«Durch den Erfolg der Sissi-Filme avancierte Karlheinz Böhm zu einem der beliebtesten deutschen Stars der Fünfziger Jahre. Wohlerzogen, moralisch integer und mit sanftem Gesicht verkörperte er den perfekten Schwiegersohn, den Liebling der Massen. Kostüm- und Heimatfilme, Komödien oder seichtes Problemkino gehörten vorrangig zu seinem Repertoire. Als Aushängeschild des deutschen Wirtschaftswunderkinos kämpft er sich als romantischer Liebhaber, junger Vater, Arzt oder Ingenieur durch mittelmäßige Produktionen. Doch der allgemeine Niedergang des Kinos, ausgelöst durch die Konkurrenz des Fernsehens und festgefahrene Filmkonventionen, macht sich auch in Deutschland bemerkbar und zwingt Böhm, sich um Engagements im Ausland zu bemühen. Der englische Film TOO HOT TOO HANDLE konfrontiert den Schauspieler mit Nachtclubs, Hinterzimmern und Jayne Mansfield und kündigt den radikalen Imagewechsel an.
Michael Powells PEEPING TOM mit Böhms Darstellung des Frauenmörders Mark Lewis, der nicht nur seine Morde auf Zelluloid festhält, sondern die Kamera selbst zur Tatwaffe macht, zerstört das Bild des Märchenkaisers. "Von den melancholischen Augen Karlheinz Böhms über das kalte Objektiv zum Stahl des Stiletts führt der Weg letztendlich zum Auge des Betrachters. Der Blick der Opfer bricht sich noch im Spiegel, den Mark über seine Kamera angebracht hat, als ultimativen Terror." (Hans Schifferle) Dabei scheinen sich beide Rollen ähnlicher, als es Sujet- und Stilwechsel nahe legen. Eine permanente Unsicherheit im Umgang mit anderen Menschen, die Sanftmut, der eher introvertierte Charakter und eine kindliche Neugier zeichnen beide Figuren aus und beschwören das Bild des ewigen Jungen herauf, der sich weigert, erwachsen zu werden. Die übermächtige Mutterfigur wird in PEEPING TOM durch das dominante Vaterbild ersetzt.
Der Film zwingt den Rezipienten sowohl in die Perspektive des sympathischen Killers als auch seines Opfers und stellt, ohne ein moralisches Urteil zu sprechen, auf noch weit perfidere Art als Hitchcocks REAR WINDOW unser voyeuristisches Verlangen aus. Für Regisseur und Schauspieler wird der Film zum kommerziellen Desaster. Die Kritiken überschlagen sich mit drastischen Verrissen. (Daily Tribune: "Die einzige befriedigende Art und Weise, PEEPING TOM zu beseitigen, wäre, ihn zusammenzukehren und so schnell wie möglich in der nächsten Toilette herunterzuspülen. Selbst dann würde der Gestank zurückbleiben") Um einen handfesten Skandal auszulösen, ist der Film jedoch nicht lange genug in den Kinos. Der darauffolgende Gang nach Hollywood wird für Böhm zum Debakel. Erst in den 70er Jahren hat er ein Comeback in den Filmen von Rainer W. Fassbinder. Durch die Bemühungen von Martin Scorsese oder Paul Schrader wird PEEPING TOM in den Programmkinos wiederentdeckt und als selbstreflexives Meisterwerk in den Kanon der Filmgeschichte aufgenommen.
Die Darstellung des Mark Lewis markiert den radikalen Bruch eines Stars mit seinem Image, dem das Publikum weder bereit ist zu folgen, noch ihm den Imagewechsel zu verzeihen. Auch Romy Schneider versuchte, ihrem Sissi-Image zu entkommen. Der Bruch erfolgte weit weniger rasant, aber doch wandte sie sich mit beeindruckender Konsequenz gegen ihr altes Publikum. Im Gegensatz zu Böhm wurde ihr "zweites Gesicht" von einer neuen Klientel angenommen.» (www.bundesarchiv.de - Starimages)