Karlsruhe Filmfestival 2015 - KinoTV


Text?Das Cabinet des Dr. Caligari (Wie ein Verrückter die Welt sieht), Regie: Robert Wiene,Deutschland - 1920
Produktion: Decla-Film Gesellschaft, Holz & Co., Berlin - Verleih: Decla-Bioscop-Verleih GmbH, Berlin - Produzent: Rudolf Meinert - Erich Pommer - Produktionsleiter: Rudolf Meinert - Regisseur: Robert Wiene - Drehbuch: Hans Janowitz - Carl Mayer - Nach einer Vorlage von: Hans Janowitz - Kamera: Willy Hameister - Musik: Peter Schirmann Fassung 1964 - Giuseppe Becce Uraufführung - Rainer Viertlböck Neufassung - Architekt: Walter Röhrig - Hermann Warm - Walter Reimann - Kostümbild: Walter Reimann - Darsteller: Lil Dagover Jeanne - Conrad Veidt Cesare - Ludwig Rex Mörder - Hans Heinrich von Twardowski Alan - Henri Peters-Arnolds Junger Arzt - Elsa Wagner Hausherrin - Hans Lanser-Rudolff Alter Mann - Rudolf Lettinger Medizinalrat Dr. Olsen - Werner Krauss Dr. Caligari - Rudolf Klein-Rogge Der Verbrecher - Friedrich Feher Franz -
Inhaltsangabe : Der wohl bekannteste deutsche Stummfilm erzählt die Geschichte des dämonischen Schaustellers Dr. Caligari, der sich als Arzt einer Nervenheilanstalt entpuppt und dabei mindestens ebenso verrückt ist wie seine Patienten. Tagsüber präsentiert er auf dem Jahrmarkt den somnambulen Cesare, der ganz unter dem Einfluss von Caligari steht. Cesare sagt auf dem Jahrmarkt dem Publikum die Zukunft voraus und prophezeit Alan, dass er bald sterben müsse. In der folgenden Nacht wird der junge Mann ermordet, sein Freund Francis verdächtigt Caligari, hinter dem Mord zu stecken.
Als auch noch Francis' Freundin Jane von Cesare entführt wird, ist er seines Verdachts sicher und verfolgt den flüchtenden Caligari, bis er ihn in einem Irrenhaus wiederfindet. Francis entdeckt, dass Dr. Caligari der Direktor der Anstalt ist. Hier springt die Geschichte und setzt noch einmal neu an: Francis, der die Geschichte von Dr. Caligari erzählte, ist selbst Insasse der Nervenheilanstalt. Wer ist hier also verrückt? (ARTE Presse)
Kritiken : "Der berühmteste deutsche Stummfilm, ein Meisterwerk der provokanten Bildersprache des Expressionismus, ist einer der wichtigsten Psychiatriefilme. Auch heute noch aktuell." (Lexikon des Internationalen Films)
Anmerkungen: «Zur Restaurierung Berlinale 2014
Die aktuelle 4K-Restaurierung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, ausgeführt von L'Immagine Ritrovata in Bologna, hat sich zum Ziel gesetzt, die Bildqualität, die Gestalt des Films, die expressionistischen Zwischentitel und die Charakteristik der historischen Färbungen möglichst überzeugend wiederherzustellen.

Wichtigstes Ausgangsmaterial der Digital-Restaurierung ist das Kamera-Nitro-Negativ, das bei den bisherigen Restaurierungen nicht berücksichtigt wurde, ergänzt durch internationale Exportkopien. Das Kamera-Negativ weist keine Zersetzungserscheinungen und nur wenige Schrammen auf, es enthält fast alle originalen Zwischentitel in Form von Blitztiteln. Allerdings ist es nicht vollständig: Die erste Rolle fehlt, in zwei Rollen ist die Perforation stark beschädigt, es gibt immer wieder Bildsprünge. All diese Fehlstellen galt es bei der Restaurierung durch anderes Material aufzufüllen und mittels eines digitalen Composit-Prozesses in Kontrast und Dichte an das Negativ-Material anzugleichen.

Durch den Rückgriff aufs Negativ ließ sich die Bildqualität des Films im Vergleich zu den bisherigen Restaurierungen erheblich verbessern, da die früheren Bearbeitungen auf gebrauchte Exportkopien aufbauten, die mehrfach umkopiert wurden. Deutlich wird diese Verbesserung bei den Zwischentiteln; die bisherigen Restaurierungen haben auf eine 16-mm-Kopie zurückgegriffen, darunter haben Schärfe und Kontrast sehr gelitten - bis hin zur Unleserlichkeit.

Durch den Einsatz von maximal auflösender Digitaltechnik ist eine Angleichung heterogener Ausgangsmaterialien sehr gut möglich. Ein weiterer wesentlicher Fortschritt der Digitalrestaurierung besteht in der authentischen Wiedergabe der historischen Einfärbungen. Diese sind bei Caligari besonders interessant, da in der Rahmengeschichte mehrfarbige Tönungen eingesetzt wurden, die den irrealen Effekt dieser Geschichte verstärken. In der Restaurierung aus den 80er Jahren wurde die Umkopierung mittels Farb-Inter-Negativ vorgenommen, das nicht alle Farben adäquat wiedergab.

Insofern ist die neue Caligari-Restaurierung auch ein Leistungsbeweis dessen, was durch den Einsatz der Digitaltechnik im Bereich der Filmrestaurierung und dank einer internationalen Zusammenarbeit inzwischen erreicht werden kann.» (arte Presse)

Text?Der Feldarzt (Das Tagebuch des Dr. Hart), Regie: Paul Leni,Deutschland - 1917
Produktion: Projektions-AG Union (PAGU) - Bild- und Filmamt (BuFA), Berlin - Produzent: Paul Davidson - Aufnahmeleiter: Hanns Kräly - Regisseur: Paul Leni - Drehbuch: Hans Brennert - Kamera: Carl Hoffmann - Darsteller: Dagny Servaes Jadwiga Bransky - Heinrich Schroth Dr. Robert Hart - Käte Haack Schlossherrin Ursula von Hohenau - Ernst Hofmann Graf Bronislaw Krascinsky - Adolf Klein Graf Bransky -
Inhaltsangabe : Dr. Robert Hart, ein Mediziner mittleren Alters, macht einer Bekannten, der jungen Aristokratin Ursula von Hohenau, auf ihrem sächsischen Landsitz seine Aufwartung. Man führt gepflegte Konversation und geniesst im Kreise kleiner Kinder diesen sonnigen Julitag. Als der Arzt wieder abreist, bringt der alte Postbote Ursula die Zeitung, datiert vom Freitag, den 24. Juli 1914: Dort steht als Schlagzeile: Oesterreichs Ultimatum an Serbien. Auch der in zaristischen Diensten stehende polnische Diplomat Graf Bronislaw liest vom anstehenden Kriegsgeschrei und ist zunächst patriotisch begeistert. In den folgenden Tagen kehrt Hart in seine Praxis zurück und behandelt dort auch den alten und gebrechlichen Vater der charmanten Gräfin Jadwiga Bransky. Anlässlich eines grossen Festes mit abschliessendem Feuerwerk in der Sommerfrische von Bad Oos am 1. August 1914 treffen sich alle Protagonisten das letzte Mal zu Friedenszeiten. Dort beobachtet Bronislaw mit wachsender Eifersucht, dass die von ihm angebetete Landsmännin Jadwiga die Nähe des deutschen Arztes geniesst. Minuten später erreicht ihn und auch seinen französischen Freund, den Vicomte Latour, die Nachricht, dass jeder der Männer sofort in die Heimat zurückkehren solle. „Mobilmachung!“ lautet das Schlagwort der druckfrischen Extrablätter. Der Erste Weltkrieg hat begonnen.

Dr. Hart wird zum Stabsarzt ernannt und fährt per Bahn zu seinem Truppenteil. Zuvor schaut er noch bei seiner ehemaligen Studentenverbindung vorbei, hält eine flammende, patriotische Rede und hebt mit den Burschenschaftern mehr als nur einmal das Glas. Der Vormarsch der deutschen Einheit geht immer voran, gen Osten. Und Dr. Hart ist immer an ihrer Seite. Die russischen Kosaken knechten die heimische Landbevölkerung und vergiften ihre Brunnen. Als Dr. Hart sich um ein von den Kosaken zusammengeschlagenes altes Väterchen kümmert, sieht er das Bild Jadwigas in dessen ärmlichem Zimmer. Man sagt ihm, es handele sich dabei um die Tochter des „gnädigen Herrn“. Jadwiga hat hier einen guten Ruf, gibt sie doch stets den armen Leuten genügend Brot. Wenn sie aber fortgegangen ist, schlagen die brutalen Kosaken auf die armen Habenichtse ein. Die Stimmung bei den deutschen Soldaten ist derweil ausnehmend gut; es gibt immer etwas zu essen, zu trinken und sogar zu lachen. Als die Deutschen sich Schloss Bransky nähern, kommen Dr. Hart und ein Soldat zu einer Mühle, von der ein Spion offensichtlich Zeichen an die russischen Verbände gibt. Der Spion wird überwältigt, die Mühle in die Luft gesprengt. Die Deutschen überrennen die russischen Verteidiger des Schlosses, ihr Kommandeur, Graf Bronislaw beschwört den alten Bransky und seine Tochter, zu fliehen. Aber der Alte sagt nur „Ich erwarte die Deutschen“. Der erste deutsche Soldat, der schliesslich das Schloss betritt, benimmt sich formvollendet.

Inzwischen hat Dr. Hart an seinem Verbandsplatz alle Hände voll zu tun. Er verbindet, säubert Wunden, setzt Spritzen. Die Russen fliehen, auch Graf Bronislaw. Auf einem Gefechtsfeld fällt er erschöpft und verwundet von seinem Pferd. Dort stöbert ihn Troll, der deutsche Sanitätshund auf und führt Dr. Hart zu ihm. Dieser sammelt den flüchtigen Bekannten aus Friedenszeiten in Bad Oos auf, hilft ihm wieder auf die Beine und gibt ihm etwas zu trinken. Wenig später kommen zwei versprengte, berittene Russen vorbei, schlagen Dr. Hart nieder, hieven Bronislaw auf eines ihrer Pferde und reiten davon. Verletzt begibt sich der Feldarzt zum grossen Feldlazarett. In der Zwischenzeit ist Ursula von Hohenau freiwillig Krankenschwester geworden und hat einen Lazarettzug zusammengestellt. In Vorfreude auf Dr. Hart, mit dem sie auch im Krieg brieflichen Kontakt gehalten hat, begibt sie sich mit ebendiesem Zug V.12 zum Feldlazarett, das die Deutschen auf Schloss Bransky eingerichtet haben. Dort unterstützt aufopferungsvoll Jadwiga Dr. Hart bei der Versorgung der Verwundeten. Diese trägt ein Medaillon mit dem Porträt Bronislaws mit sich, der ihr sehr ans Herz gewachsen ist. Hart sieht dies mit gemischten Gefühlen.

Vom Vorgesetzten erhält der Feldarzt die Order, alle Soldaten gegen Cholera zu impfen. Wenig später kommt der Lazarettzug V.12 nahe Schloss Bransky an, um die Verwundeten zurück in die Heimat zu bringen. Bei dieser Gelegenheit lernen sich endlich auch Ursula und Jadwiga kennen. Zusätzlich rollen einige Krankenwagen der Deutschen zum Schloss und bringen weitere 84 Verwundete, darunter einen russischen Offizier. Es ist Bronislaw Krascinsky. Jadwiga fleht Dr. Hart an, ihm zu helfen. Sofort macht dieser sich daran, den Kriegsgegner zu operieren. Bald ist er genesen, und er und Jadwiga kommen zusammen ebenso wie Dr. Hart und Ursula. Ein Jahr im Leben des Feldarztes Dr. Robert Hart ist nun vergangen, der Feldarzt blättert sein Tagebuch auf: August 1915. Alle fünf Hauptdarsteller, Deutsche wie Polen, sitzen friedlich vereint vor dem Kamin des Schlosses Bransky, und Dr. Hart liest aus seinem Tagebuch vor, was in den letzten zwölf Monaten geschehen ist. Schlussszene: Der letzte Tagebucheintrag ist vom 5. November 1916. Hart schreibt: „Polen ein selbständiges Reich. Der Grafen Bransky Traum ist in Erfüllung gegangen. Auch Bronislaw hat sich auf sein Polentum besonnen. Wir sind gute Freunde geworden“. Ein Handschlag zwischen dem Deutschen und dem Polen besiegelt diese neue Freundschaft. (wikipedia)
Kritiken : „Es ist ein zweifellos interessanter Film, der hier dargeboten wird und der uns klare Einblicke in das Sanitätswesen im Felde gewährt. Die einzelnen Bilder sind in sehr geschickter Weise mit einer Handlung verwoben, die zweifellos sehr fesselnd ist und dramatisch gestaltet wurde. Paul Leni als Regisseur hat hier durchweg gut gelungene Bilder gestellt und dabei Dekorationen geboten, die Anerkennung verdienen.“ ( Lichtbild-Bühne)
Anmerkungen: Der Film wurde unter dem Titel 'Das Tagebuch des Dr. Hart' gekürzt und neu zensiert herausgebracht.

"Der Film spielt in der Zeit unmittelbar vor und nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und erzählt eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Kriegshandlungen im Osten Deutschlands . Als vermeintlicher Propagandafilm gedacht, der die anstrengende Tätigkeit der Feldärzte darstellen sollte , war die Kritik sich einig, dass Drebuchautor und Regisseur ein packender und überzeugender Film gelungen ist." (www.stummfilmfestival-karlsruhe.de)

Text?Der fremde Vogel Regie: Urban Gad,Deutschland - 1911
Produktion: Deutsche Bioscope GmbH., Berlin - Projektions-AG Union (PAGU) - Regisseur: Urban Gad - Drehbuch: Urban Gad - Kamera: Guido Seeber - Darsteller: Carl Clewing Max, Bootsführer im Spreewald - Frl. Karsten Grete, Max' Braut - Hans Mierendorff Sir Arthur Wolton, Mays Vater - Asta Nielsen Frl. May, Tochter des Sir Arthur Wolton - Louis Ralph Mr. Herbert Bruce - Eugenie Werner Miss Hobbs, Gesellschaftsdame -
Anmerkungen: IMDb nennt wohl falsch Agda Nilsson in der Rolle des Stubenmädchen Mizi. Eine solche Rolle kommt im Film gar nicht vor. (lhg 2015)

Der Stolz der Firma: Die Geschichte eines Lehrlings Regie: Carl Wilhelm,Deutschland - 1914
Produktion: Projektions-AG Union (PAGU) - Regisseur: Carl Wilhelm - Drehbuch: Jacques Burg - Walter Turszinsky - Robert Wiene - Kamera: Friedrich Weinmann - Darsteller: Victor Arnold J.C. Berg - Hugo Döblin - Martha Kriwitz Lilly Maass - Alfred Kuehne Herr Hoffmann - Ernst Lubitsch Siegmund Lachmann - Ressel Orla - Albert Paulig Charly -
Inhaltsangabe : Als Sigmund Lachmann – ein tollpatschiger Junge vom Land – seine Arbeit verliert, geht er nach Berlin, wo er in einer Damenboutique angestellt wird und Karriere macht… Voller unverblümter Komik, mit Grimassen, Tränen und Augenzwinkern, machte der Film Lubitsch in Deutschland als Schauspieler bekannt. (Locarno 2010)
Kritiken : "Im dritten Film, in dem er auftritt, spielt Ernst Lubitsch bereits die Hauptrolle. »Dem Berliner Filmkomiker fehlen in seinen frühen Lustspielen präzise Konturen in der Gestik, Disziplin in den mimischen Bewegungen und das Gefühl für die Choreographie einer Figur. Überdeutlich stellt er seine Rolle aus; da wird nichts weggelassen, da gibt es keine Ökonomie der Mittel, kein Timing, sondern vor allem Direktheit, Frontalspiel. Geniessen kann man den jüdi schen Charme einer tolpatschigen, eigensüchtigen, fei gen, servilen, zielstrebigen Aufsteigerfigur. Genau das macht ihn offenbar zu einem Publikumsliebling.« (Hans Helmut Prinzler) (filmmuseum München, Heft 10, 2006)
Anmerkungen: laut Kinemathek # 13 Drehbuchautor Robert Wiene

Text?Die Weber Regie: Friedrich Zelnik,Deutschland - 1927
Produktion: Friedrich Zelnik-Film GmbH. - Produzent: Friedrich Zelnik - Regisseur: Friedrich Zelnik - Drehbuch: Willy Haas - Fanny Carlsen - Kamera: Friedrich Weinmann - Frederik Fuglsang - Musik: Willy Schmidt-Gentner - Architekt: Andrej Andrejev - Art Department: George Grosz - Darsteller: Hermann Picha Baumert - Arthur Kraussneck Alter Weber Hilse - Camilla von Hollay Tochter Bertha Baumert - Emil Biron - Paul Wegener Fabrikant Dreißiger - Hertha von Walther Tochter Emma Baumert - Valeska Stock Frau Dreißiger - Dagny Servaes Luise Hilse - Hans Heinrich von Twardowski Sohn Gottlieb Hilse - Theodor Loos Weber Bäcker - Wilhelm Dieterle Moritz Jäger -
Anmerkungen: Friedrich Zelniks Filmversion von Gerhart Hauptmanns Bühnenstück „Die Weber“ ist eine werkgetreue Umsetzung des Dramas und gilt als eine der besten Hauptmann-Adaptionen der deutschen Filmgeschichte. Noch heute wirkt der Film, dessen Bildsprache stark von Eisenstein und Pudowkin beeinflusst ist, durch seine stimmige visuelle Gestaltung (in Zusammenarbeit mit George Grosz) und durch die Mitwirkung exzellenter Schauspieler wie Paul Wegener und Wilhelm Dieterle. (ARTE)

Text?Dornröschen Regie: Paul Leni,Deutschland - 1917
Produktion: Projektions-AG Union (PAGU) - Verleih: Nordische Film Co. GmbH, Berlin - Produzent: Paul Davidson - Regisseur: Paul Leni - Drehbuch: Rudolf Presber - Kamera: Alfred Hansen - Architekt: Paul Leni - Kostümbild: Paul Leni - Darsteller: Paul Biensfeldt König - Käthe Dorsch Königin - Marie Grimm-Einödshofer Amme - Victor Janson Marschall - Georg Kaiser König - Mabel Kaul Dornröschen - Harry Liedtke Prinz - Hermann Picha Alte Hexe -
Inhaltsangabe :

Glücklich und zufrieden regieren ein König und eine Königin ihr Reich. Als sich die Königin eines Tages mit ihren Hofdamen am Ufer des Flusses vergnügt, weissagt ihr ein Frosch, dass sie bald ein Kind bekommen werde.

Und tatsächlich: schon bald darauf wird ein Mädchen geboren. Im ganzen Lande lässt der König die frohe Botschaft verbreiten und lädt sein Volk zu einem rauschenden Fest ein. Nur eine Hexe, die im tiefen Wald lebt, wird vergessen. Aus Rache verflucht sie das Kind und verkündet, dass die Prinzessin sich eines Tages an einem Spinnrad verletzen und mit dem gesamten Hofstaat in einen tiefen Schlaf fallen werde. Ein undurchdringbarer Wald aus dornigen Rosen werde sodann das Schloss überwuchern und eine Rettung unmöglich machen. Eine Segen spendende Fee, die den Fluch gehört hat, wünscht sich daraufhin, dass ein Prinz kommen möge, um das Dornengestrüpp zu durchdringen und die Prinzessin zu erwecken.
Aus Angst vor dem Fluch lässt der König sämtliche Spinnräder vernichten – die Gefahr scheint gebannt, die Prinzessin wächst behütet zu einer anmutigen jungen Frau heran. Doch als sie eines Tages voller Neugier das Schloss durchforstet, begegnet sie der bösen Hexe, die an einem Spinnrad sitzt. Das Mädchen verletzt sich bei dem Versuch, selbst einen Faden zu spinnen, und der Fluch der Hexe geht in Erfüllung. 100 Jahre lang liegt das Schloss in tiefem Schlaf, überwuchert von Dornenhecken, bis ein junger, verwegener Prinz des Weges kommt und in einem Gasthaus von dem alten Fluch erzählt bekommt. (www.filmportal.de)
Kritiken : "Dornröschen" (Union-Film) als Märchen für groß und klein wird in den "Union-Theatern" gezeigt. In künstlerisch potenzierter Form. Rudolf Presber erzählt in leichten Versen das Märchen und Paul Leni hat die Bilder gestellt. Das ist mehr als landläufige Inszenierung, das ist lebendig gewordene Kostümkunde, das ist ein wahres Schwelgen im Reigen, den künstlerischer Geschmack und Kunstgeschichte hier aufführen. In der Tat nicht nur ein Märchen für die Kleinen. In der Entwicklung des Inhalts wechselt geschickt Ernst und Humor ab, unterstützt von einer sehr guten Darstellung, an der Georg Kaiser, Harry Liedtke, Victor Janson, Paul Biensfeldt, Hermann Picha, die blendend schön aussehende Käthe Dorsch, Mabel Kaul und Maria Grimm-Einödshofer beteiligt sind. Dieser Film ist nicht etwa ein "Weihnachts"-Film, er verdient für jedes Programm Aufnahme. (Der Kinematograph, Nr. 574, 2.1.1918)

Am Donnerstag Abend wurde im Union-Palast Kurfürstendamm ein neuer Film, der Projektions A.-G. Union, "Dornröschen", vorgeführt. Die Union hat damit ihren gewaltigsten Ausstattungsfilm hergestellt. Das alte, liebgewordene Märchen ist in eine romantische Hofatmosphäre übertragen, mit Königen, Prinzen, Ammen, Feen und alten Hexen. Und man muß dem Regisseur Paul Leni größte Anerkennung aussprechen, daß er diesen sagenhaften Gestalten nichts von ihrem geheimnisvollen Reiz genommen, daß er dem Märchen einen Rahmen geschaffen hat, dessen strenge Stilreinheit in Deutschland bisher nicht erreicht worden ist. Wie lebendig gewordene Bilder alter Meister schritten König und Königin in prunkvollem Zuge vorüber, gefolgt von Rittern und Edeldamen mit spitzen Zuckerhüten und steifen Schleppkleidern. Und unter ihnen wie ein lichtes Feenbild das holde Dornröschen, das von Mabel Kaul anmutig verkörpert wurde. Die Darstellung tat alles, um durch stilechte Gebärden sich dem von Paul Leni kunstvoll entworfenen Innenräumen anzupassen: Harry Liedtke als Prinz, Käthe Dorsch als Königin, Herr Kaiser als König und Herr Janson als Hofmarschall seien besonders genannt.

Das bedeutsame aber an diesem Werke ist, daß eine Firma gewagt hat, ein beträchtliches Kapital an einen solchen Stoff zu setzen. Nur unter Aufbietung größter Mittel war es möglich, diese Stilechtheit zu wahren, die prunkvollen Räume mit echten Geräten und Kostümen auszustatten. Und wiederum konnte es nur einem Maler wie Leni gelingen, zwischen Darstellung und lnnenräumen diese Einheit herzustellen, die diesem Film ein so besonderes Gepräge gibt.

Das Märchen selbst ist mit großem Geschick für die Zwecke des Films bearbeitet: es wahrte den poetischem Unterton und wich geschickt allen Modernisierungen aus. Rudolf Presbers Verse behandelten mit Frische und Keckheit das Thema auf seine Weise, so daß ein enger Konnex zwischen der Darbietung und der sichtbar gefesselten Zuschauerschar hergestellt wurde. (Lichtbild-Bühne, Nr. 51, 22.12.1917) [zitiert nach www.filmportal.de]

Dürfen wir schweigen ? Regie: Richard Oswald,Deutschland - 1926
Produktion: Nero-Film AG, Berlin - Produzent: Richard Oswald - Heinrich Nebenzahl - Regisseur: Richard Oswald - Drehbuch: Richard Oswald - Kamera: Gustav Ucicky - Musik: Hans May - Architekt: Heinrich Richter - Darsteller: Henry de Vries Henry Pierson, Stadtrat - Bella Polini Tänzerin - Ernst Stammer Wirt - Albert Paulig Ober - Betty Astor Inge - Else Plessner 2. Patientin - John Gottowt Sein Faktotum - Fritz Kortner Annoncierender Arzt - Maria West Junge Frau - Ernst Laskowski Junger Mann - Frida Richard Alte Frau - Elga Brink Assistentin - Ernst Verebes Gerd (AKA Ernö Verebes) - Conrad Veidt Paul Hartwig, Maler - Walter Rilla Dr. Georg Mauthner - Mary Parker Leonie, seine Tochter - Maria Forescu 1. Patientin -
Kritiken : "Conrad Veidt in der geradezu überwältigend gespielten Rolle des Malers „Paul Hartwig“. Richard Oswald (...) hat sich nicht dazu verleiten lassen, hierzu einen von medizinischer Wissenschaft triefenden Lehrfilm zu bringen, sondern er verquickt das Schicksal einiger von der furchtbarsten Krankheit im Leichtsinn oder durch Mißgeschick erfassten Menschen mit demjenigen blühend gesunder Menschenkinder ... " (Freiburger Zeitung)

Text?Germinal Regie: Albert Capellani,Frankreich - 1913
Produktion: S.C.A.G.L. - Société Cinématographique des Auteurs Pathé No. 6224 - Verleih: Pathé Frères, Paris - Regisseur: Albert Capellani - Drehbuch: Albert Capellani - Nach einer Vorlage von: Emile Zola novel - Darsteller: Marc Gérard Bonnemort - Paul Escoffier Négrel - Albert Bras Hennebeau - Jean Jacquinet Chaval - Mévisto Maheu - Dharsay Souvarine - Henri Étiévant - Gina Barbieri - Cécile Guyon Cécile Hennebeau - Louise Sylvie Catherine (AKA Sylvie) - Léon Bernard - Paul Capellani - Henry Krauss Lantier -

Text?Heimkehr (Das Licht der Gefangenen), Regie: Joe May,Deutschland - 1928
Produzent: Erich Pommer - Regisseur: Joe May - Drehbuch: Joe May (AKA Fred Majo) - Fritz Wendhausen - Nach einer Vorlage von: Leonhard Frank novel - Kamera: Günther Rittau - Architekt: Alexandre Arnstam Künstlerische Beratung - Darsteller: Gustav Fröhlich - Lars Hanson - Dita Parlo -
Inhaltsangabe : Russland, 1917. An jedem der 729 Tage ihrer Kriegsgefangenschaft hat Richard seinem Kameraden Karl von Anna, seiner Frau, erzählt. Am 730. Tag wagen sie die Flucht. Doch auf dem Weg in die Heimat wird Richard erneut gefangen genommen, und Karl erreicht Hamburg ein Jahr später allein. Bei Anna hofft er Richard wiederzusehen, aber vergebens. Stattdessen bietet Anna ihm eine Kammer in ihrer Wohnung an. Als Richard schliesslich doch noch heimkehrt, sind Karl und Anna ein Paar... (Berlinale 2018)
Kritiken : Mit diesem Dreiecksmelodram brachte der Hollywood-Heimkehrer Erich Pommer, der in den USA zuvor die Weltkriegsfilme Hotel Imperial und Barbed Wire produziert hatte, amerikanische Herstellungsmethoden ins Weimarer Kino ein. Den internationalen Impetus des Films unterstrichen die Verpflichtung des schwedischen Weltstars Lars Hanson und eine dezidiert zivile Aufarbeitung des Weltkriegsgeschehens. In der Tradition früherer Kammerspiele konzentriert sich der Film ganz auf die Psychologie der drei Protagonisten und entwirft dabei – ungewöhnlich für die Bearbeitung des Themas in Deutschland zu dieser Zeit – ein gänzlich unsoldatisches Männerbild. (Berlinale 2018)

La donna nuda (Einer grossen Liebe Sterben, Künstlerehen, Das Nackte Weib, Aristokratenblut), Regie: Carmine Gallone,Italien - 1914
Produktion: Società Italiana Cines - Verleih: Società Italiana Cines - Regisseur: Carmine Gallone - Drehbuch: Carmine Gallone - Nach einer Vorlage von: Henry Bataille play - Kamera: Domenico Grimaldi - Darsteller: Lyda Borelli Modell Lolette - Ruggero Capodaglio - Wanda Capodaglio Prinzessin - Lamberto Picasso Pierre Bernier, Maler - Ugo Piperno Rouchard -
Anmerkungen: Ein Künstlerfilm, dem das Theaterstück des frz. Autors Henry Bataille „La femme nue“ als Vorlage diente. Lolette ist das Modell ihres väterlichen Freundes Rouchard, als dieser eines Tages von einem jungen Maler besucht wird. Bald wird sie sein Modell und seine Geliebte. Als jedoch eine Gräfin dem jungen Künstler ihre Gunst schenkt, gibt er skrupellos Lolette auf, die das nicht erträgt. Lyda Borelli entfaltet auch in diesem „Diven“-Film ihre gesamte Schauspielkunst. (www.stummfilmfestival-karlsruhe.de)

Léonce flirte (Leo flirtet), Regie: Léonce Perret,Frankreich - 1913
Produktion: Société des Etablissements L. Gaumont N° 4199 - Verleih: C.C.L. - Comptoir Ciné-Location - Regisseur: Léonce Perret - Kamera: Georges Specht - Darsteller: Suzanne Grandais Suzanne - Léonce Perret Léonce -
Inhaltsangabe : Eine weitere Episode aus dem turbulenten aber liebevollen Eheleben von Léonce und Suzanne. Mit dem Fernglas beobachtet sie ihn, wie er mit einer eleganten Dame flirtet. Schon ist der Ehekrach ausgebrochen; wütend verlässt sie das traute Heim ... (Pordenone Katalog 2014)

Text?Ma l'amor mio non muore (Aber meine Liebe stirbt nicht, Meine Liebe war mein Leben - Meine Liebe ist mein Tod), Regie: Mario Caserini,Italien - 1913
Produktion: Film Artistica Gloria, Torino - Regisseur: Mario Caserini - Drehbuch: Giovanni Monleone - Emilio Bonetti - Kamera: Angelo Scalenghe - Darsteller: Antonio Monti General - Gentile Miotti - Letizia Quaranta - Vittorio Rossi Pianelli Oberst Julius Holbein, Elsas Vater - Gian Paolo Rosmino Moise Sthar (AKA Giampaolo Rosmino) - Felice Metellio - Emilio Petacci Oberst Theubner - Camillo De Riso Schaudard, Impresario - Maria Caserini-Gasparini Herzogin von Wallenstein - Dante Cappelli Herzog von Wallenstein - Lyda Borelli Elsa Holbein - Mario Bonnard Maximilian von Wallenstein, ihr Sohn -

Text?Madame Dubarry (Die Maitresse des Königs (Arbeitstitel)), Regie: Ernst Lubitsch,Deutschland - 1919
Produktion: Projektions-AG Union (PAGU) - Produzent: Paul Davidson - Aufnahmeleiter: Carl Moos - Regisseur: Ernst Lubitsch - Drehbuch: Norbert Falk AKA Fred Orbing - Hanns Kräly - Kamera: Kurt Waschneck - Fritz Arno Wagner - Theodor Sparkuhl - Architekt: Karl Machus - Kurt Richter - Kostümbild: Ali Hubert - Darsteller: Reinhold Schünzel Staatsminister und Herzog von Choiseul - Paul Biensfeldt Kammerdiener Lebelle - Gustav Czimeg Herzog von Aiguillon - Alexander Ekert Schuster Paillet - Bernhard Goetzke - Eduard von Winterstein Graf Jean Dubarry - Magnus Stifter Spanischer Gesandter Don Diego - Robert Sortsch-Pla - Marga Köhler Madame Labille - Fred Immler Herzog von Richelieu - Emil Jannings König Louis XV. - Karl Platen Guillaume Dubarry - Pola Negri Jeanne Vaubernier, später Madame Dubarry - Else Berna Herzogin von Gramont - Wilhelm Kaiser-Heyl Kommandant der Schloßgarde - Harry Liedtke Medizinstudent Armand de Foix -
Inhaltsangabe : Das Pariser Lehrmädchen Jeanne lernt den Gesandten Don Diego kennen. Auf einem Ball kommt es zum Streit zwischen ihrem Freund, dem Studenten Armand und Don Diego. Armand tötet den Nebenbuhler und wird ins Gefängnis geworfen. Graf Dubarry, den Jeanne bei einem Dinner des Gesandten kennengelernt hat, nimmt sich ihrer an. Als er das Mädchen mit einer Petition an den Hof schickt, begegnet Jeanne Ludwig XV. Der König macht Jeanne zu seiner Mätresse und veranlasst eine Scheinehe mit dem Bruder des Grafen. Madame Dubarrys Einführung bei Hofe führt zum Eklat.
***
Paris, 1789: Die Pariser Modistin Jeanne verlässt ihre grosse Liebe Armand für eine Liebschaft mit dem Grafen Dubarry, der sie zu seiner Frau und bald auch zur Mätresse des Königs macht. Kurze Zeit später stellt sich das Volk gegen den König und stürmt die Bastille.
Armand wird während der Revolution zum Vorsitzenden des Volksgerichts und muss nun seine ehemalige Geliebte, Madame Dubarry, zum Tode verurteilen. Sein heimlicher Versuch, die grösste Liebe seines Lebens zu befreien, endet für Armand jedoch tödlich. Madame Dubarry landet auf dem Schafott und stirbt durch die Guillotine. (arte Presse)
***
Paris zur Zeit Ludwigs XV. Im Modesalon von Madame Labille arbeitet als Modistin die hübsche junge Jeanne, die ihren Studenten Armand über alles liebt. Eines Tages macht sie die Bekanntschaft des spanischen Gesandten Don Diego, der sie einlädt und verwöhnt.

Dieses Leben gefällt ihr, und so kommt es zwangsläufig zwischen ihm und Armand zum Streit, der in einem Duell endet. Dessen Ausgang wird freilich von Graf Dubarry beeinflusst, denn auch er will die kleine Näherin für sich haben. Armand wird verhaftet und Jeanne Dubarrys Geliebte. Doch diese Liaison dauert nicht lange; als Madame Dubarry wird sie die Mätresse des Königs und die mächtigste Frau im Lande. Wenig später erhebt sich das Volk und stürmt die Bastille. Während der Revolution wird Armand Vorsitzender des Volksgerichts und muss die Dubarry, seine ehemalige Geliebte, zum Tode verurteilen. Da er sie noch immer liebt, versucht er sie aus dem Kerker zu befreien und wird dabei selbst getötet. Die Dubarry landet auf dem Schafott. (www.filmportal.de)
Kritiken : «(...) Vom ersten Moment an fühlt man: das hat Berlin noch nicht gesehen, – eine Sensation! Diese Sensation verdankt es in erster Linie Herrn Direktor Davidson von der Projektions-A.-G. Union, der scharf-blickend genug war, die Anregung zur Bearbeitung dieses packenden Stoffes zu geben und dessen generöser Grosszügigkeit, was Ausstattung usw. anlangt, der glänzende Erfolg zu verdanken ist.

Der Werdegang der "Gräfin Dubarry", von der kleinen Midinette und Studentenliebchen über die Stationen: Gesandter und Graf zur Königs-Maitresse und mächtigsten Frau des ganzen Frankreich, zieht an uns vorüber, Verfasser sind Orbing und Kräly. Zuerst entzückt, rein äusserlich, das Kostüm der Zeit, die Echtheit des mit einer Akuratesse ohnegleichen gestellten Milieus, für das Kurt Richters Dekorationskunst verantwortlich zeichnet. Erst allmählich, wenn die erste Verblüffung über das Gebotene sich gelegt hat, macht man sich klar, wie hier "gedreht" worden ist – Sparkuhl ist der Operateur – was für Kopien Waschnek herzustellen vermocht hat und wie alles dies, zusammen mit der technischen Anlage, einer Gleichrichter-Anlage tadellosester Funktion, zusammengewirkt hat, um die Leistungen des Paares Negri-Lubitsch ins hellste Licht zu rücken. Ja, der Abend ist am besten gekennzeichnet als Ehrenabend Negri-Lubitsch. Lubitsch, den man als Regisseur von "Carmen" schon auf der Höhe seines Könnens glaubte, hat sich hier selbst übertroffen und alles bisher Geleistete vergessen gemacht vor dieser genialen Schöpfung. Es ist kein Zufall, dass sich bei der ersten Gelegenheit dem Publikum sein Name auf die Lippen drängte, dass man ihn feierte wie eine Primadonna, als sich ein Bild ans andere reihte, von neuartigen Regieeinfällen sprühend, – wir erinnern nur an die Szene hinter dem Wandschirm im Hause des spanischen Gesandten, an das Bild der Brautschleppe, die der Mohr glättet, an die unvergleichlichen Kampfszenen in den Strassen von Paris, das überhaupt leibhaftig vor den Augen des Kenners dasteht, an die Schäferspiele im Park von Trianon, und nicht zuletzt an die feine Idee, als Grossaufnahme nur Armand-Liedtkes Hände zu geben, wie sie sich in furchtbarer Seelenqual verkrampfen, Lubitsch ist nicht ein, sondern "das" Genie der Film-Regie und zweifellos der Erste, den wir heute haben. Ob Freund, ob Feind, wer "Gräfin Dubarry" sieht, muss das zugeben. » (Hb., Lichtbild-Bühne, Nr. 38. 20.9.1919)

«(...) Die französische Geschichte von "Boches" in die Sprache der Boches übersetzt! Die graziöse und leichte Epoche Ludwig XV., wieder erweckt durch die Herren vom Sauerkraut mit ihren kleinen runden Augen und ihren schweren Bäuchen! Die Heldenzeit unserer Revolution rekonstruiert durch diejenigen, denen man erst gestern den Stiefel in die Weichen stossen musste, damit sie sich eines einarmigen Hohenzollern entledigten! Ich weiss, dass die Pariser Filmwelt bei der Ankündigung dieses Beweises der teutonischen Lebenskraft nur die Achseln zucken und sagen wird: "Meinetwegen! Da ja für zwei Jahre die Boches-Films von dem Markt verbannt sind!" Ist das aber die richtige Politik und kann man sagen, dass die deutschen Films nicht existieren, weil sie nicht bei uns gezeigt worden sind? Nachdem ich die "Madame Dubarry" von der Union in Berlin gesehen habe, bedauere ich diesen patriotischen Entschluss unserer Theaterdirektoren, und ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn dieser Film – der wirklich ein grosser Film ist und in der Kunst der Filmwand eine hochzuschätzende Arbeit bedeutet – in Paris vorgeführt worden wäre, wo er ziemliches Aufsehen erregt hätte.
Dass ein Volk, dem wir soeben eine blutige Niederlage beigebracht haben, dass Leute, deren Moral erschüttert war, in weniger als einem Jahr nach dem Waffenstillstand einen derartigen Film hergestellt haben, der so wertvoll ist wie der, der jetzt den Italienern gezeigt wurde, das beweist, dass die Kinoindustrie allen zugängig ist und dass es unwahrscheinlich ist, dass wir nicht an die erste Stelle gelangen. Es ist unerlässlich, dass in Frankreich sich diejenigen, die sich irgendwie für den Film interessieren, ebenso alle diejenigen, die Millionen in diese Industrie hineingesteckt haben und alle diejenigen, die sich mit dem allgemeinen Wohlstand des Landes beschäftigen, sich darüber klar werden, dass das besiegte, verschuldete, von Rohmaterialen entblösste, entwertete Deutschland, sich mit allen Kräften in die Filmindustrie hineingeworfen hat, und sich so ein Mittel geschaffen hat, um den Weltmarkt zu bedrohen.

Man muss zugeben, dass die Sache sehr geschickt gemacht wurde unter der Flagge einer historischen Wiedererweckung. Der "Herr Doktor", der das Manuskript geschrieben hat, hat seine Sache sehr gut gemacht. Der ganze Film ist so hergestellt, dass man ein Frankreich sieht, welches ausgeraubt und wehrlos an den Lippen einer Dubarry hängt, die bis zur Proportion eines kleinen Ladenmädchens verkleinert ist. Das Land wird regiert durch einen Ludwig XV., der von zweifelhaften und unsauberen Edelleuten umgeben ist. Was die französische Revolution und die Erstürmung der Bastille betrifft, so werden diese Episoden von der Figur der Dubarry beherrscht. Weil also eine Frau einem König etwas Leidenschaft einflössen konnte, hat das französische Volk der Welt die Ära der Frau eröffnet.



So ist die "Madame Dubarry", wie sie die Union aus Berlin in Rom mit Beifall überschütten liess, denn dieser Film hat einen noch nie dagewesenen Erfolg gehabt. Die historische Wahrheit ist getreu respektiert worden und der Film erlaubt sich in der Beziehung nur wenig Freiheiten. Der Trick ist einfach der, nur einen kleinen Ausschnitt aus der Geschichte zu zeigen und den Rest wegzulassen. Auf diese Weise und auch mit Hilfe der gewöhnlichen Schnitte kommt man vom Tode Ludwig XV. ohne Übergang zur Eroberung der Bastille und einer der grössten Momente der französischen Geschichte wird so auf das Ausmass eines sexuellen Abenteuers herabgedrückt.

Der ganze Film ist um so gefährlicher, als die Ausführung, abgesehen von einigen Irrtümern, bewundernswert ist. Man muss ihn studieren, sowohl vom technischen als auch vom theatralischen und künstlerischen Standpunkt aus und man wird immer finden, dass der Dubarry-Film der Union aus Berlin sich als ein schöner Film darstellt, von dem es allerdings übertrieben ist, wenn man sagt, dass er den Wert von "Cabiria" erreicht, aber dessen Qualitäten man nicht ableugnen kann. Der Film ist szenisch sehr gut gegliedert. Der Zuschauer ist immer interessiert und atemlos gespannt. Die Bewegungen der Masse sind in dem ganzen letzten Teil einwandfrei geregelt. Der Sturm auf die Bastille und die Hinrichtung der Dubarry bieten schöne und mächtige Bilder.

Bei genauerer Betrachtung jedoch – ich habe mir den Film zweimal angesehen – schwächt sich der erste Eindruck fühlbar ab. Die Schauspieler, deren Spiel im allgemeinen sehr nüchtern und einstudiert ist, erscheinen deplaziert. Das sind Deutsche, und wie sehr sie sich auch Mühe gegeben haben mit der Nachahmung, sie haben nichts von dieser Grazie und Weichheit, welche die ganze Epoche Ludwig XV. charakterisieren und für die lateinische Rasse typisch sind. Im Gegensatz dazu hat Fräulein Pola Negri, welche die Rolle der Dubarry spielt, eine nicht nur bemerkenswerte, sondern auch durchdachte und des Lobes würdige Leistung vollbracht. Man versichert mir freilich, dass sie keine Deutsche ist, sondern Italienerin. (Falsch: Pola Negri war Polin)

Nach diesem ersten Erfolg künden uns die Deutschen mit grossen Reklametiteln eine nach dem Roman von Prosper Mérimée hergestellte "Carmen" an, ein "Veritas vincit", das eine historische Trilogie zu sein scheint, und eine "Austernprinzessin", deren Titel nicht des Geschmacks ermangelt. 200 andere Filme sollen unmittelbar hinterher auf den italienischen Markt geworfen werden und alles wird zu Preisen angeboten, die jeder Konkurrenz spotten. (...) » ( Jacques Piétrini, La Cinématographie Française, Nr. 9/1920, zit. nach Lichtbild-Bühne, Nr. 15, 10.4.1920) zitiert nach www.filmportal.de
Anmerkungen: "Der 1919 im revolutionären Nachkriegsdeutschland mit grossem Aufwand gedrehte Historien- und Ausstattungsfilm machte die Schauspieler Jannings und Negri zu den ersten Weltstars des deutschen Kinos. Lubitsch wusste die melodramatische Handlung mit Ironie zu brechen und demaskierte so die menschlichen Schwächen von Herrschenden und Beherrschten. Seine formale Meisterschaft zeigt sich in der Verbindung von intimem Kammerspiel und stimmungsvollen Massenszenen." (Kommunales Kino, Freiburg, 1998)

«Der Berliner Regisseur Ernst Lubitsch gehört zu den "unbestrittenen Meistern der Filmkomödie", so der Filmdienst über den legendären Filmregisseur. Er beherrschte die Kunst der subtilen Andeutung und der Mehrdeutigkeiten wie kaum ein anderer. Sein Filmrepertoire umfasst slapstickhafte Possen wie "Die Austernprinzessin" (1919), elegant-ironische Literaturverfilmungen ("Serenade zu dritt", 1933; "Blaubarts achte Frau", 1938; "Ninotschka", 1939) und gesellschafts- und zeitkritische Filme wie "Sein oder Nichtsein" (1942) oder "Cluny Brown auf Freiersfüssen" (1947).

Mit seinem Film "Madame Dubarry" verarbeitete Lubitsch ein Stück Weltgeschichte. Indem er den historischen Stoff als Tragikomödie inszenierte, machte er ihn für die Masse der Kinogänger attraktiv. In "Madame Dubarry" entscheiden nicht Politik und Raison über den Gang der Weltgeschichte, sondern Erotik und Luxus.

Der Aufstieg der Näherin Marie-Jeanne Bécu gleicht einem Märchen: Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen und steigt zu einer der bedeutendsten Frauen Frankreichs auf. Diesen Aspekt der Geschichte fängt Lubitsch in der Eingangssequenz mit romantisch-verspielten und heiteren Bildern ein, die in deutlichem Kontrast zum tragischen Ausgang der Geschichte stehen. Lubitsch interessiert sich weniger für die exakten historischen Ereignisse als für die von ihm liebevoll gezeichneten Figuren und deren Laster, die den Zuschauer zur Identifikation einladen.

"Madame Dubarry" überzeugt als aufwendig gedrehter, imposanter Kostümfilm mit eindrucksvollen, historischen Gewändern, aber vor allem auch durch die Brillanz der Hauptdarsteller. Pola Negri und Emil Jannings in den Rollen der koketten, vor Lebensfreude überschäumenden Madame Dubarry und des lüsternen Louis XV., verleihen dem Film seine sprühende Vitalität.» (arte Presse)

Aufstieg und Fall der Madame Dubarry: von der kleinen Näherin zur Geliebten des Königs zum Tod auf dem Schafott. In diesem historischen Drama zeigt Lubitsch seine Bravour im Umgang mit Materie und Figuren. Zur Zeit seiner Entstehung beeindruckten besonders die Massenszenen sowie die darstellerischen Leistungen von Pola Negri und Emil Jannings. (Locarno 2010)

Nordlandrose (Nordlandsrose), Regie: Curt A. Stark,Deutschland - 1914
Produktion: Messter-Film GmbH, Berlin - Produzent: Oskar Messter - Regisseur: Curt A. Stark - Darsteller: Henny Porten Helga - Hans Felix Fischer Gerhard - Curt A. Stark Lotse Rolf - Rudolf Biebrach Grossvater Karas - Frida Richard Tante Anna -
Inhaltsangabe : Lotse rettet ihren Geliebten, falls sie ihn heiratet. Er will beide töten, da sie nicht will, und kommt dabei selbst um. (German Early Cinema)

«Irgendwo am Meer in Nordeuropa. Die Nordlandrose, das ist Helga. Sie steht zwischen zwei Männern. Da ist einmal der Fischer Gerhard, den sie liebt und der auch sie liebt. Aber da gibt es auch noch den Lotsen Rolf, und der will sie unbedingt heiraten. Als Gerhard um ihre Hand anhält weist sie ihn zurück. Da gerät eines Tages ein Mensch in Gefahr, und der Lotse könnte ihn retten. Es ist der Fischer. Doch Rolf ist nur dann dazu bereit, wenn die Nordlandrose ihn endlich erhört und einwilligt, seine Frau zu werden. Und so entscheidet sie sich denn, der höheren Bedeutung wegen, für Rolf und gegen ohne wahre Liebe Gerhard.

Dieser sieht nun ein, dass er Helga an Rolf verloren hat, doch sie erkennt, dass auf dieser Entscheidung kein Segen liegt. Helga fleht Rolf an, sie von ihrem Versprechen zu entbinden, doch dazu ist dieser nicht bereit. Und so entscheidet sich die Frau kurz vor der anstehenden Hochzeit, mit ihrer einzigen Liebe Gerhard, der sich gerade fortbegeben will, durchzubrennen. Auf der Flucht an Bord eines Bootes scheinen sie endlich sicher, doch erst auf hoher See erkennt das Liebespaar, wer der Schiffsführer ist: Rolf ! Es kommt zum Zwist, der Lotse verliert die Kontrolle und kracht mit dem Boot auf einen Felsen. Dabei kommt er ums Leben, und Helga ist endlich frei für ihren Gerhard.» (wikipedia)
Kritiken : «Henny Porten spielt in ihrer Serie das Drama „Nordlandsrose“, eine sehr spannende Schiffergeschichte. Photographisch st der Rahmen des Filmspieles wie immer in der Messterfabrikation vorzüglich gewählt. Die Meeresumgebung zeitigt allein schon wundervolle Stimmung. (…) Henny Porten steht über ihrer Aufgabe; die Genialität dieser Schauspielerin erdrückt die Gestalt dieser Nordlandsrose. Aber ihre Tragik weiss zu packen und zu fesseln... (…) Diese Gestalt wirkt tragisch gross und unser Mitleid für die Arme wächst in das schmerzvoll Niederschmetternde, weil trotz allen Unheil doch die gute Absicht des Weibes heraussticht. (…) Das Zusammenspiel Henny Portens mit den Herren Stark und Felix ist glänzend abgerundet und stilvoll.» (Kinematographische Rundschau vom 24. Januar 1915. S. 47 f.)

Text?Protéa Regie: Victorin-Hippolyte Jasset,Frankreich - 1913
Produktion: Société Française des Films Éclair - Regisseur: Victorin-Hippolyte Jasset - Kamera: Lucien Andriot - Darsteller: Jacques Feyder Un Diplomate - Josette Andriot Protéa - Lucien Bataille L'Anguille - Charles Krauss Baron de Nyborg - Henri Gouget Monsieur de Robertsau - Mévisto Aubergiste - Émile Chautard le ministre de Celtie - Colas - Camille Bardou un policier - Gilbert Dalleu un policier - Édouard Pinto (AKA Teddy) -
Inhaltsangabe : Protea (Josette Andriot) ist eine Abenteurerin, die sich als Spionin von einem Fantasiestaat anheuern lässt, um einen Geheimvertrag zweier anderer Staaten in die Hände zu bekommen. Protea trägt mit gleicher Eleganz prunkvolle Abendkleider und schwarze enganliegende Ganzkörperanzüge. Josette Andriot verkörpert in ihrer Rolle einen neuen Frauentyp: die femme fatale. (stummfilmfestival-karlsruhe.de)

Text?Sangue Blu (Die Fürstin von Monte Cabello), Regie: Nino Oxilia,Italien - 1914
Produktion: Celio Film, Roma - Verleih: Celio Film, Roma - Regisseur: Nino Oxilia - Drehbuch: Guglielmo Zorzi - Story : Alberto Fassini - Kamera: Giorgino Ricci - Darsteller: Francesca Bertini Elena di Montvallon / Mira van Monte Cabello - Amedeo Ciaffi - Anna Cipriani Diana / Liane - Angelo Gallina Egon di Montvallon / Egon van Monte Cabello - Andrea Habay Jacques Wilson - Fulvia Perini Contessa Simone de la Croix - Elvira Radaelli -

Sodom und Gomorrha Regie: Michael Curtiz,Österreich - 1922
Produktion: Sascha Filmindustrie, Wien - Regisseur: Michael Curtiz AKA Michael Kertesz - Drehbuch: Ladislaus Vajda - Michael Curtiz AKA Michael Kertesz - Kamera: Gustav Ucicky - Franz Planer - Architekt: Hans Rouc - Julius von Borsody - Stefan Wessely - Darsteller: Lucy Doraine - Georg Reimers - Walter Slezak - Victor Varconi (AKA Michael Varkonyi) - Leo Slezak - Willi Forst Extra (/xx/) -

Text?Tabu Regie: Friedrich Wilhelm Murnau,USA - 1931
Produktion: Robert J. Flaherty - Friedrich Wilhelm Murnau - Paramount Pictures, Inc. - Regisseur: Robert J. Flaherty - Friedrich Wilhelm Murnau - Drehbuch: Robert J. Flaherty - Friedrich Wilhelm Murnau - Kamera: Floyd Crosby - Robert J. Flaherty - Musik: Hugo Riesenfeld - Weiteres Team: Edgar G. Ulmer Postproduction - Darsteller: Hitu Der alte Häuptling - Jules Der Kapitän - Kong Ah Der Chinese - Matahi Der junge Mann - Reri Das junge Mädchen -
Inhaltsangabe : Als junges Liebespaar leben Reri und Matahi glücklich auf einer Südsee-Insel. Der alte Priester bestimmt, dass Reri zur Priesterin geweiht werden soll und dadurch für alle Männer tabu wird: sie muss sich von Matahi trennen. Doch die beiden Liebenden fliehen auf eine andere Insel, wo sich Matahi als Perlentaucher verdingt. Aber der alte Priester spürt sie auch dort auf, und um Matahis Leben zu retten, besteigt Reri freiwillig das Boot, das sie zurückbringen soll. Matahi versucht, das Boot einzuholen, doch der alte Piester kappt das Tau, Matahi wird im Meer ertrinken ...
Kritiken : "Dieser Film ist schon so oft in den Cahiers du Cinéma gepriesen worden, daß zukünftige Filmhistoriker hoffentlich anerkennen werden, welchen Anteil unsere Zeitschrift daran hatte, das vorschnelle Urteil der Zeitgenossen über den größten aller Filmemacher zu revidieren. Wenn es auch eigentlich nicht mehr nötig ist, so will ich doch noch einmal darauf hinweisen, daß es sich bei TABU eindeutig um das Meisterwerk seines Regisseurs handelt, um den größten Film des größten aller Filmemacher. Es ist ein beliebtes und unverbindliches Gesellschaftsspiel, persönliche Hitlisten aufzustellen. Ich möchte in mein Urteil jedoch meine Persönlichkeit eines Filmkritikers einbringen, der das Kino nicht nur liebt, sondern auch beweisen will, daß es sich dabei um eine Kunst, um die Kunst unserer Zeit handelt. Ich möchte beweisen, daß TABU einer der Höhepunkte der Kunst an sich ist. Wenn ich nur einfach belegen wollte, daß es sich bei Murnaus letztem Film um den besten Dokumentarfilm, um die schönste Liebesgeschichte oder um das eigenwilligste Filmwerk handelt, müßte ich vielleicht fürchten, daß mir die Argumente ausgehen. Wenn ich den deutschen Regisseur also mit Sophokles und Praxiteles vergleiche, anstatt mit Eisenstein, Griffith oder Renoir, so ist dies nicht Zeichen meiner Verwegenheit, sondern es geschieht aus Vorsicht. Das tahitische Paradies des Films hatte vierzig Jahre zuvor Paul Gauguin, dem Meister der modernen Malerei, als Refugium gedient. Anders als dieser freiwillige Exilant, der die abendländische Kunst und ihr arisches Schönheitsideal in Grund und Boden verdammte, baute der deutsche Filmemacher seine Kamera dort als Botschafter unserer Kultur auf. Ich kenne kein anderes Kunstwerk des 20. Jahrhunderts, das deutlicher den Stempel des abendländischen Geistes trägt, kein Werk, in dem die Gesten und die Blicke der Menschen von jener Größe sind, die die Halbgötter der Ilias oder die Helden des Nibelungenliedes auszeichnet. Niemand bestreitet, daß TABU in seinem Bild von Tahiti verfälschend ist. Aber welche Rolle spielt das, angesichts einer Exotik, die mein europäisches Wesen stärker als jedes andere Werk unserer Zeit zum Vibrieren bringt und mein Herz da erobert, wo Gauguin nur dem Intellekt schmeichelt? »Von der Natur sollten wir nichts kennen, als was uns unmittelbar lebendig umgibt«, sagt Goethe in den Wahlverwandtschaften. Unsere heutige Malerei, Literatur und Musik versuchen aufs Kräftigste diese bewundernswerte, vor Beliebigkeit warnende Formel zu widerlegen. Einzig die Kunst, deren Lob ich hier singe, vermag es dank ihrer strotzenden Gesundheit noch, uns glauben zu machen, daß die Zeiten, in denen sich die zivilisiertesten Völker ihre Götter nach ihrem eigenen Ebenbild schufen, noch nicht vorbei sind. Ich würde mich ja nicht darüber empören, daß RASHOMON heute TABU vorgezogen wird, wenn ich darin nicht gerade ein Zeichen des Selbsthasses unserer Zivilisation sehen würde, den Gauguin als einer der ersten in uns angelegt hat. Man möge mir verzeihen, daß ich im Zusammenhang mit TABU Kriterien anlegen mußte, die einem Filmkritiker normalerweise als Hochmut angerechnet werden würden." (Maurice Schérer [= Pseudonym von Eric Rohmer], in: Cahiers du Cinéma nº21, März 1953) / zitiert nach Bonner Kinemathek
Anmerkungen: Der Film wurde am 18. März 1930, einige Tage nach Murnaus Tod uraufgeführt. "'Tabu', das berühmte Stummfilm-Melodram von Friedrich Wilhelm Murnau, wurde an Originalschauplätzen in der Südsee gedreht. Die letzte Regiearbeit des bedeutenden Regisseurs wurde zu einer ungewöhnlichen und poetischen Mischung aus Spielfilm und ethnografischer Studie. Während der Dreharbeiten zu 'Tabu' kam es zwischen Murnau und seinem langjährigen Partner Robert J. Flaherty ('Nanuk, der Eskimo') zum Bruch. Noch vor der Premiere des Films verunglückte Murnau auf einer Autofahrt und starb am 11. März 1931 in einer Klinik in Santa Barbara, Kalifornien. Die Musik zu dem Stummfilm wurde Ende der 80er Jahre von der rumänischen Komponistin Violeta Dinescu neu komponiert und für den Film im Rahmen des Esslinger Stummfilm-Festes 1995 aufgezeichnet." (3SAT Presse) "Ich versuche, in jedem meiner Filme künstlerisches Neuland zu entdecken und neue künstlerische Ausdrucksformen zu finden. Im übrigen bin ich der Meinung, dass jeder Film, den der Regisseur wirklich erlebt, durchdringen wird, und jede Aufgabe, die sich nicht mit geldlicher Spekulation beschäftigt, weist auf die Zukunft." (F.W. Murnau) "Während der Entstehung des Tonfilms befand ich mich fern von der Zivilisation. Ich muss nun erfahren, wie die Lage ist und in welcher Richtung sich der Tonfilm entwickelt. Es ist lächerlich, behaupten zu wollen, dass der Tonfilm wieder verschwinden würde. Keine Erfindung, die sich als wertvoll erweist, wird je verworfen. Der Tonfilm bedeutet einen großen Fortschritt im Filmwesen. Unglücklicherweise kam er etwas zu früh - wir hatten gerade angefangen, uns mit dem stummen Film zurechtzufinden, waren im Begriff, die ganzen Möglichkeiten der Kamera auszunutzen, dann kam der Tonfilm auf, und die Kamera war vergessen, während Ideen entwickelt wurden, wie das Mikrophon zu gebrauchen sei." (F.W. Murnau)

The Three Ages Regie: Buster Keaton,USA - 1923
Produktion: Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) - Produzent: Joseph M. Schenck - Regisseur: Edward F. Cline - Buster Keaton - Drehbuch: Clyde Bruckman - Jean Havez - Joseph Mitchell - Kamera: Elgin Lessley - William C. McGann - Architekt: Fred Gabourie - Darsteller: Wallace Beery - Buster Keaton - Lillian Lawrence The Girl's Mother - Margaret Leahy - Horace Morgan - Joe Roberts -

Text?Von morgens bis mitternachts Regie: Karl Heinz Martin,Deutschland - 1920
Produktion: Ilag-Film (Isenthal und Juttke), Berlin - Regisseur: Karl Heinz Martin - Drehbuch: Herbert Juttke - Karl Heinz Martin - Nach einer Vorlage von: Georg Kaiser Drama - Kamera: Carl Hoffmann - Architekt: Robert Neppach - Kostümbild: Robert Neppach - Darsteller: Eberhard Wrede Bankdirektor - Roma Bahn Die Fremde: Tochter, Bettelmädchen, Kokotte, Maske, Heilsarmeemädchen - Elsa Wagner - Hans Heinrich von Twardowski Der junge Mann - Lotte Stein - Frida Richard Grossmutter - Erna Morena Die Frau des Kassiers - Adolf Edgar Licho Fetter Herr - Lo Heym - Hugo Döblin Trödler - Ernst Deutsch Der Kassier -
Inhaltsangabe : Eine Dame betritt eine Bank, um Geld abzuheben für den Kauf eines Gemäldes von einem Trödler. Doch der Bankdirektor verweigert ihr die Auszahlung. Eine flüchtige Berührung veranlasst den Kassierer, der von ihm angehimmelten Dame helfen zu wollen: Angereizt von der Vorstellung eines mondänen Lebens mit ihr, veruntreut der Bankangestellte eine Summe von 60.000 Mark und stiehlt sich mit dem Geld davon. Daraufhin sucht er die Dame im Hotel auf, um gemeinsam mit ihr ins Ausland zu fliehen. Diese lehnt sein Angebot jedoch unter Gelächter ab, zumal sie sich das Gemälde auch selbst leisten kann.

Am Boden zerstört macht sich der Kassierer auf den Weg nach Hause, wo ihn seine trübselige Familie und ein tristes Leben erwarten. Inzwischen wurde der Diebstahl in der Bank entdeckt. Sich der Gefahr bewusst, flieht der Kassierer auf die "Straße", durch den nächtlichen Schneesturm, in die nächstgelegene Stadt und entkommt damit der Polizei und dem Bankdirektor, die ihn auch zu Hause aufsuchen.

Beim Stadtbummel deckt sich der flüchtige Kassierer mit neuer, eleganter Kleidung ein, bevor er beim Sechstage(rad-)rennen im Sportpalast den wohlhabenden Lebemann spielt. Wieder unterwegs landet er in einem Tanzlokal und anschließend mit einer Kokotte und Champagner im Séparée. Von einem Seemann wird er außerdem in eine Kneipe geschleppt, wo ihn auch beim Kartenspiel seine Glückssträhne nicht verlässt.

Mittlerweile hat die Polizei die Fahndung ausgeschrieben. Eine Kapelle der Heilsarmee zieht durch die Stadt und lässt sich dort nieder. Gleichzeitig werden in dem kriminellen Kassierer melancholische Erinnerungen an seine Familie sowie Ängste vor dem Gefängnis wach, was den Reumütigen schließlich dazu veranlasst, einem Heilsarmeemädchen seine Geschichte zu beichten.

Daraufhin verteilt er das restliche Geld unter den Armen, die sich gierig auf die üppige Beute stürzen. Doch seine Bußemaßnahmen können den Banditen nicht retten: Kurz vor Mitternacht schwärzt ihn das Mädchen von der Heilsarmee bei einem Polizisten an. Die Festnahme des Kassierers steht bevor, doch dieser präferiert erneut die Flucht, diesmal aber die ins Jenseits ... (arte Presse)
Kritiken : Vereinigung Münchener Filmkritiker

«[...] Als zweite Sondervorstellung für die Vereinigung sah man im Vorführungsprogramm der Regina-Lichtspiele den in Süddeutschland noch unbekannten Ilag-Film nach Kaisers "Von Morgen bis Mitternacht". Damit nähert sich der Expressionismus den wesenhaften Möglichkeiten des Films schon viel mehr als im "Caligari": dingliche und schauspielerische Darstellung gehen einheitlich zusammen, wobei freilich immer noch diesem Zusammengehen von aussen her malerisch (mit aufgesetztem Weiss) nachgeholfen wird. Jedenfalls aber erscheint der photographische Naturalismus in diesem Regiewerk K.H. Martins glücklich überwunden und damit in der Entwicklung des Films aus seiner Reproduktionstechnik zu künstlerischer Formung ein weiterer Schritt getan. Welche Münchener Lichtspielleitung wird sich das Verdienst sichern, mit der öffentlichen Vorführung bahnbrechend voranzugehen? » (Quelle: Film-Kurier 4.Jg., Nr.31, 4.2.1922)

Von Morgens bis Mitternachts

«(...) Das Manuskript, von Martin selbst und Herbert Juttke bearbeitet, wurde streng auf dem Grundriss des Dramas errichtet. Nur die Frauengestalten waren in eine einzige Figur vereinheitlicht. Martin wollte vom Individuellen weg - ein Zeitlos-Ewiges war der Blickpunkt. "Ein Kassierer", "ein Mädchen", "eine Mutter" erscheint - keine private Gestalten.

(...) Martin hat die Intensität des Vorgangs stark herausgearbeitet. Die Gestalten sind auf wenige, stark betonte Züge inszeniert. Der Rhythmus ihrer Existenz in die Gebärde verlegt. Die Darstellung ist aus der Dynamik der Handlung heraus konstruktiv gestaltet. Dadurch wird die Szene seelenlos. Der Architekt Neppach hat schwarz-weiss gearbeitet, Figurinen, Landschaften, Inneneinrichtung - alles ist auf lineare Grapikwirkung gestellt, auf die Bewegungswirkung von Flächen und Linien, Hell und Dunkel. Der Weg in die Nacht, im Winterbaum: eine weisse Schlange in dunkle Flächen gepresst: und davor ein Baum, massig, Spiel gereckter Äste. Der Operateur Hoffmann hat die Photographie auf die Absicht des Malers eingestellt: es kommt alles Grau in Grau heraus. Die Figuren haben ihre organische Form abgestreift, sind Teile, Formelemente des dekorativen Gedankens, gestalten den Bildraum mit, werden durch Lichtflecke und Streifen zerrissen, die ihnen aufgemalt sind. (...) Der Film ist nicht zur Aufführung gekommen. In Japan soll er Erfolg gehabt haben.» (Quelle: Rudolf Kurtz: Expressionismus und Film, Berlin 1926 (ND Zürich 2007), S.66-70.)
Anmerkungen: «Als attraktive Dame betritt Erna Morena eine Bank, um einen grossen Betrag abzuheben, der ihr allerdings vom Bankdirektor, der sie für eine Hochstaplerin hält, verweigert wird. Der Kassierer ist fasziniert von ihr, denn sie verkörpert für ihn Luxus, freie Lebensgestaltung und Lustversprechen. Er setzt sein kleinbürgerliches Leben aufs Spiel. Erna Morena wird hier als Stereotyp der grossbürgerlichen Dame eingesetzt: ihre für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Körpergrösse, ihre grazile Fragilität und das für sie typische Spiel mit ihren schmalen langen Händen kam dem expressionistischen Stilwillen des Regisseurs entgegen. »Der Regisseur wollte vom Individuellen weg – ein Zeitlos-Ewiges war der Blickpunkt … Die Figuren haben ihre organische Form abgestreift, sind Teile, Formelemente des dekorativen Gedankens, gestalten den Bildraum mit, werden durch Lichtflecke und Streifen zerrissen, die ihnen aufgemalt sind.« (Rudolf Kurtz) (Filmmuseum München)

«Einer der wenigen reinen expressionistischen Filme, mit verzerrten Kulissen, harten Kontrasten und stilisiertem Spiel der Darsteller. Erzählt wird die Geschichte vom Kassierer einer Bank, der Geld stiehlt, um sich in die Vergnügungen der Grossstadt zu stürzen. Der Film kam seinerzeit nicht in die deutschen Kinos, sondern erlebte seine Uraufführung in Japan, wo sich die einzige Kopie erhalten hat. Die in der originalen Grafik rekonstruierten Zwischentitel wurden vom Filmmuseum München in den Film eingefügt.» (Stummfilmtage Bonn)

«Als das Paradigma des expressionistischen Films gilt scheinbar ohne Zweifel und Konkurrenz "Das Cabinet des Dr. Caligari". Doch zum Bild der Epoche gehören ebenso die Widersprüche und Brüche, die vergessenen, von der Kritik abgelehnten oder kommerziell erfolglosen Filme: "Von morgens bis mitternachts" war ein solcher Film - kein Produkt der Großfilmbranche, sondern ein Low-Budget-Projekt, initiiert von dem Theatermacher Karlheinz Martin. Dieser hatte das gleichnamige expressionistische Bühnenstück von Georg Kaiser über die Verlockungen der Straße und Stadt aus dem Jahre 1912 bereits auf der Bühne inszeniert. Zusammen mit Freund Herbert Juttke, dem Teilhaber einer kleinen Produktionsfirma, schrieb Martin das Drehbuch. Gedreht wurde in den Theaterpausen mit einem Team, das die Inszenierungsideen des Regisseurs mittrug und sich vor allem zu seinen kunstrevolutionären Parolen bekannte - von der Kunst als Imperativ der Freiheit und dem Gestaltungsrecht des Künstlers. Die Filmcrew samt Darsteller arbeiteten zur Entstehungszeit des Films mit Martin zusammen oder kannten ihn von früheren Kooperationen her. Auch Freunde wirkten als Laiendarsteller mit, zum Beispiel der Dichter Max Herrmann und dessen Frau Leni.

In "Von morgens bis mitternachts" sollte eine deformierte Welt deformiert gezeigt werden. Jedoch wirkte der Film zu Beginn der 20er Jahre so schrill, fremd und unkonventionell, dass selbst das schockgewohnte Berliner Metropolenpublikum sich ihm verweigerte und er erst recht nicht die oberschlesische Provinz erreichte. Weil der Regisseur die bildlichen Elemente des "Caligari" sowie den Expressionismus selbst bis an ihre logische Vollendung trieb und so weit über Zeit und Stil hinausging, fand "Von morgens bis mitternachts" kaum Publikum, außer in Japan, dem Land des Holzschnittkünstlers Hiroshige und des No-Theaters.

Martin bezog die Mittel seiner Inszenierung nicht nur aus der Interpretation des Theaterstücks oder aus dem Widerspruch gegen das bürgerliche Repertoiretheater und der Erprobung neuer Spielstätten. Der Film kann auch als Auseinandersetzung mit den zeit- und materialbedingten Beschränkungen des Mediums verstanden werden. "Von morgens bis mitternachts" ist unräumlich, unfarbig und stumm; doch gerade diese Mängel sollten nicht verborgen oder gar künstlich kaschiert, sondern sichtbar gemacht werden. Angekündigt als "der erste Film, der in den Urfarben Schwarz und Weiß abrollt", wurde das Bewegungsbild in die reine Antithese Schwarz-Weiß eingezwängt - wohl im Hinblick auf die generelle Unfarbigkeit des damaligen Films, die hier in letzter Konsequenz durchgespult und -gespielt werden sollte. "Von morgens bis mitternachts" ist der Versuch des experimentierfreudigen Martin, einen sprachlich so eigenwillig präformierten Text optisch neu zu organisieren. Entstanden ist ein Film, dessen Stärke in seiner einzigartigen Bildhaftigkeit liegt: Es wurden Bilder geschaffen, die das Wort fast gänzlich zu verdrängen vermochten und sich durch ihre schlagwortartige Gestaltung einprägen mussten.
"Von morgens bis mitternachts" war zu seiner Zeit offenbar nur in Privat- und Sonderaufführungen gezeigt worden. Lange Zeit danach galt der Film als verschollen, bis 1962 eine Kopie in Japan auftauchte. Ein Jahr später wurde der Film dann erstmals öffentlich in Ostberlin aufgeführt. Das Filmmuseum München nahm sich der Rekonstruktion des expressionistischen Stummfilms an.x (ARTE Presse)

Wege zu Kraft und Schönheit (Ein Film über die moderne Körperkultur), Regie: Nicholas Kaufmann,Deutschland - 1924
Produktion: Universum-Film AG (UFA), Berlin - Regisseur: Wilhelm Prager - Nicholas Kaufmann - Drehbuch: Wilhelm Prager - Nach einer Vorlage von: Friedrich Wolf - Kamera: Eugen Hrich - Friedrich Paulmann - Friedrich Weinmann - Musik: Giuseppe Becce - Darsteller: La Jana - Eve Liebenberg - Leni Riefenstahl - Hertha von Walther - Johnny Weissmuller Johnny Weissmuller - Jenny Hasselqvist - Camilla Horn (/xx/) -
Anmerkungen: Dokumentarfilm mit Spielszenen, eine Neufassung entstand 1926 mit circa 60% neuem Material.

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