanja - Sergej Antimonov Kulikov - Marija Jarotskaja Annas Mutter - Anatoli Gorjunov Fjdor Ivanovich - Igor Malejev Jasha - Andrej Abrikosov Pavel Kuganov alias Ivan Ziudin, Provokateur - Ada Vojtsik Anna Kulikova -
Synopsis in German: Für die Feierlichkeiten zum Ersten Mai strahlt Moskau im Lichterglanz. Die beiden jungen Verliebten Anna und Jakov unternehmen eine Spazierfahrt auf der Moskva, mit ihnen auf dem Boot ist Pavel Kuganov, ein schöner junger Mann. An der Endstation trenne sich ihre Wege, Pavel sucht eine Frau auf, mit welcher er offensichtlich eine intime Verbindung pflegte, aber er entdeckt, dass sie verheiratet ist, und er zieht weiter durch die Stadt. Wieder begegnet er Jakov, dem er erzählt, er hätte seinen Bruder verpasst, und Jakov lädt ihn nach Hause ein. Am nächsten Tag nimmt er ihn mit in die Fabrik, wo Pavel eine Lehrstelle findet.
Pavel arbeitet fleissig in der Fabrik und Anna, stolz auf ihren "Schüler", verliebt sich in ihn und verspricht, ihn bald zu heiraten. Doch die Frau, welche Pavel vergeblich aufgesucht hatte, warnt Anna dass Pavel sich für einen anderen ausgäbe. Um Annas Zweifel und den Verdacht, der auf ihm lastet, zu beseitigen, legt Pavel in der Fabrik Feuer und beeilt sich, es als erster zu löschen. Mit dieser Aktion gelingt es Pavel, Annas Wachsamkeit abzulenken, Anna willigt ein, Pavel zu heiraten, und enttäuscht lässt sich Jakov nach Sibirien in eine Kolchose versetzen.
Pavels Bemühungen, in die Partei aufgenommen zu werden, sind mit Erfolg gekrönt. Und eines Nachts klingelt das Telephon, Pavel wird zu einem geheimen Ort gerufen und erhält den Auftrag, für ein paar Tage das Parteibuch seiner Frau zu entwenden. Tage später wird Anna in das Partkom gerufen, der Parteisekretär fragt Anna nach ihrem Parteibuch, trotz fieberhafter Suche kann sie es nicht finden. Da zeigt ihr der Sekretär das Buch, man hat es einer Frau in der Moskauer Parteizentrale abgenommen, die versucht hatte, sich dort unter Annas Namen einzuschleichen. In der anschliessenden Versammlung wird Anna aus der Partei ausgeschlossen - einer der heftigsten Ankläger ist Pavel: wer sein Parteibuch verliert, verliert auch das Vertrauen der Genossen...
Doch in Wirklichkeit ist Pavel der Provokateur Ivan Ziudin, der in Sibirien einen Sekretär des Komsomol getötet hatte, der seiner Frau das Parteibuch gestohlen hatte und nun versucht, sich als Agent ausländischer Geheimdienste in einen Betrieb der nationalen Verteidigung einzuschleusen. Noch zur rechten Zeit wird Pavel von Anna und dem zurückgekehrten Jakov demaskiert...
Reviews in German: «Wachsamkeit gegen den Krieg im Dunkeln. Mosfilm Unter fremdem Namen deckt Spionagetricks auf. (...) Die Entlarvung dieses gefährlichen Agenten, der in Sibirien einen Komsomolzen ermordete, bildet den dramatisch überaus wirksamen Abschluss des Films, der zur Wachsamkeit gegen alle Feinde des sozialistischen Fortschritts auffordert. Der (...) Film wurde von Ivan Pyrjev temperamentvoll, bisweilen etwas lyrisch inszeniert.(..)» [rwn, Nachtexpress, 11. Februar 1951]

«(Der Drehbuchautorin Vinogradskaja) ist es gelungen, ein geschlossenes Sujet, die Wahrhaftigkeit der Charaktere und die spannungsgeladenen Situationen zu einem Ganzen erfolgreich zu verbinden. Diese Vorzüge des Drehbuchs halfen dem Regisseur Pyrjev und seinem Kollektiv einen Film zu gestalten, in dem jede Episode expressiv und spannungsgeladen ist. (...)» [Felix Kusnetsov, Kino, Moskau, 12. Mai 1936]

«(...) Objektiv gesehen, mussten die Filme über Diversanten und Saboteure ungute Gefühle auslösen. Bei den Zuschauern wuchs nicht die Wachsamkeit, sondern die Überzeugung, dass das ganze Land von Feinden wimmelt (...) In Partyjy bilet (...) ist der Feind der gesuchte Mörder des Komsomol-Sekretärs, ein Kulak, und zugleich der Mann einer positiven Heldin, einer Aktivistin in der Fabrik.» [Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films, III, pg 50f]

«Pyrjevs rasante Kamerafahrten und Schnitt fangen die Ausgelassenheit der jungen Leute im nächtlichen Moskau ein, das sich für den Ersten Mai geschmückt hat. Das fast pastorale Ambiente des Arbeitszimmer Annas, eine Dreiecksgeschichte, deren Leichtigkeit anfänglich die Stimmungen aus "Jules et Jim" ahnen lassen, das sind Bilder die wir bislang kaum aus einem russischen Film der Dreissiger Jahre kennen. (...)» [lhg 2012]
Remarks and general Information: Die Idee zum Film stammte ursprünglich von Mikhail Romm, aber Drehbuchautorin Jekatarina Vinogradskajas verlegte die Handlung in die Welt der Fabriken - die Titel des Films waren "Anna" oder "Anka" nach dem Rollennamen der Hauptperson. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Zensur soll Boris Shumjatskij zu Pyrjev sinngemäss gesagt haben: "Stalin hat den Film gesehen und gesagt, es wäre ein sehr mutiges Werk. Er machte ein paar Bemerkungen und wünscht, dass der Titel "Das Parteibuch" lautet.". Das war eine klare Ansage an die Parteifunktionäre!
«(...) Der charakteristische Wesenszug im Schaffen J. Vinogradskajas ist ihre Fähigkeit, das wichtigste aus dem Leben des Heimatlandes durch Ereignisse aus dem 'privaten' persönlichen Leben der Helden wiederzugeben. Die durchdachte und talentierte Darstellung verschiedener Charaktere sowjetischer Frauen ist ihr im Drehbuch des Films „Unter falschem Namen“ ausserordentlich gut gelungen.» [Filmprogramm Progress Film]
Die DEFA gibt die Länge der deutsch-synchronisierten Fassung mit 2585 m an. Start des Films in der DDR war der 16. Februar 1951, der Film lief unter dem deutschen Titel "Unter falschem Namen" - Der Originaltitel "Das Parteibuch" hatte wohl für Verwirrung gesorgt.

Skazanije om zemlje Sibirskoj

(Symphony of Life, Tale of the Siberian Land, Ballad of Siberia), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1947
Production: Mosfilm - Director: Ivan Pyrjev - Scenario: Ivan Pyrjev - Jevgenij Pomeshchikov - Nikolaj Rozhkov - Director of Photography: Valentin Pavlov - Composer: Nikolaj Krjukov - Editor: Anna Kulganek - Art Director: Artur Berger - Boris Chebotarev - Konstantin Urbetis - Costume Design: Konstantin Urbetis - Cast: Vladimir Uralskij Nosov - Grigorij Shpigel Grigorij Gelajda - Vasilij Zajchikov Vadim Sergejevich - Mikhail Sidorkin - Tatjana Barysheva - Vladimir Zeldin Boris Olenich - Jelena Savitskaja Kapitolina Kondratyevna - Sergej Kalinin Kornei Nefedovich Zavorin - Vera Vasiljeva Nastenka Petrovna Gusenkova - Boris Andrejev Yakov Zakharonovich Burmak - Vladimir Druzhnikov Andrei Nikolayevich Balashov - Marina Ladynina Natasha Pavlovna Malinina -
Synopsis in German: Andrej Balashov. ein junger Pianist, der während des Krieges eine Verletzung erlitt, beschliesst, die Musik aufzugeben und Moskau, seine Freunde und seine Braut zu verlassen, um in seine Heimat Sibirien zurückzukehren. Er wird Industriezeichner und spielt noch manchmal in Kneipen. Im Kontakt mit seinen Mitbürgern und der grandiosen Landschaft findet er indes die Inspiration wieder und komponiert ein Oratorium, "Das Wort Sibiriens". - Der lyrische Film kann als "orthodoxes" Werk der Stalinzeit betrachtet werden. (Jay Leyda) [Katalog Filmfestival Locarno 2000, pg 211]
Reviews in German: «(...) Ein Frontheimkehrer nach 1945, der wegen einer Kriegsverwundung nicht mehr als Pianist arbeiten kann und sich zudem von der geliebten Sängerin aufgegeben fühlt, taucht deprimiert in Sibirien unter. Dort findet er als Komponist zu neuer Lebenskraft. Der preisgekrönte Film propagiert deutlich das fortschrittlich "moderne" Sibirien, bietet eindrucksvolle Passagen und stimmungsvolle Landschaftsbilder....» (www.das-capitol.de/ueber-uns/historie_details.php?year=1952&s=2)

Remarks and general Information: «Wie in vielen Kriegsheimkehrerdramen dieser Zeit erhofft sich der Held, ein Pianist aus Moskau, Heilung durch ein Leben in Abgeschiedenheit und Einfachheit. Er zieht nach Sibirien, wo es für Entwurzelte wie ihn Platz und Aufgaben gibt. Ivan Pyr‘ev hatte bereits in den 1930er Jahren die sowjetische Musikkomödie begründet, die mit Leichtigkeit, Witz und romantischem Dekor staatliche Ansprüche und privates Glück, altrussische Traditionen und sowjetische Modernisierung vereinte.

IVAN PYR’EV
Geboren 1901 in Kamen, Russland. 1922 bis 1923 Schauspieler am Proletkult Theater, Schüler von Sergej Eisenstein, später Schüler und Darsteller bei Vsevolod Meyerhold. 1929 Debüt als Regisseur. Einer der profiliertesten Regisseure musikalischer Filmlustspiele in der Sowjetunion. Langjähriger Leiter der Mosfilm-Studios. Stirbt 1968 in Moskau.» (filmmuseum.at)

Start des Films in der DDR am 1. Oktober 1948

V shest' chasov vechera posle vojny

(At 6 p.m. after the war, Six O'Clock in the Evening After the War, Six P.M.), Directed by:   Ivan Pyrjev, USSR - Sovjet Union - 1944
Production: Mosfilm - Producer: Grigorij Aleksandrov - Production Manager: A.G. Dlugach - Director: Ivan Pyrjev - 2nd Unit Regie: F Kazanskij - Vladimir Nemoljajev - Scenario: Viktor Gusev - Director of Photography: Valentin Pavlov - Composer: Tikhon Khrennikov - Editor: Anna Kulganek - Art Director: Boris Chebotarev - Aleksandr Utkin - Make-Up: Vera Rudina - Cast: Mikhail Pugovkin Artillerist - Margarita Zharova Kolchosbäuerin - Tatjana Barysheva Bewohnerin des Hauses Nr. 5 - Irina Murzajeva Bewohnerin des Hauses Nr. 5 - Tatjana Govorkova Nachbarin - Jevgenij Morgunov Artillerist - Aleksandra Danilova Flak-Kanonier - Ljudmila Semjonova Flak-Kanonier - Aleksandr Antonov Komandeur - Tikhon Khrennikov Ein Artillerie-Kommandant - Jelena Savitskaja Tante Katja - Jekatarina Mikhajlovna - Anastasija Lysak Fenja, Varjas Freundin - Ivan Ljubeznov Lieutenant Pavel Demidov - Jevgenij Samojlov Lieutenant Vasili Ivanovich Kudryashev - Marina Ladynina Varja Pankova -
Synopsis in German: «Die Hauptpersonen dieses Films sind edle und tapfere Artilleriesowjetoffiziere. Kudrjaschew und Demidow, und ein junges Mädchen Varja, Erzieherin in einem Kinderheim.
Kudrjaschew und Demidow kämpfen heldenhaft an der Front, ihre Batterie ist ein Muster der Kameradschaft, die die Offiziere und Soldaten eng miteinander verbindet. Zusammen mit den anderen jungen Mädchen arbeitet Varja an der Errichtung der Verteidigungsbefestigungen, dann geht sie freiwillig als Flakgeschützbedienerin an die Front. Leutnant Kudrjaschew wird schwer verwundet, ihm wird ein Bein amputiert. In seiner Verzweiflung fleht er Demidow an, Varja mitzuteilen, dass er gefallen ist. Varja glaubt diese Nachricht nicht, und Demidow gesteht ihr diese ihm aufgezwungene Lüge. Die beiden eilen zu Kudrjaschew, aber er ist abgereist, ohne seine Adresse zu hinterlassen. Varja ist erschüttert - wie konnte er ihre Liebe so unterschätzen ! -
Nach längerer Zeit begegnen sich Varja und Kudrjaschew auf einem kleinen Bahnhof in der Nähe der Front. Dank seiner ausgezeichneten Prothese bekleidet er wieder eine Kommandostellung. Jetzt schämt er sich seiner damaligen seelischen Schwäche. Die Verlobten geben einander das Wort, sich um 6 Uhr abends nach dem Kriegsschluss in Moskau zu treffen, dann trennen sie sich.
Der Moskauer Kreml liegt in ein Lichtermeer getaucht - ein Siegesfest - und ungezählte Liebespaare, Männer und Frauen strecken ihre Arme zueinander und umarmen sich... Der Weg zu dieser Glücksstunde war lang und schwer, aber das Heldentum und der Glaube der Massen hat sämtliche Prüfungen überstanden!
Hier treffen sich auch Varja und Kudrjaschew - hier wird die Sehnsucht nach Glück und Sieg versinnbildlicht.» [Illustrierter Film-Kurier]

1941 - zwei junge Artillerieleutnants erhalten an der Front ein Paket aus einem Moskauer Waisenheim mit dem Photo der schönen Varja. Auf Urlaub in der Hauptstadt beschliessen sie, Varja zu besuchen und Kudrjashov verliebt sich in sie. Sie geben sich Rendez-vous um sechs Uhr abends nach dem Krieg auf der Kreml-Brücke. Zurück an der Front wird Varja verwundet, er bittet seinen Freund Demidov Varja aufzusuchen und ihr zu sagen, er sei gefallen - er möchte nicht als Krüppel ihr zu Last fallen. Varja hat sich als Freiwillige zur Armee gemeldet, und auf dem Weg zur Front begegnen sich die beiden nochmals zufällig. Als der Krieg zu Ende ist, wartet Kudrjashov vor dem Kreml, da begegnet ihm Demidov, der sich mit Varjas Freundin Fenja verabredet hatte. Endlich kommt auch Varja, auch sie war im Kriege verwundet. Vor dem grossen Feuerwerk hinter den Kremlmauern sinken sich die beiden Liebenden in die Arme... (lhg 2010)
Reviews in German: «(...) Der Moskauer Himmel ist von Siegesfeuerwerk festlich erleuchtet. Bei diesem Fest der Lichter und zur Musik des Sieges strecken Verlobte und Eheleute ihre Arme voller Blumen nacheinander aus und umarmen sich - sie symbolisieren die Millionen von Bewohner unseres gewaltigen Landes, die über schwere Erschütterungen zu dieser glücklichen Stunden gekommen sind. So wird auf der Leinwand der realisierte Traum von Glück und Sieg gezeigt, so überträgt der Film den Zuschauer aus dem heutigen Tag in den morgigen. - Ivan Pyrjev bezeichnete "Um sechs Uhr abends nach dem Kriegsende" als eine poetisch-musikalischen Film. Das ist ein mutiges Experimentalgenre. Die Helden sprechen in Versen, ihre Intonation ist mal der Alltagsprosa nahe, mal der Lyrik; ihre Gefühle und Stimmungen drücken sie auch in Liedern aus. Doch der Zuschauer merkt nicht mal die Überhöhung des poetischen Textes, die Übergänge vom Text zum Lied - so organisch, so natürlich sind die vom eigenartigen Genre gerechtfertigt. (...)» [Vladimir Ryndin, Moskovskij Bolshevik, 23. November 1944]

»(...) Trotz solider Gesangsleistungen schwach und unbeholfen inszeniert» [Lexikon des Internationalen Films]

«"Um sechs Uhr abends nach dem Krieg" ist ein dramatisches Musical. Der Artillerist Kudrjasov und die Kindergärtnerin Varja haben einander versprochen, sich am Tag des Waffenstillstands um sechs Uhr abends zu treffen. Während Varja an die Front zu den Fliegerabwehrtruppen geht, wird Kudrjasov im Laufe eines Gefechts verletzt, und man muss ihm ein Bein amputieren. Von da an hält er sich ihrer Liebe nicht mehr würdig, und er beschliesst, sich für tot auszugeben. Ein Film, der von der "Hoffnung des sowjetischen Volkes zeugt, dass die Hölle der Kämpfe endlich ein Ende nähme." (Eisenstein)» (Katalog Filmfestival Locarno 2000)

«Die Idee für den Film über den Sieg wurde während der Zeit der erbitternden Kämpfe um Stalingrad geboren. Regisseur und Szenarist [Viktor Gusev] nahmen sich während des Frontbesuchs, bei dem Moskauer Artillerieregiment, vor, ihren künftigen Film den Artilleristen zu widmen. (...) Es ist ein liebevoller Film, aber ohne Gefühlsduselei und aufdringliche Didaktik. (...) Ein Plus des Films war - ausser der Musik - die gut zur Geltung gebrachte Landschaft. (...) Moskau im Herbst 1941 wird besonders suggestiv gezeigt, es kontrastiert zur letzten Sequenz des Films, zum hellen und vergnügten Moskau. Und so endete der Krieg im Film schon im November 1944 ...» [Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films, IV, pg 147f]
Remarks and general Information: Die Anspielung im Titel geht auf Jaroslav Hašek's Schelmenroman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ zurück, „um sechs Uhr nach dem Krieg" wollten sich Schwejk und Sappeur Woditschka im Gasthof „Zum Kelch“ in Prag wieder treffen. Autor Hašek war in der Sowjetunion kein Unbekannter, er war nach 1918 in der Roten Armee und Mitglied der KPdSU. Tikhon Khrennikov, der die Musik komponiert hatte, und spielte eine Episodenrolle als sowjetischer Artilleriekommandant. 1946 wurde der Film mit dem Stalinpreis ausgezeichnet.

Ursprünglich in einer Länge von 101 Minuten (2772 meter), dies wird auch vom Lexikon des Internationalen Films für die 1945 gezeigte deutsche Version angegeben. 1969 wurde der Film bei Mosfilm unter der Leitung von D. Vasiljev restauriert, auf 94 Minuten (laut IMDb) gekürzt und wieder in die sowjetischen Kinos gebracht. Wahrscheinlich wurde er um einige Bezüge zu Stalin und dessen Verherrlichung gekürzt. Die uns vorliegenden Versionen haben eine Länge von 87' min 25" sec bei 25fps, dies entspricht in etwa einer Länge von 2500 Metern. (lhg 2012)