Der Golem, wie er in die Welt kam

Directed by: Carl Boese, Paul Wegener, Deutschland, 1920

Deutschland, 1920
Plakatmotiv Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin


Cast and Credits

Production Universum-Film AG (UFA), Berlin
Regisseur Carl Boese
Paul Wegener
Drehbuch Henrik Galeen
Rochus Gliese
Paul Wegener
Kamera Karl Freund
Martin Knoops
Guido Seeber
Schwenker Robert Baberske
Musik Karl-Ernst Sasse [(Neue Musik - 1977)]
Architekt Hans Pölzig
Rochus Gliese
Walter Röhrig
Darsteller Paul Wegener [Golem]
Albert Steinrück [Rabbi Löw]
Lyda Salmonova [Rabbi Löws Tochter Mirjam]
Ernst Deutsch [Gehilfe des Rabbi]
Lothar Müthel [Junker Florian]
Lothar Müthel [Rabbi Jehuda]
Otto Gebühr [Kaiser]
Otto Gebühr [Geliebte]
Fritz Feld
Loni Nest
Greta Schröder

Technical specifications
Drehzeit: März - Juni 1920
Drehort resp. Ateliers: Ufa-Freigelände Berlin-Tempelhof; Ufa-Union Atelie
Kategorie: Langspiel Film
Technische Info: Format: 35 mm, 1:1,37 - Ratio: 1:1,37 - Schwarz-Weiss Film,Länge: 80 Minuten, 1922 Meter, 5 Akte
Tonsystem: silent
Premiere: 29. Oktober 1920 in Berlin, UFA-Palast am Zoo

Vorhandene Kopien: Kopien des Films sind erhalten [Archiv: Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen (Berlin)]
Szenenphoto aus Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin

Synopsis in German
Als ein Edikt des Kaisers die Juden zum Verlassen der Ghettostadt auffordert, ist für Rabbi Löw die Zeit gekommen, nach den Regeln magischer Überlieferung aus Lehm die Gestalt des Golem zu formen, der zum Retter der Juden werden soll. Der kaiserliche Bote, Graf Florian, verliebt sich in Löws Tochter Mirjam. Während Rabbi Löw zur Audienz am Hof ist, wo er den Golem vorstellt, nutzt Florian die Zeit zu einem Schäferstündchen mit Mirjam.
Von Golem begeistert, fordert der Kaiser in seiner Euphorie magische Schauspiele von Löw. In einer Vision beschwört Löw den Gang der Juden aus Ägypten, fordert aber für seine Vorstellung absolute Ruhe, da sonst ein Unheil geschehe. Als das Gebot der Stille von Mitgliedern des Hofstaates durchbrochen wird, schwindet die Erscheinung, die magische Kräfte freisetzt und den kaiserlichen Palast in ein Trümmerfeld zu verwandeln droht.
Löws Golem rettet den Kaiser vor dem Verderben, der aus Dankbarkeit den Juden Schutz verspricht. Der Golem hat seine Pflicht erfüllt. Löw entfernt den segenspendenden "Schem", damit die Zauberkraft sich nicht gegen die Juden wende.
Aber der auf Florian eifersüchtige Famulus belebt erneut die Lehmfigur, um seinen Rivalen bei Mirjam auszuschalten. Jetzt entzieht sich der Golem dem menschlichen Willen und bringt Verderben und Zerstörung über die Ghettostadt. Noch einmal gelingt es Löw, die Stadt zu retten, während der Golem das Tor öffnet und in den Kreis spielender Kinder tritt. Ein kleines Mädchen entwindet ihm im Spiel den "Schem". Seiner Kraft beraubt, fällt die Lehmfigur zu Boden... (arte Presse)

Szenenphoto aus Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin
Reviews in German: "Alt, dennoch neu. Keine Historie, sondern ein Traum von einer fernen Vergangenheit. Traumhaft urmächtig ragen die Bauten, Alleen schroffer Felsblöcke vergleichbar, mit Höhlen statt der Tore und toten Fensteraugen im kahlen Gemäuer...
Traumhaft. Nicht Körper, eher so etwas wie Verdichtungen toller, visionärer Wolken am Abendhimmel. Grauenvoll die Strassen der Judenstadt: Gebirgsplateau, übersät von riesenhaft gespenstischen Steinbrocken, vorweltlich, wie das Geschlecht, das in ihnen haust. Sind das noch Strassen, von Menschen erbaut? Über Wendeltreppen steigt man, die wie die verschlungenen Gänge in Knochenschädeln sich emporwinden; auf Türme, Felsnadeln, gen Himmel starrend...
Traumhaft, urweltlich: so hat Hans Pölzig die Judenstadt gebaut. [...] Im Mittelpunkt aber steht kein Mensch, sondern ein Tonklotz. Diesen Tonklotz auf das Primitivste einem Menschenkörper nachgebildet, spielt Paul Wegener.
Er schlägt die Augen auf: ein erster Blick in die Welt. Können Klötze blicken? Sie müssten so blicken: Fragend, unbehilflich, leer... Es ist nicht der Blick eines Menschen, noch nicht einmal der Blick eines Kindes: sondern wirklich ein zögernd-tröger Augenaufschlag der unbeseelten Natur zum Beseelten hin... Dann geht er einige Schritte, stelzenhaft, plump. Ein Meisterwerk... [...]
Welches wunderbare Motiv: Natur, zwischen Seelenlosigkeit und Seele schwebend, Körper zwischen Tonklotz und lebendem Organismus. "Du sollst zu Erde werden, denn aus Erde bist du gebaut", das ist der Mensch. Auch der Golem ist Erde, aber er hört niemals ganz auf, Erde zu sein: denn sein Schöpfer ist nicht Gott, nur ein Mensch. Und wie Erde und Meer hängt er rätselhaft mit den Konstellationen der Gestirne zusammen, die ihn wild macht zuzeiten, und zuzeiten milde: Ebbe und Flut. [...]
Halb seelenhaft, halb unbeseelt; wie aus Urtagen der Schöpfung selbst...
Das Bild: Alles; mehr als der Mensch. Jede einzelne Szene streng auf das Bildhafte hin abgestimmt. Fast zu streng, zu bildhaft; die Menschengestalt ist so rücksichtslos dem Bilde eingeordnet, dass sie sich mehr als einmal zur Groteske forcieren muss.
Doch über alle Begriffe, über alle Beschreibung schön die Bilder als Bilder, die Karl Freund mit einer nicht mehr zu überbietenden Meisterhaftigkeit gedreht hat." (Film-Kurier vom 30.10.1920)

«Paul Wegener hat mit diesem Werk seinem bisherigen Schaffen auf dem Gebiete des Kunstfilms die Krone aufgesetzt. Was wir zu sehen bekamen, war nicht nur bisher absolut unübertroffen, sondern auch für lange Zeit hinaus unübertreffbar, es sei denn, dass Wegener späterhin über sein Meisterwerk hinauswächst. Alles war so gewaltig, diese Bildersprache von einer so eindringlichen Wucht, dass Worte hier eigentlich viel zu schwach sind, um den Eindruck wiederzugeben, den der "Golem" auf einen macht. Ich habe auch nicht einen einzigen gehört, der es gewagt hätte, das eine oder andere daran kleinlich zu bekritteln, und das will immerhin schon allerhand heissen, wenn man bedenkt, dass bekanntlich die liebe Konkurrenz besonders bei allen auch nur halbwegs guten Filmen sich nur zu gern in der lieblichen Tätigkeit des Miesmachens übt.
Die Geschichte jenes rätselvollen Wesens, Golem genannt, das auf Grund von in uralten Schriften gefundenen Angaben von Menschenhand geschaffen, den Prager Juden durch ein Wunder die Befreiung, die Gleichberechtigung bringt. Es ist unerhört, wie Paul Wegener diesen Stoff zu gestalten wusste, und vor allen Dingen, wie er die Hauptfigur selbst spielte. Das ist schauspielerisches Können, wie es ihm keiner nachmachen dürfte, eine ganze Welt mit ihren Höhen und Tiefen liegt in dem Mienenspiel dieses Golemgesichts, man muss diesen Golem gesehen haben, wie er mit breitem Grinsen seines irdischen Schöpfers lacht, muss ihn gesehen haben, wie er gigantisch im Kaisersaal den Deckeneinsturz aufhält, muss ihn gesehen haben, wie er mit übernatürlicher Kraft den Blasebalg in Bewegung setzt, wie er die Liebenden in der Kammer überrascht, wie er fackelschwingend Brand und Verheerung verbreitend die Strassen hindurcheilt und gleich darauf, wie er sich mit mildem freundlichen Lächeln zu den Kindern neigt u.a.m. All das sind schauspielerische Glanzleistungen, die schlechthin vollendet sind.
Einen einzigartigen Rahmen für diese Handlung schuf Prof. Poelzig. Diese malerischen Gassen und Gässchen mit ihren krummen Stiegen, den verräucherten Häusern, die in ihrem ganzen Ausmass mit den kleinen Fensterchen und den winkligen Ziegeldächern etwas wiedergeben von der Gedrücktheit, in dem ihre Bewohner lebten, all das war schlechthin der Rahmen für diese Handlung, in jedem anderen wäre sie beinahe unmöglich gewesen, hier wirkte sie wie selbstverständlich, alles zerschmolz in eine einzige grosse Einheit, die gewaltige Szene der Erschaffung des Golem mit ihrem übernatürlichen Höllenspuk ebenso wie die Vision der Erzväter, die Synagogenszenen wie überhaupt die ganze Ausmalung des Prager Ghetto. Nicht zuletzt war es aber auch die Kunstphotographie von Karl Freund, die in Verbindung mit wundervollen Beleuchtungseffekten (so z. B. gleich im ersten Akt der besternte Himmel und die Synagogenbeleuchtung) eine bis dahin unerreichte Stileinheit schuf. Störend wirkten die zwar stilvollen (soweit deutsche gotische Schrift als stilvoll jüdische Schrift bezeichnet werden kann) aber dafür sehr oft völlig unleserlichen Titel. – Dieser Film ist eine Errungenschaft, die uns mit freudigem Stolz erfüllen kann. » (Fritz Olimsky, Berliner Börsen-Zeitung, 23.10.1920)

«Nun haben wir Wegeners "Golem" erlebt. Zwei Stunden lang war die Welt um uns her versunken; zwei Stunden war unser Ich aufgelöst in einer Sphäre, die aus brausenden Bächen uns überströmte. Wir haben in tiefster Seele gezittert, wir haben gejauchzt, geknirscht, Wunder bestaunt und vor Gott gebetet – nicht um unsertwillen, sondern weil wir – wie in einem Traum – einer anderen Welt zu eigen gehörten, die uns packte, die uns schüttelte, die uns zwang.
Unmittelbar nach der Wucht eines solchen Erlebnisses gibt es keine Analyse, keine klug ausgedachten Worte. Nur eine Frage drängt sich auf unsere Lippen: Ist so etwas möglich? Ist es dann denkbar, dem Filmband eine solche Gewalt – eine Zaubermacht, die allein höchsten Kunstschöpfungen innewohnt, einzuhauchen?
Paul Wegener hat es vollbracht. In seinen kurzen Worten vor Beginn des Spiels erzählt er uns, wie er immer wieder auf den Golem-Stoff zurückgekommen sei, weil er die Gestalt des Golem lieb habe. Nur seine Liebe, das Herzblut, das ein grosser Mensch und Künstler in diesen Film hat strömen lassen, konnte ein solches Werk zustande bringen.
In der Tat: Dieser Film ist Wegeners leibliches Kind, Er spiegelt alle Eigenheiten seiner Gestalt, seines Wesens, seiner darstellerischen Individualität getreu wieder. Die Schöpfung kann ihren Vater nicht verleugnen; sie hat die Wegnerschen Charakterzüge: gedrängteste Wucht, monumentale Knappheit, äusserste, zwingende Expression im Bau der Handlung, der Bilder, im Spiel der Künstler Wegener, Lyda Salmonova, Steinrück, Deutsch und jedes einzelnen. Nirgends ein Jota zu viel oder zu wenig; jede Einzelheit so, dass sie anders, besser nicht denkbar wäre.
Und als wir aus den jagenden Visionen wieder zum irdischen Dasein erwachten, als wir rund um uns hundert Gesichter sahen – ein jedes wohl bekannt in Kunst-Berlin und im Film-Berlin, da jauchzte in unseren Herzen das sieghafte Wissen: im Wettstreit der Völker um die flimmernde Kunst ist das blue ribbon für diesmal unser...
Auf die prachtvolle Golem-Musik Dr. Landsbergers, die ein hoher Genuss für sich war, wird unser Musikkritiker im nächsten Heft ausführlich eingehen. » (Hans Wollenberg, Lichtbild-Bühne, Nr. 44, 30.10.1920)

"16. Jahrhundert: Rabbi Löw, der geistliche Führer der jüdischn Gemeinschaft in Prag, ein Magier und Meister der schwarzen Kunst, haucht einer Lehmstatue Leben ein. Der Koloss rettet dem Kaiser das Leben, worauf dieser ein Dekret, das die Vertreibung der Juden aus Prag verordnet, widerruft. Als der Golem sich infolge einer verhängnisvollen Konstellation der Gestirne gegen seinen Schöpfer auflehnt, bricht ein kleines Mädchen seine Lebenskraft. - Wegeners Film war einer der künstlerisch wie gesellschaftlich grössten Erfolge der deutschen Stummfilmproduktion, dessen aussergewöhnliche, von Jugenstil und Expressionismus bestimmte Bild- und Dekorgestaltung nichts an suggestiver Wirkung eingebüsst hat." ( Film-Dienst)

«Bildgewaltiger, eindringlicher Horrorstreifen...» (tele 21/2009)
Szenenphoto aus Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin
Remarks and general Information in German: »Parallelen und Nachahmungen zur Sagenverfilmung um den Prager Rabbi Judah Löw finden sich angefangen in "Das Cabinet des Dr. Caligari", bei dem Maschinenmenschen in "Metropolis" bis hin zu "Frankenstein". Mit seiner verwinkelten Stadt wurde "Golem, wie er in die Welt kam" zum Synonym für expressionistische plastische Filmarchitektur und gilt als der expressionistische Film schlechthin. "Es ist nicht Prag, was mein Freund, der Architekt Poelzig, aufgebaut hat. Sondern es ist eine Stadt-Dichtung, ein Traum, eine architektonische Paraphrase zum Thema Golem. Die Gassen und Plätze sollen an nichts Wirkliches erinnern, sie sollen die Atmosphäre schaffen, in der der Golem atmet", schrieb Paul Wegener. (Zitiert nach: Verleihkatalog Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin)
Der Film wurde im Sommer 1920 im Ufa-Union-Atelier und auf dem Ufa-Freigelände in Berlin-Tempelhof gedreht. Der Stoff von Paul Wegener war bereits 1914 von Henrik Galeen mit Paul Wegener in der Titelrolle verfilmt worden; parallel - aber unabhängig vom Film - schrieb Gustav Meyrink 1914 seinen Roman "Der Golem". Als "Nebenprodukt" drehte Paul Wegener 1917 den Film "Der Golem und die Tänzerin" (mit sich und Lyda Salmonova).» (arte Presse)

Zum Film existiert auch eine Musikfassung von Dmitrij Shostakovich und Ernest Bloch, bearbeitet von Aljosha Zimmermann. gespielt vom Gilman Quartett.

Was ist der Golem?
[Er ist der] Homunculus des tragischen Volkes [...] nicht aus chemischen Elementen destilliert, sondern aus Ton geformt wie jener erste gottnahe Mensch, den ein Mythos zum erhabensten aller Wesen macht [...] nicht durch das Vielleicht der Wissenschaft mit Teufels Hilfe; belebt durch den puren Geist, den wirkenden Namen Gottes, den Schem [...] kein lebendiges Wesen [...], sondern ein undurchdrungenes, nur physisch bekräftetes Wesen [...] der Knecht, der Golem; dumpf, gehorsam, ohne Vergangenheit, ohne Zukunft, ohne Dauer, ohne Gedächtnis, ein schauerliches Ding, das nur Gegenwart besitzt und Kraft der Arme, dessen Welt hinter den Augen erlischt, lebendig ohne zu leben, gegenwärtig ohne Seele, menschengestaltet und kein Mensch.
Der Golem der Legende ist ein gefesselter und niedriger Engel, ein Dämon, eine aktive göttliche Kraft, eingesperrt in Lehm. Die Trauer, die um ihn ist, ist die Trauer des Verbannten, des Geknechteten, des Herrschers als Knecht (Arnold Zweig)

Diese Tragik manifestiert sich im Ende des Kolosses, besiegt von der Unschuld eines Kindes, ein beliebtes Filmmotiv (u.a. in Frankenstein, 1931), das Wegener in seiner Romanfassung des Stoffes noch deutlicher herausarbeitet:
In der Wiese aber spielten blonde Kinder. Die hatten Kränze auf den Köpfen, und sie sangen und tanzten einen Ringelreihen wie die lieben Engelein auf der Himmelswiese.
Den Golem ergriff ein tiefes Sehnen, da hinauszutreten in Sonne und Licht. Er fasste den Balken, der die Torflügel sperrte, zerbrach ihn wie einen dürren Ast und schob langsam die schweren Torflügel auseinander. [...] Da erschraken die Kinder [...]. Schreiend liefen sie alle fort, und keines wagte auch nur, noch einmal zurückzuschauen.
Nur ein blondes Mägdlein hatte der Vorgänge nicht geachtet. Es sass still und verträumt mitten in der Blumenwiese, einen roten Apfel in der Hand. Der Golem sah verwundert den anderen Kindern nach, [...] doch dann fiel sein Auge auf das blonde Mägdlein [...]. Der Golem neigte sich ganz tief herab und sah dem Mägdlein in die blauen Kinderaugen. Dann fasste er es mit seinen gewaltigen Armen und hob es hoch empor an seine Brust. Unheimlich ward dem Kinde zumute, doch es bezwang sich und sah dem Koloss nah ins Gesicht und fühlte, dass er es gut mit ihr meine. Der Golem aber schaute das Kind unverwandt an [...] und staunte über das zarte, fremde Gebild. Und es ging ein Zucken über sein tönernes Antlitz. In diesem Augenblick soll er zum ersten Male ganz still und leise gelächelt haben.

Zur Musik
1995 erhielt Betty Olivero den Auftrag, für Giora Feidman und das Arditti Quartet eine neue Musik zu Paul Wegeners berühmten Stummfilm Der Golem, wie er in die Welt kam zu schreiben, die im April 1997 in Wien uraufgeführt wurde.
Die Komposition gibt einen musikalischen Kommentar zu einem der grundlegenden Konflikte des Golem-Mythos - Ist der Mensch fähig, Gott seiner Schöpferexklusivität zu entheben, darf er wagen, Gott gleich zu werden? - mit der Verwendung der aschkenasischen Melodie "Kol Nidre" für das ahnungsvolle Thema des mit der Erschaffung des Golems befassten Rabbi Löw. Dieses uralte Gebet steht zu Beginn der jüdischen Liturgie an Jom Kippur: die versammelte Gemeinde bittet Gott um die Erlaubnis zu beten, auch wenn sich Missetäter in ihrer Mitte befinden. Und sie bittet um Vergebung für alle Nichtbeachtung der Gebote, denn sie sind unwillentlich oder unwissend geschehen. So sind in dieser grossen Melodie bereits die Zweifel symbolisiert, die Rabbi Löws Gewissen bedrängen, schon während er seine Handlung vollzieht. Eingebunden in diesen Urgrund der Komposition sind die expressiven, dramatischen Motive der Musik - die Liebesszenen zwischen der Tochter des Rabbi und Junker Florian, die Zerstörung des kaiserlichen Palastes, Mord und Raserei des Golem, apokalyptische Feuersbrunst und die betende Menge in der Synagoge. / StummFilmMusikTage Erlangen

"Die Idee zu dem Film kam Regisseur Paul Wegener, ein Filmpionier der ersten Stunde, bei seinen Dreharbeiten zu "Der Student in Prag". Bei seinem Aufenthalt in der böhmischen Metropole hörte er erstmals die Legende vom Golem, die ihn so sehr faszinierte, dass er 1920 "Der Golem - wie er in die Welt kam" inszenierte. Wegener spielt ausserdem selbst die Hauptrolle des unheimlichen Wesens aus Lehm. Der Streifen war einer der grössten internationalen Kassenerfolge des deutschen Stummfilms.

Dabei hält sich die Handlung des Films nicht gerade strikt an die tatsächliche Legende des Golem. Sie spielt in einer Art jüdischem Ghetto, allerdings ist nicht zu erkennen, dass es in Prag liegt. Aber auch hier ist der weise Rabbi Loew der Erschaffer der Kreatur. Die Stellung der Sterne am Himmel haben dem Rabbi gezeigt, dass seinem Volk grosses Unheil droht. Und tatsächlich erscheint bald der Junker Florian mit einer schriftlichen Anweisung des Königs, der die Juden auffordert, die Stadt zu verlassen.

Der Rabbi sieht nun die Zeit dafür gekommen sein bisheriges Geheimnis, die Erschaffung eines Menschen aus Lehm, offen zu legen. Mit Hilfe seines Famulus erweckt Loew den Golem zum Leben. Dazu wird ihm ein Davidstern, der ein Pergament mit dem Wort "EMET" (Wahrheit) enthält in die Brust gesteckt. Das magische Wort hatte der Rabbi zuvor in einer wild inszenierten Schwarzen-Magie-Orgie einem Hausgeist entlockt.

Zum Leben erwacht unternimmt der Golem seine ersten Schritte, sehr ungelenk und für die anderen Juden zu Tode erschreckend. Bald aber kennt jeder den Golem, der für den Rabbi Holz hackt, Besorgungen erledigt und sich im Haushalt nützlich macht. Bei einer Audienz, die Rabbi Loew vor dem König gewährt wird, erweist er dann seinen wirklichen Nutzen. Das Schloss stürzt ein und der Golem rettet dem König und seinem Gefolge das Leben. Der König verspricht dem Rabbi sogleich das Bleiberecht für sein Volk.

Der Golem hat sich jedoch mittlerweile verändert. Während der Rabbi und alle anderen ein Fest vorbereiten um ihr Bleiberecht zu feiern, treibt der Golem sein Unwesen. Angestachelt vom Famulus des Rabbis, der rasend vor Eifersucht ist, bringt er den Junker Florian um, der bei Miriam, der Tochter des Rabbis ein Schäferstündchen gehalten hat. Bei dem Versuch den Golem zu besänftigen gerät das Haus in Flammen. Erst einem kleinen Mädchen, das der Golem beim Spielen antrifft als er sich gerade aus der Stadt macht, gelingt es per Zufall, das Amulett mit dem magischen Wort zu entfernen, der Golem fällt leblos zu Boden.

Die Kamera führte kein geringerer als Karl Freund, der nach seiner Übersiedlung in die USA dort 1933 mit "Die Mumie" einen der Horror-Klassiker schlechthin inszenierte. Auch die Spezialeffekte von Carl Boese sind für diese Zeit beachtlich, wie z.B. die tanzenden Feuer bei der Anrufung des Hausgeistes oder der Einsturz des Schlosses. Statt Pappwänden und Papierbemalung liess Paul Wegener den Architekten Hanns Poelzig auf dem Ufa-Gelände eine verwinkelte Stadt bauen, die zum Synonym für expressionistische plastische Filmarchitektur wurde. "Es ist nicht Prag, was mein Freund, der Architekt Poelzig, aufgebaut hat. Sondern es ist eine Stadt-Dichtung, ein Traum, eine architektonische Paraphrase zum dem Thema Golem. Die Gassen und Plätze sollen an nichts Wirkliches erinnern, sie sollen die Atmosphäre schaffen, in der der Golem atmet." (Paul Wegener, zitiert nach: Verleihkatalog Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin)


General Information

Der Golem, wie er in die Welt kam is a motion picture produced in the year 1920 as a Deutschland production. The Film was directed by Carl Boese, Paul Wegener, with Paul Wegener, Albert Steinrück, Lyda Salmonova, Ernst Deutsch, Lothar Müthel, in the leading parts.

Szenenphoto aus Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin

Bibliography - Der deutsche Film Vol. 2 No. 7
- D Vol. 20 No. 116
- lebende Bild (lb) No. 33, 1919
- lebende Bild (lb) No. 34, 1919
- Film und Presse No. 17, 1920
- Film und Presse No. 19, 1920
- Film und Presse No. 21, 1920
- Film und Presse No. 22, 1920
- Filmkurier No. 244, 1920
- Filmkurier No. 245, 1920
- Film No. 44, 1920
- Lichtbildbühne No. 44, 1920
- Deutsche Lichtspielzeitung No. 45, 1920
- Lichtbildbühne No. 46, 1920
- Kinematograph No. 721, 1920
- Deutscher Reichsanzeiger, 03.11.1920
- lebende Bild (lb) No. 34, 1919
- Filmkurier No. 251, 1920
- Filmkurier No. 245, 1920
- Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933, hg von Günther Dahlke und Günther Karl, Berlin 1988, pg 46ff
- Kino 4/98, Bulletin of the Export-Union des Deutschen Films, München 1998;
- Filmstellen VSETH/VSU Dokumentation 1980/1981, Zürich, Oktober 1980
- Giornate del Cinema Muto Pordenone 2009 Katalog

Szenenphoto aus Der Golem, wie er in die Welt kam, © Universum-Film AG (UFA), Berlin

Referenzen zum Film in anderen Datenbanken:

Unter anderem wurde der Film bei folgenden Filmfestivals aufgeführt:

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