Mikaël

Michael

Regie: Carl Theodor Dreyer, Deutschland, 1924

Deutschland, 1924
Szenenphoto aus Mikaël, © Decla-Bioscop AG., Berlin, Universum-Film AG (UFA), Berlin


Stab und Besetzung

Produktion Decla-Bioscop AG., Berlin
Universum-Film AG (UFA), Berlin
Produzent Erich Pommer
Regisseur Carl Theodor Dreyer
Drehbuch Carl Theodor Dreyer
Thea von Harbou
Nach einer Vorlage von Hermann Bang [Roman oder Erzählung]
Kamera Karl Freund
Rudolph Maté
Schwenker Robert Baberske
Musik Robert Baberske
Architekt Robert Baberske
Kostümbild Robert Baberske
Darsteller Walter Slezak [Eigène Michael]
Max Auzinger [Jules, Majordomo]
Nora Gregor [Fürstin Lucia Zamikow]
Robert Garrison [Charles Switt, Journalist]
Benjamin Christensen [Claude Zoret]
Benjamin Christensen [Duc de Monthieu]
Alexander Murski [Mr. Adelsskjold]
Karl Freund [LeBlanc, Kunsthändler]
Grete Mosheim [Mrs. Alice Adelsskjold]
Wilhelmine Sandrock [Witwe de Monthieu]
Mady Christians [(Nicht genannt )]

Technische Angaben
Kategorie: Langspiel Film
Technische Info: Format: 35 mm - Ratio: 1:1,33 - Schwarz-Weiss Film,Länge: 90 Minuten, 1966 Meter, 6 Akte
Tonsystem: silent
Premiere: 26. September 1924 in Berlin, UT Kurfürstendamm
Szenenphoto aus Mikaël, © Decla-Bioscop AG., Berlin, Universum-Film AG (UFA), Berlin

Inhaltsangabe
Michael ist ein junger Maler, der von seinem Meister Claude Zoret als untalentiert abgetan wird. Angezogen von der Schönheit des jungen Mannes taugt ihm dieser lediglich als Modell, das den Meister zu zahlreichen Bildern inspiriert. Als aber eines Tages die Prinzessin Zamikov erscheint und Zoret bittet, ihr Porträt zu malen, will es dem alten Künstler einfach nicht gelingen, den Blick der Prinzessin auf die Leinwand zu bringen. Da greift der angeblich so untalentierte Michael zum Pinsel und macht aus dem Bildnis ein Meisterwerk. Zwischen dem jungen Maler und der Prinzessin Zamikov entwickelt sich eine Liebe, die den alten Meister allein zurücklässt. Als verlassener und gebrochener Mann macht er sich mit letzter Kraft an ein letztes grosses Gemälde...... (Arte Presse)

Kritiken : " High-flown romantic drama on homosexual themes, looking back to Greek precedents for male-male relationships, through the lens of late 19th-century Aestheticism (the plot of Dreyer's movie could have been a short story in The Chameleon, or some lost chapter of Teleny or the Reverse of the Medal). As such, it's a delicious slice of queer history. Zoret (Christensen) is an ageing artist who gives his young protégé, Mikaël (Slezak), a leg up, and gets a leg over in return. It's one of those destructive, panther-feasting type of relationships around which stories of this type usually revolve (Oscar Wilde and Max Nordau have a lot to answer for in this respect)." (Channel 4 Reviews)

"Was hier geschaffen ist, bedeutet eine Kulturtat ersten Ranges, eine Hebung des Filmniveaus, zu der heutzutage leider ungewöhnlicher Mut gehört. Dieser Film kennt auch nicht eine einzige Konzession an den Publikumsgeschmack (im üblen Sinne des Wortes), er ist von einer Gepflegtheit des Stils, der Darstellung und der Technik, wie wir sie in so lückenloser Zusammenfügung wohl nur ganz selten einmal erleben dürfen. Thea von Harbou und Carl Theodor Dreyer sind an die Verfilmung mit einer Delikatesse herangegangen, die trotz aller Wahrung filmischen Wesens doch auch dem Grundmotiv des Originals vollauf gerecht geblieben ist. Es entstand eine Symphonie in Moll, die ohne jede Sentimentalität und doch in warmen Herzenstönen das Lied unauslöschlicher Liebe erklingen lässt. Allerdings führte auch eine Regie die Zügel, wie wir sie uns edler nicht denken können. Einen besseren Beweis, wie eng seelisch verwandt uns die Nordländer sind, als diesen, den uns der Däne Dreyer geliefert hat, konnte man nicht erbringen. Weder die tiefe resignatorische Melancholie der Slawen, noch die kitschige Rührseligkeit der Angelsachsen kann uns auch nur entfernt das geben, was uns die echten Herzenstöne dieses ganz grossen Werkes zu sagen wissen. Die Handlung ist von einer fast rührenden Schlichtheit. Sie erzählt kaum mehr, als das Zugrundegehen an einer grossen väterlichen Liebe, die durch die Rücksichtslosigkeit und den ahnungslosen Egoismus der Jugend getötet werden soll, und die doch nimmer stirbt. Wie uns das erzählt wird, das aber ist gradezu hinreissend. Abermals ist es die hohe Kultur der Dänen, die uns im Hauptdarsteller Benjamin Christensen, dem bekannten Regisseur und Autor des Hexenfilms [HÄXAN, Schweden 1920–22], entgegentritt. Schauspieler wie er sind für den deutschen Film ein ganz hoher Gewinn. Überhaupt hat dieser im vorliegenden Werke eine Blutzufuhr erfahren, wie wir sie uns lange vergeblich gewünscht haben, und wie sie uns doch bitter not tut. Auch hier muss man den Mut anerkennen, der für den Film bisher fast unbekannte Darsteller an so grosser und wichtiger Stelle herausstellt. Und man muss sagen: Der Versuch ist glänzend geglückt. Ein ganz grosser Wurf ist mit Walter Slezak gelungen, einem wirklich schönen und jungen Menschen, der aber nun einmal auch wirklich zu spielen vermag. Der tiefe Ernst, mit dem er seine gewiss nicht leichte Rolle erfasste, geht eigentlich weit über seine noch sehr jungen Jahre hinaus. Theaterblut! Und eine grosse Hoffnung für die Zukunft; – wenn er sich von Starmanieren freizuhalten versteht. Auch Nora Gregor, die rassig und interessant eine junge russische Fürstin verkörperte, ist eine solche Hoffnung; ganz ebenso Grete Mosheim, eine zarte, fast ätherische Blondine, die die gegebene Sentimentale für den Film zu sein scheint. Ein Kabinettstück war die Leistung Robert Garrisons, der einen äusserlich rauhbeinigen Journalisten hinstellte, dem man doch die treue Herzenswärme aus jeder Gebärde herausfühlen durfte. Uneingeschränktes Lob auch dem Kamera- Mann Karl Freund. Wie wundervoll trifft er in seinen fast hingehauchten Bildern den lyrischen Ton, der sich durch den ganzen Film hinzieht. Tiefe Symbolik, wie er sie rein bildmässig auszudrücken wusste, als er den eben noch im Glanze äusseren Ruhms erstrahlenden Mann in schnellem Übergang im tiefsten Schatten seelischen Kummers erscheinen liess, riss das Publikum zu stürmischem Applaus auf offener Szene hin. Hugo Härings Bauten waren ein würdiger Rahmen für dieses edelste deutsche Kammerspiel. (…) Das Ganze ein Werk, auf das wir sehr stolz sein dürfen, auch wenn es einem internationalen Banausentum vielleicht nicht gefallen sollte." Dr. M–I. (Georg Victor Mendel) in: Lichtbild- Bühne (Berlin), Nr. 113, 27.9.1924.

"(…) Aus diesem aus Schmerzen geborenen Bekenntnisbuch eines der grössten Romanciers des neunzehnten Jahrhunderts hat Carl Theodor Dreyer auf der Basis eines fein ziselierten Drehbuchs von Thea von Harbou einen Film geschaffen, der die Seele der Bangschen Dichtung heraufbeschwört. Dieser Regiekünstler hat es vermocht, die Atmosphäre zu gestalten, die herum ist um diese Menschen, die sich wund stossen am Leben, die Luftschicht, in die diese Gesellschaft gehüllt ist, diese hinwelkende Generation verfeinerter Nervenmenschen, deren Leben Nervenrausch bedeutet. Und im Rhythmus dieser Szenenfolgen klingt die Melancholie dieser zum Sterben verurteilten müden Geschlechter. (…) Auf eine leise andeutende Zeichensprache ist das Zusammenspiel gestellt, das aber tausendmal eindringlicher wird als jener Schrei der Gebärde, der ernüchtert, weil er gewaltsam überreden will. Dreyer dämpft das Minen- und Gebärdenspiel bis zur letztmöglichen Feinheit, die Gebärde wird bei ihm, was sie sein soll und was sie so selten ist: Symbol seelischer Zustände. (…)" Heinz Michaelis in: Film-Kurier (Berlin), Nr. 229, 27.9.1924.

Szenenphoto aus Mikaël, © Decla-Bioscop AG., Berlin, Universum-Film AG (UFA), Berlin
Anmerkungen : Anmerkungen: Remake von VINGARNE (Mauritz Stiller, Schweden 1916). ø In Grossbritannien lief Dreyers Film unter dem Titel HEART’S DESIRE. ø Das Ende des Films wurde von Erich Pommer ohne das Einverständnis von Carl Theodor Dreyer geändert.

»Ein Film voll Donner heraufziehender Veränderungen. Wie die Kunst, um die Jahrhundertwende, durch den Einbruch der Sexualität in ihrer Basis getroffen wurde. Nicht das homosexuelle, idealistische Verhältnis zwischen dem Meister und dem Schüler, dem klassizistischen Maler und seinem Modell ist gemeint. Die Frau tritt wieder auf den Plan. Der Junge macht die Kunst seines geistigen Vaters zu Geld für die teure Geliebte. Ein unfassbarer Film in der Komplexität seiner Artikulation.« (Frieda Grafe) »Ausser DIES IRAE hat kein Dreyer-Film eine derart kunstvolle Ausleuchtung. Das Licht streichelt die Gesichter, um sie aus dem Dunkeln zu locken, und fast der ganze Film besteht aus einer bewundernswerten Abfolge von Grossaufnahmen, die nicht so aggressiv sind wie die von JEANNE D’ARC, aber ebenso kühn.« (Jean Sémolué) Filmmuseum München

«Immer wieder von christlichen Motiven fasziniert, wendet sich Regisseur Carl Theodor Dreyer in dieser Studie über einen um Anerkennung und Liebe kämpfenden Künstler einem weiteren zentralen Thema zu: dem Verhältnis des Bewussten zum Unbewussten. "Michael", einer von Dreyers neun Stummfilmen, deutet mit der mutigen Verwendung von Grossaufnahmen auf die berühmten aber weitaus aggressiveren Kameraeinstellungen seines letzten und renommiertesten Stummfilms "Die Passion der heiligen Johanna" voraus. Darüber hinaus besteht die Besonderheit des Films in seinem kunstvollen Lichteinsatz, der ansonsten nur noch in Dreyers späterem Tonfilm "Tag der Rache" zu bewundern ist. Indem der Regisseur dem engelsgleichen Antlitz des jungen Malerschülers die bleichen Fratzen alter Männer gegenüberstellt, schafft er ein kontrastreiches Stück Stummfilm-Kunst.» (arte Presse)

General Information

Mikaël is a motion picture produced in the year 1924 as a Deutschland production. The Film was directed by Carl Theodor Dreyer, with Walter Slezak, Max Auzinger, Nora Gregor, Robert Garrison, Benjamin Christensen, in the leading parts.

Szenenphoto aus Mikaël, © Decla-Bioscop AG., Berlin, Universum-Film AG (UFA), Berlin

Literatur Hinweise Cinémathèque Suisse Nr. 99, pg 4ff
- Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933, hg von Günther Dahlke und Günther Karl, Berlin 1988, pg 102f
Filmmuseum Berlin - Retrospektive 2006: Traumfrauen. Stars im Film der fünfziger Jahre, Gabriele Jatho und Hans Helmut Prinzler (Hg.), Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2006

Referenzen zum Film in anderen Datenbanken:

Unter anderem wurde der Film bei folgenden Filmfestivals aufgeführt:

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