Martha

Regie: Rainer Werner Fassbinder, Deutschland, 1973

Deutschland, 1973


Stab und Besetzung

Produktion Filmverlag der Autoren
Project Film
Westdeutscher Rundfunk (WDR), Köln
Produzent Peter Märthesheimer
Regisseur Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch Rainer Werner Fassbinder
Kamera Michael Ballhaus
Schnitt Liesgret Schmitt-Klink
Architekt Kurt Raab
Darsteller Margit Carstensen [Martha]
Karlheinz Böhm [Helmut]
Gisela Fackeldey [Mutter]
Barbara Valentin [Marianne]
Ingrid Caven [Ilse]
Wolfgang Schenck [Chef]
Günter Lamprecht [Doktor Salomon]
Ortrud Beginnen [Erna]
Peter Chatel [Kaiser]
Adrian Hoven [Vater]
Rudolf Lenz
Heide Simon

Technische Angaben
Kategorie: Langspiel Film
Technische Info: Farbfilm,Länge: 111 Minuten
Tonsystem: Keine Angabe

Inhaltsangabe
Martha ist schon Anfang 30, als sie Helmut bei einem Besuch in Rom begegnet. Eine Begegnung? Eher ein flüchtiger, kurzer Moment, ein Verharren, ein Blick - nicht mehr. Zurück in Deutschland trifft sie den attraktiven 45-jährigen Mann bei einer Hochzeitsfeier wieder. Wer ist das, fragt sie ein Kollege in der Bibliothek, in der sie arbeitet. Das, sagt Martha, das ist der Mann, den ich heiraten werde.

Martha hatte ans Heiraten eigentlich nie gedacht. Sie lebt bei ihren Eltern, sie arbeitet in einer Bibliothek, nicht so sehr, weil sie es nötig hätte, sondern, weil ihr das Freude macht.

Martha und Helmut heiraten, so schnell es nur irgend geht, sie machen eine Hochzeitsreise, sie ziehen in ein Haus, das Helmut für Martha gekauft und eingerichtet hat. Helmut will Martha glücklich machen, und Martha ist glücklich. Helmut domestiziert Martha, er formt sie sich nach seiner Vorstellung, er macht sie gefügig, kündigt hinter ihrem Rücken ihre Stelle in der Bibliothek, lässt das Telefon entfernen und isoliert sie völlig von der Aussenwelt. Martha soll nur für ihn da sein, seine überfallartigen Zärtlichkeiten sind mit Sadismus gepaart. Allmählich wandelt sich Marthas Liebe zu Helmut in eine leise Furcht, die immer lauter wird, sosehr Martha auch dagegen ankämpft. Sie wird zunehmend hysterischer. Als Helmut beruflich verreist ist, trifft sie sich heimlich mit Herrn Kaiser, einem jungen Kollegen aus der Bibliothek.

Helmut wird misstrauisch, sein Verhalten bedrohlich. Martha gerät in Panik. Sie glaubt, dass Helmut sie umbringen will, und macht einen Versuch, vor ihm zu fliehen. Martha hat einen Unfall, sie erwacht im Krankenhaus, gelähmt, für immer an den Rollstuhl gefesselt. Helmut steht an ihrem Bett. Jetzt gehört sie ihm ganz - und er ihr. (BR Presse)

Kritiken : 'Nie hat einen sardonischer jener Zustand angegrinst, der, als Besitzen und Hingeben, als Inbegriff allen Glücks gilt, ein Mann und eine Frau. Fassbinder greift jene Wunsch- und Luxuswelt des Trivialen mit perfider Perfektion auf.
Selten hat eine perfekt geglättete Kinooberfläche so die Abgründe aufgedeckt, die sie vorgeblich zukleisterte.' (Hellmuth Karasek in 'Der Spiegel', Mai 1974).

'Fassbinder überschüttet diese triviale Vampir-Ehegeschichte geradezu mit nostalgisch-sensitiven Farbelementen ... Goldflitter strömt über das Paar, das auf Hochzeitsreise fährt; blaugetönte Pflanzen-Interieurs im Mordhaus à la Hitchcock, in das der Vampir seine junge Frau schleppt; Lichter- und Farborgien auf dem Rummelplatz, auf dem sie in der Berg-und-Tal-Bahn auf den künftigen Horror eingeübt wird. Man kann sich dem Reiz der Bilder schwer entziehen.' (Brigitte Jeremias in 'Frankfurter Allgemeine Zeitung', 30.05.1974).

'Der fast religiös inbrünstige Masochismus, der die vornehm leidenden Damen des Melodrams seit jeher in ein Ende ohne Schrecken treibt, ist in allen Bildern von 'Martha' spürbar: in den überladenen, lichtfernen Interieurs, die Leben kaum zu dulden scheinen, in den langen Einstellungen von einer nächtlichen Autofahrt, wo das Blickfeld der Figuren an der Windschutzscheibe endet. 'Martha' besitzt eine Aura beklemmender Klaustrophobie, die oft an die besseren Filme von Sirk erinnert, manchmal auch an Chabrol.' (Hans C. Blumenberg in 'Die Zeit', 31.05.1974).

Anmerkungen : Hintergrundinformationen:
Mit dem 'schwarzen Melodrama' ('Die Zeit') 'Martha' beendet das Bayerische Fernsehen seine kleine Hommage zum 75. Geburtstag von Karlheinz Böhm. Rainer Werner Fassbinder hatte es 1974 realisiert. 'Martha' wurde im selben Jahr im Fernsehen uraufgeführt, erlebte aber erst 1994 nach einem 20 Jahre dauernden Rechtsstreit bei den Filmfestspielen von Venedig seine Kinopremiere. Fassbinder gab Böhm, dem Publikumsliebling der 50er Jahre, die grosse Chance, sich als Charakterschauspieler zu beweisen, und Böhm nützte die Chance grandios. Ebenso grandios der Fassbinder-Star Margit Carstensen in der Titelrolle.

'Martha' - 'ein brillant gemachter Film ... mit dem Touch einer schwarzen Komödie' ('Sunday Times') - wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. Dabei entstand er eher als 'Nebenprodukt'. Die Dreharbeiten zu 'Effi Briest' mussten unterbrochen werden, weil einer der Hauptdarsteller erkrankt war. Fassbinder nutzte die Zeit und realisierte 'Martha', am 28.05.1974 im Ersten uraufgeführt, - wie 'Effi Briest' eine Geschichte über die Unterdrückung der Frau in der bürgerlichen Institution Ehe - das Fassbinder-Thema schlechthin ('Nora', 'Hedda Gabler', 'Die bitteren Tränen der Petra von Kant', 'Bremer Freiheit'). Und Karlheinz Böhm war praktischerweise schon vor Ort: Er spielte den Geheimrat Wüllersdorf in 'Effi Briest' und konnte nahtlos die Hauptrolle in Fassbinders neuem Projekt übernehmen (mit von der neuen Partie waren auch die 'Effi-Briest'-Ensemble-Mitglieder Barbara Valentin, Rudolf Lenz, Kurt Raab, Wolfgang Schenck und Fassbinders Mutter Lilo Pempeit). Für Fassbinder spielte Böhm direkt im Anschluss an die 1974 fertig gestellte Fontane-Adaption 'Effi Briest' (uraufgeführt am 28. Juni 1974) in dem Sozialdrama 'Faustrecht der Freiheit' (Uraufführung: 30. Mai 1975) den eleganten älteren Homosexuellen Max und zuletzt den kommunistischen Journalisten Tillmann in 'Mutter Küsters Fahrt in den Himmel' (Uraufführung: 2. Januar 1976). (BR3 Presse)

General Information

Martha is a motion picture produced in the year 1973 as a Deutschland production. The Film was directed by Rainer Werner Fassbinder, with Margit Carstensen, Karlheinz Böhm, Gisela Fackeldey, Barbara Valentin, Ingrid Caven, in the leading parts.

Literatur Hinweise Kino 4/2000, Export-Union des deutschen Films

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