Die Brüder Schellenberg



Produktion: Universum-Film AG (UFA), Berlin Deutschland, 1926
Titelbild zum Film Die Brüder Schellenberg, Archiv KinoTV
Regisseur: Karl Grune
Produzent: Erich Pommer
Nach einer Vorlage von: Bernhard Kellermann [Roman]
Kamera: Karl Hasselmann
Musik: Werner Richard Heymann
Architekt: Karl Görge, Curt Kahle
Darsteller: Conrad Veidt [Wenzel Schellenberg / Michael Schellenberg], Lil Dagover [Esther], Liane Haid [Jenny Florian], Henry de Vries [Der alte Rauchenstein], Werner Fuetterer [Georg Weidenbach], Bruno Kastner [Kaczinsky], Julius Falkenstein [Erster Verehrer Esthers], Wilhelm Bendow [Zweiter Verehrer Esthers], Erich Kaiser-Titz [Dritter Verehrer Esthers], Jaro Fürth [Wucherer], Paul Morgan [Schieber], Frida Richard [Verarmte Witwe]
Kategorie: Langspiel Film
Technische Info: Format: 35 mm - Schwarz-Weiss Film,, 2834 Meter, 7 Akte
Tonsystem: silent
Premiere: 22. März 1926 in Berlin

Vorhandene Kopien: Kopien des Films sind erhalten
Verleih: Decla-Bioscop AG., Berlin


Italienischer Titel: Il supplizio di Tantalo

Inhaltsangabe
Die Brüder Michael und Wenzel Schellenberg sind in der Sprengstofffabrik des alten Raucheisen angestellt. Als bei einer Explosion in dem Werk mehr als 200 Arbeiter zu Tode kommen, kündigen die Brüder, voller Entsetzen über Raucheisens Gleichgültigkeit gegenüber den Angehörigen der Opfer. Während Wenzel sich mit einigem Erfolg als Börsenspekulant versucht, hat Michael es sich zum Ziel gemacht, hilfebedürftigen Menschen beizustehen. Er errichtet eine Siedlungskolonie für Arbeitslose.

Wenzel lernt indes die hübsche Jenny kennen, deren Freund Georg bei der Explosion schwer verletzt wurde. Er macht sie zu seiner Geliebten und unterstützt sie bei ihren Versuchen, als Schauspielerin Karriere zu machen. Doch schon bald ist er ihrer Überdrüssig und wendet sich Raucheisens rassiger Tochter Esther zu. Als Esther durch dunkle Geschäfte ihres Geliebten Kaczinsky in Schwierigkeiten gerät, erklärt Wenzel sich bereit, ihr zu helfen - unter der Bedingung, daß sie ihn heiratet. Esther willigt ein, doch die Ehe steht unter keinem guten Stern. Als Wenzel eines Tages erfährt, dass Esther noch immer ein Verhältnis mit Kaczinsky hat, kommt es zur Katastrophe. (www.filmportal.de)

Kritiken : «Die Brüder Schellenberg

Ideal der Autoren W. Haas und K. Grune: eindeutiges Kinogeschäft, totsicherer Publikumsfilm mit Reminiszenzen an Herrn Kellermanns Ullsteinroman (und an ihr eigenes Können und Wollen). Die herzhafte Art von Haas, den Film für business zu schaffen und mit Fraktur für Wirkung auf alle Augen, die zu sehen willens sind praktisch einzutreten berührt so sympathisch, daß die zu deutliche Absicht nicht einmal verstimmen kann. Man will heute handfesten Kientopp sehen. So ist’s. (Denkt Haas.) Die Kinokassen werden aufatmen, die Filmhungrigen können gefüttert werden.

"Die Brüder Schellenberg" von einem Darsteller gespielt – schon ein Vorzug, gegen den der Roman nicht aufkommt, schon ein Schau-Spiel so recht für die Schauenden. (...)

Veidt übertrumpft alles. Man beachte die Großaufnahmen. Blicken die gleichen Augen …? Ein seelenbesorgter Menschheitsbeglücker und ein harter, brutaler Lebensgenießer. Bis in die zartesten Verästelungen scheinen die Brüder wesensfeind und doch verwandt. In den Trickszenen, in die sich die Verfasser selbst zu sehr verguckt zu haben scheinen, ist Conny Veidt als Wenzel schwächer, er gibt sich zu konventionell überlegen. Der Trick ist ach, ein Schauspiel nur. Haas und Grune waren an der entscheidenden Stelle zu bescheiden. Die Brüder brennen sich eine Zigarette an – das ist der Angelpunkt des Schellenbergfilms, der offenbar in den Begegnungsszenen schlecht geschnitten ist, denn er läßt ein paar Zwischenaufnahmen der Annäherung vermissen. (...)

Zum Ganzen sagt man gern und freudig ja. Auch dieser Film ist ein Wurf auf dem Weltmarkt, ein treffsicheres Geschoß. Mit wieviel edleren Mitteln arbeitet dieser "Publikumsfilm" als etwa eine Laemmleproduktion ("Phantom der Oper"). Wie anregend in ihrer Einfallsüberfülle die technische Beweglichkeit, die Unsumme der absolut neuen Aufnahmeneinstellung, die Verwendung des Schüftanverfahrens, von dem ich nicht weiß, ob sie dem Regisseur, dem Autor oder dem Kameramann zuzuschreiben sind. Kein amerikanischer Film hat die deutsche Bereitwilligkeit der Erfindung gezeigt wie etwa nur ein Akt dieses Films. Originell in kleinsten Kleinigkeiten. Eine paar Mädchenbeine, die Treppe herunterflitzend. Ein verteufelt konstruiertes Auto (ein technisches Aufnahmewunder!) – um nur ein Beispiel zu nennen, was in den geschmähten Tempelhofer Betrieben der Ufa geleistet wurde, wer macht es nach in der Welt? (...)

Ein paar Worte noch über die Darsteller. Neben Veidt hält sich niemand. Lil Dagover enttäuscht. Sie naht wie eine Gottheit ... in den ersten Szenen hinreißend. Aber sie ist keine Kokotte. Ihre Kühle wirkt keusch – nie raffiniert. Sie ist halt keine Teufelin. So gut ihr auch die Struwelpeterfrisur steht – sie findet keine nervösen Übergänge, sie rast plötzlich und ebenso plötzlich erstarrt sie zu nachdenklichem Ernst.
Dagegen gibt Liane Haid ihre kleine Schauspielerin mit herzlicher Frische, unproblematisch, schlicht.
Henry de Vries hat den Römerkopf Raucheisens, wie er im Buche steht.
Eine wertvolle Erscheinung: Werner Fuetterer, der eine Atmosphäre gesunder Jugend verbreitet.
Hasselmanns Photographie gibt Dinge, auf die es ankommt, mit gediegener Beherrschung des Materials. In Kleinigkeiten ist er nicht immer ausgeglichen.
Veidt ist herrlich photographiert.
Für die Bauten zeichnet Karl Görge.
Der Film verdient ein Millionenpublikum, das er finden wird.

(Durch den Zuschnitt des Films hat Grune sich geschadet. Die Art der Schneiderei wird allmählich eine ernsthafte Gefahr! Ist es ein Zufall, daß in einer Uraufführungskopie noch ein Satzfehler ist?) » (–r, Film-Kurier, Nr. 70, 23.3.1926)

«Die Gebrüder Schellenberg

Grune hat einen Film geschaffen, der alle Qualitäten der großen deutschen Klasse hat: ernst, spannend und mit ergreifender Hingabe an die seelische Gestaltung. Diese Gestalten leben und es war ein Hauch jenes inneren, seelischen Lebens, das auf die Zuschauer überging und sie in den Bann des Films zwang. Ein großes Zeitbild stellte sich dar, mit grellen Lichtern und schroffen Kontrasten, mit Schicksalen, wie wir sie alle erlebt haben und Figuren, die aus pulsendem, rastlosem Strom des Lebens mit Künstlerhand herausgeholt sind. (...)

Grune hat seinen besten Film gemacht. Man ist gespannt von Anfang bis zu Ende. Die Menschen leben mit einer solch vehementen Frische, daß man sich ihrer aus dem Leben zu erinnern glaubt. Der Aufbau der Handlung (von Willy Haas geschickt und künstlerisch besorgt) vereinfacht sich in Grunes Regieführung. Nichts bleibt unklar, wir marschieren von Anfang bis Ende mit und der Zuschauer geht aus dem Kino mit dem Gefühl, wirklich ein Erlebnis gehabt zu haben.

Von den Darstellern ist, zunächst Conrad Veidt zu nennen, der die Doppelrolle der beiden Brüder spielt. Mit ungemeiner Feinheit sind diese verschiedenen Charaktere studiert, immer neue Nuancen prägen sie plastisch aus. Als eleganter Abenteurer hat er all den Charme und die bezaubernde Liebenswürdigkeit, die so stark auf Frauen wirkt und als idealistischer Städtegründer hat Veidt die tiefe Innerlichkeit des alles verstehenden leidenden Menschen. Lil Dagover als Tochter des Magnaten Raucheisen ist von jener kalten, fast dämonischen Erotik, die nicht weiter beschreibbar ist, die aber in allen Fingerspitzen gefühlt ist. Sie sieht bezaubernd aus und ihr schlanker Körper, ihr beherrschtes sicheres Spiel findet immer noch einen klaren Ausdruck, selbst für schwierige seelische Situationen. Liane Haid bringt die sanfte Liebenswürdigkeit des süßen Mädels mit und ihre schönen Augen werden keinen Zuschauer vergebens anblicken.

Die schönen und manchmal monumentalen Bauten stammen von Karl Görge.
Ein besonderes Lob verdient der Kameramann Hasselmann, der technisch Erstklassiges geleistet hat. Die Aufnahme eines abfahrenden Flugzeuges, um nur eine Szene zu nennen, war eine Leistung im Arrangement der wandernden Lichteffekte allererster Ordnung.
Der Beifall des Publikums war stark und kam aus einem ergriffenen Herzen. Hier ist ein Beispiel des deutschen Films, der sich – früher oder später – seinen Platz an der Sonne schaffen wird! » (H. W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 69, 23.3.1926)

(Kritiken zitiert nach www.filmportal.de)

Literatur Hinweise - Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933, hg von Günther Dahlke und Günther Karl, Berlin 1988, pg 126f



Hinweise auf Datenbanken
Filmportal.de ED010B449A588EC4E03053D50B372A1B,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html
IMDb - International Movie Data Base Nr. tt0016692
KinoTV Database Nr. 23278


Last Update of this record 13.04.2011
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