Synopsis in German
Salomé basiert auf Oscar Wildes skandalträchtigem Theaterstück gleichen Titels, das sich wiederum an der biblischen Geschichte des Herod und seiner Stieftochter Salomé, die dem gestrengen Täufer Johannes verfällt, orientiert. Als dieser sie zurückweist, nutzt sie das offensichtliche Begehren ihres Stiefvaters, um ihre verschmähte Liebe zu rächen. Als Preis für einen aufreizenden Tanz vor dem König fordert sie den Kopf des Täufers.
Salome hört vor dem Palast ihres Stiefvaters Herodes die Stimme des Propheten Jochanaan, der in einer Zisterne gefangen gehalten wird. Jochanaan, der Prophet und Verkünder eines neuen christlichen Zeitalters, rügt die Mutter Salomes, Herodias, und verurteilt öffentlich Heroidas Ehe mit dem Bruder und Mörder ihres ersten Gatten. Er sieht in ihr die Verkörperung einer Welt, die ihrem Untergang entgegen geht: heidnisch, sinnlich, verdorben. Salome, die dieser Hassrede lauscht, wird plötzlich von einem leidenschaftlichen Verlangen nach Jochanaan ergriffen und fordert einen Kuss von ihm. Jochanaan ist empört von diesem Ansinnen und stößt sie von sich. Herodes, der die Szenerie beobachtet hat, ist von der Schönheit seiner Stieftochter fasziniert und bittet sie, für ihn zu tanzen. Er verspricht, im Gegenzug all ihre Wünsche zu erfüllen. Salome willigt ein und tanzt für Herodes den "Tanz der sieben Schleier". Der Preis, den sie dafür verlangt, ist der Kopf des Jochanaan. Als ihr der Kopf des Propheten überreicht wird und sie leidenschaftlich den Mund Jochanaans küsst, ist Herodes jedoch so angewidert, dass er seine Stieftochter töten lässt.... (ARTE Presse)
«To my mind, Salome is the mostextraordinarily beautiful picture that has ever been produced. Nazimova chose to carry out the Beardsley design in translating Wilde's play to the screen, and succeeded admirably. The effect of the picture was weird and wonderful. Natacha Rambova was responsible for the correct interoretation of Beardsley's drawings.
Salome possessed many dramatic defects, but as a spectacle for the eye, it was absolutely superlative.» (Robert E. Sherwood in The best moving Pictures of 1922-1923 (Small, Maynard and Company, 1923, pg 103)
Für Bauten und Kostüme verpflichtete Nazimova Natacha Rambova, mit der sie zuvor schon Billions und Camille (Die Kameliendame) gedreht hatte. Rambova, Rudolpho Valentinos Ehefrau und Nazimovas Geliebte, orientierte sich bei ihren Entwürfen an der Ästhetik von Aubrey Beardsleys skandalösen Zeichnungen zu Wildes englischsprachiger Erstausgabe des Stückes aus dem Jahre 1894. Weder Kosten noch Mühen wurden gescheut, um die aufsehenerregenden Entwürfe umzusetzen. Für den berühmten Schleiertanz verwand Rambova, eine geborene Winifred Shaughnessy aus Salt Lake City, gar eine Seidentunika, die zur besseren Passform mit einem Gummi-Futter ausgestattet wurde, dass von einem Autoreifenhersteller speziell für Salomé angefertigt wurde.
Neben Berichten zur visuellen Opulenz schürte Nazimova das publicityträchtige Gerücht, dass alle am Film Beteiligten als Hommage an Wilde entweder schwul, lesbisch oder bisexuell gewesen seien. Die Figur eines römischen Soldaten, der den syrischen Hauptmann begehrt, wurde eigens dazu erfunden.
Trotz der öffentlichen Diskussion, die sich um Salomé entspann - als besonders anstößig empfanden die Zensoren die Vermischung von "Dekadent-Perversem" mit biblischen Figuren und Motiven - floppte der Film an den Kinokassen. The New Republican schrieb gar: "Entwürdigend und unintelligent. Nazimova versucht sich an einer Rolle, für die sie keinerlei Qualifikation besitzt [...] Wie sehr sie sich auch bemüht, sie kann nicht verführerisch sein [...] Die tödliche Verlockung des Sexes, die Wildes Stück wie ein schleichendes Gift durchdringt, wird in dem Augenblick ausgetrieben, in dem man ihrer knabenhaften Gestalt gewahr wird."
Andere hingegen erkannten die künstlerische Vision, die hinter dem Projekt steckte und reagierten entsprechend. Im Life Magazine hieß es: "Die Personen, die für Salomé verantwortlich sind, verdienen von ganzer Seele die Dankbarkeit eines jeden, der an die Möglichkeiten des Films als Kunst glaubt." (StummFilmMusikTage Erlangen)
«"Salome" ist die Stummfilmversion der Tragödie von Oscar Wilde, deren Drehbuch Natacha Rambowa, die Frau des berühmten Schauspielers Rudolph Valentino, unter dem Pseudonym Peter M. Winters verfasst hat. Rambowa entwarf auch das opulente Dekor und die Kostüme, für die sie sich an den Originalillustrationen von Aubrey Beardsley zu Wildes Theaterstück orientiert hat. Produziert wurde der bis zur Stilisierung künstlich gehaltene Film von der russischen Tänzerin und unabhängigen Filmemacherin Alla Nazimova. Publikumswirksam ließ Nazimova verbreiten, dass als Hommage an Oscar Wilde der Film mit einer durchweg homosexuellen Crew und Besetzung produziert worden sei und löste damit einen ungeheuren Skandal aus. Auch wegen seiner offenen Darstellung von Homosexualität wurde der Film stark zensiert.
Vor allem filmhistorisch ist "Salome" eine interessante "Ausgrabung", die die Dekadenz ihrer Entstehungszeit und die Exzentrik seiner Schöpfer spiegelt. Der Film kann als einer der wenigen experimentellen Filme betrachtet werden, der im Hollywood der 20er Jahre entstand. Nach mäßigem Erfolg verschwand er in der Versenkung. 1993 wurde er vom George Eastman House wiederentdeckt und rekonstruiert; der Filmkomponist Marc-Olivier Dupin schuf eine neue Musik. Nun ist der "erste Kunstfilm Amerikas" erstmals wieder in einer Fassung zu sehen, die in etwa der ursprünglichen Länge entspricht.» (ARTE Presse)