Locarno Filmfestival 2009 - KinoTV

Alle Filme


Text?(500) Days of Summer Regie: Marc Webb,USA - 2008
Produktion: Watermark Productions - Regisseur: Marc Webb - Drehbuch: Scott Neustadter - Michael H. Weber - Kamera: Eric Steelberg - Musik: Mychael Danna - Rob Simonsen - Schnitt: Jim Eberle - Ausstattung: Laura Fox - Kostümbild: Hope Hanafin - Darsteller: Joseph Gordon-Levitt - Zooey Deschanel - Geoffrey Arend - Chloe Grace Moretz - Matthey Gray Gubler - Clark Gregg -
Inhaltsangabe : Ein Mann verliebt sich in eine Frau. Tom (Joseph Gordon-Levitt), ein eingefleischter Romantiker, möchte Architekt werden, schreibt zurzeit aber noch Standardtexte für amerikanische Glückwunschkarten. Summer (Zooey Deschanel), die neue Sekretärin seines Chefs, glaubt nicht an die Liebe. Wie ein moderner Don Quijote rüstet sich Tom für den Angriff, um das Herz der jungen Frau zu erobern. Wieder und wieder. Vor allem, weil sie so viel gemeinsam haben, um glücklich zu werden: Sie lieben die Smiths, Magritte, und beide haben in Jersey gewohnt. Während 500 Tagen beginnen sie ihre Geschichte, beenden sie, nehmen sie wieder auf. Erzählt wird das alles aus der Sicht von Tom, der nie sein Vertrauen in die Liebe verliert. Mit kleinen Zeitsprüngen und anderen erzählerischen und visuellen Pirouetten – eine Ballettszene à la Jacques Demy eingeschlossen – zeichnet 500 Days of Summer das kaleidoskopische Porträt einer Generation zwischen Zynismus und Hoffnung. (Festivalkatalog Locarno 2009)

Text?Akadimia Platonos Regie: Filippos Tsitos,Griechenland - 2009
Regisseur: Filippos Tsitos -
Inhaltsangabe : eden Tag zieht Stavros die Metalljalousien seines Kiosks hoch, hängt die Zeitungen vor den Laden, rückt die Stühle zurecht, auf denen seine Freunde und er den ganzen Tag über sitzen werden – mit Blick auf eine hässliche Kreuzung, umgeben von grauen Gebäuden, die ihre Läden beherbergen. Auf dem Gehsteig gegenüber bellt ihr Hund Patriot jedes Mal, wenn ein Albaner vorbeigeht – was sie mit grossem Stolz zur Kenntnis nehmen. Stavros und seine Freunde mögen nämlich keine Fremden – auch wenn sie die Arbeit machen, welche die Griechen verweigern – und auch nicht die Chinesen, die sich im Viertel niederlassen. Am Eingang der Verkaufsbude sitzt Stavros' Mutter trübsinnig in einem Sessel, und das obwohl ihr Sohn sich mit aller Liebe und Sorgfalt um sie kümmert. Dieses Einerlei gerät eines Tages abrupt aus dem Lot, als diese in die Arme eines albanischen Arbeiters fällt und auf Albanisch «Mein Sohn!» ruft. Aber ja, was weiss Stavros denn schon von seinen Eltern? Seine Mutter hatte ihm immer erzählt, dass – als sein Vater im Norden verstarb – sie sich in Athen niederliessen, als er ein Jahr alt war. Alle um Stavros betrachten ihn nun mit misstrauischem Blick: Ist er nun Grieche oder Albaner? Hat er immer noch das Recht, den kleinen rassistischen Abzählreim zu singen: «Albaner, Albaner, du wirst nie ein Grieche sein…» Akadimia Platonos verdankt seinen Namen dem gleichnamigen Viertel – wo einst die Akademie Platons stand. Hier inszeniert der Regisseur seine apathischen Figuren, voller Vorurteile über die Immigranten, mit einer Mischung aus Humor und Verzweiflung. Der Himmel ist praktisch nie zu sehen auf den Bildern von Filippos Tsitos – dafür bleibt die Kamera den Figuren auf den Fersen und legt ihre Fehler unerbittlich offen. Gleichzeitig hören die verschiedenen Protagonisten dieselben Rocksongs und sind – über ihre Nationalität hinaus – vereint durch diese Musikkultur, die keine Grenzen kennt. Vielleicht lässt sich ja doch noch ein Fünkchen Weisheit finden in diesem Viertel von Platons Akademie? (Locarno 2009 Festival Katalog)

Text?Akira Regie: Katsuhiro Otomo,Japan - 1988
Produktion: Kodansha - Regisseur: Katsuhiro Otomo - Drehbuch: Katsuhiro Otomo - Izo Hashimoto - Kamera: Katsuji Misawa - Musik: Shoji Yamashiro - Architekt: Kazuo Ebisawa -
Inhaltsangabe : In einem Neo-Tokio, das von Bandenkriegen und vom Drogenhandel beherrscht wird, muss sich Tetsuo nach einem Motorradunfall zahlreichen Tests unterziehen. Die Wissenschaftler entdecken, dass der Geist Tetsuos demjenigen von Akira gleicht – einem Jungen mit übernatürlichen geistigen Fähigkeiten, die der eigentliche Grund für die Zerstörung Tokios vor rund 30 Jahren waren. Akira, dieser bahnbrechende Kino-Anime, wurde mit dem Silver Scream Award am Amsterdam Fantastic Film Festival ausgezeichnet. (Festival Locarno 2009 Katalog)

Text?Au Voleur Regie: Sarah Leonor,Frankreich - 2009
Regisseur: Sarah Leonor -
Inhaltsangabe : Isabelle unterrichtet Deutsch in einem Gymnasium in der Pariser Banlieue. Sie ist Aushilfslehrerin und geht dorthin, wo man sie braucht. Bruno seinerseits schlägt sich mit kleinen Delikten durch: Einbrüche, Autodiebstahl. Dieses Einerlei endet an dem Tag, als ein Fahrzeug Isabelle vor dem Café anfährt, in dem Bruno gerade ein Sandwich isst. Er nähert sich ihr und zögert, ob er ihr die Armbanduhr stehlen oder einfach helfen soll. Er fasst nach ihrem Arm, um sich die Uhr zu greifen, als sie ihr Bewusstsein wiedererlangt. Diese kurze Berührung reicht, um in beiden gegenseitige Anziehung auszulösen. Isabelle will Bruno wiedersehen. Sehr schnell verlieben sie sich ineinander und reden sich ein, sie könnten gemeinsam glücklich werden. Bruno hat allerdings nicht vor, sich zähmen zu lassen, und verdient seinen Lebensunterhalt weiterhin auf illegale Art und Weise. Als ihm eines Tages aufgrund eines Missgeschicks eines Kumpels die Polizei auf die Schliche kommt, flieht er mit Isabelle. Eine Verfolgungsjagd im Auto endet im Wald. Sie verlassen den Wagen, stossen immer tiefer in den Wald vor und leihen sich schliesslich ein Boot, um sich auf dem Fluss treiben zu lassen. Eine andere Welt tut sich ihnen auf: Abseits von Polizei und Gesetzen, von Zwängen und Gitterstäben, lassen sie ihrer Liebe freien Lauf und verlieren jegliches Zeitgefühl. Kann dieser letzte Versuch, die Gewalt der Welt so weit wie möglich von sich fernzuhalten, in etwas anderem als einer Tragödie enden? Sarah Leonor, Mitautorin des Drehbuchs, siedelt die Figuren Isabelle und Bruno (gespielt von Florence Loiret Caille und Guillaume Depardieu) zwischen Stadt und Natur an: Ersteres steht für die Gesellschaft und die Vergangenheit – das andere für die Rückkehr des Paars in den Garten Eden. Beide Protagonisten stehen nun in einem anderen Licht, die Kadrage zeigt sie befreit inmitten der Natur. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Blue Sofa Regie: Giuseppe Baresi,Italien - 2009
Produktion: Ultimo Minuto - Regisseur: Lara Fremder - Pippo Delbono - Giuseppe Baresi - Drehbuch: Lara Fremder - Kamera: Giuseppe Baresi - Schnitt: Valentina Andreoli - Darsteller: Pippo Delbono - Lucia della Ferrera - Nelson Lariaccia -
Inhaltsangabe : Blue Sofa – unter der Regie von Pippo Delbono, Lara Fremder und Giuseppe Baresi – kreist um eine seltsame Gewohnheit der Geschwister Baczynski: Dorota, Tadeusz und Mordechaj setzen sich jeden Tag – und das seit mehr als 30 Jahren – auf ein blaues Samtsofa, um zwischen 17 und 20 Uhr auf den Tod zu warten. Dank dieser Gewohnheit wiegen sie sich in der trügerischen Gewissheit, dass ihnen in der übrigen Zeit des Tages nichts Schlimmes zustossen kann. Doch ihr Bruder Leopold, der seit je von diesem Ritual ausgeschlossen bleibt, spioniert ihnen nach und wartet nur darauf, dass das Sofa endlich frei wird. (Festival Katalog Locarno 2009)

Text?Buben.Baraban Regie: Aleksej Mizgirev,Russland - 2009
Regisseur: Aleksej Mizgirev -
Inhaltsangabe : Yekaterina Artemovna (Natalia Negoda) ist 45 und hat kein einfaches Leben. Sie wohnt in einer kleinen Bergbaustadt und arbeitet als Bibliothekarin. Genau wie ihre einzige Freundin und Arbeitskollegin hat sie ein kleines Zimmer in einem Wohnheim gemietet. Mit ihrem mageren Lohn, der oft zu spät eintrifft, kommt sie kaum aus, und so verkauft sie illegal einige Bibliotheksbücher in einem nahe gelegenen Bahnhof. Eines Tages kommt ein Mann in Marine-Uniform mit ausgeprägtem Gemeinsinn in die Bibliothek und bringt ein solches Buch zurück, ohne Yekaterina zu erkennen, die es ihm verkauft hat. Sie verliebt sich in diesen Neuankömmling, und ihr Alltag scheint sich aufzuhellen, als dieser in ihr Wohnheim zieht. Das Schicksal will es auch, dass ihr Vater ihr eine Wohnung vererbt – und ein Lächeln huscht über Yekaterinas Lippen… Aber das Glück findet unvermittelt ein Ende, als der Geliebte ihrem illegalen Bücherhandel auf die Schliche kommt und sie wegen ihrer Freundin verlässt. Yekaterina erträgt ihr Schicksal nicht länger und beschliesst, sich dieses Mal zu rächen… Im Russland Ende der 90er-Jahre, das unter dem schwierigen Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft zu leiden hat, kämpft jeder auf seine Art, um sein Los zu verbessern. Yekaterinas Vater ist zwar schwer krank, arbeitet aber weiter in der Mine bis zu seinem Tod. Polizisten verfallen der Korruption, und Yekaterinas Geliebter stellt sich als weniger unschuldig heraus, als er vorgibt zu sein. Anhand der Schicksale seiner Protagonisten zeigt Regisseur Aleksei Mizgirev die Grenzen der menschlichen Widerstandsfähigkeit angesichts der Verzweiflung auf. Die Schauplätze in Buben. Baraban unterstreichen noch das Elend – das emotionale ebenso wie das materielle –, welches die Figuren in Bann schlägt: Der Winter ist kalt, die Landschaften grau, und die Körper bluten. Buben. Baraban ist ein dramatisches Porträt eines Russland, das eine bessere Zukunft anstrebt. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?La Cantante de Tango Regie: Diego Martinez Vignatti,Spanien, Frankreich - 2008
Regisseur: Diego Martinez Vignatti -
Inhaltsangabe : Die talentierte, schöne junge Helena (Eugenia Ramírez Miori) singt in Buenos Aires Tango. Als sie mit ihrer Gruppe einen Vertrag in einem angesehenen Theater der Stadt erhält, teilt ihr Partner, in den sie rasend verliebt ist, ihr mit, dass er sie nicht mehr liebt. Das bricht Helenas Herz, sie ertränkt ihren Kummer im Alkohol, bombardiert ihn mit Anrufen und verpasst in der Folge mehrere Proben. Nicht einmal der berufliche Erfolg vermag die Leere zu füllen, die sie nunmehr begleitet. Sie ist ausserstande, mit ihrem Kummer fertig zu werden, und da sie ihr früheres Leben nicht weiterführen kann, fährt sie zu ihrem Bruder nach Frankreich in der Hoffnung auf einen Neubeginn. Dort flüchtet sie sich in endlose Fahrradfahrten entlang den schroffen Klippen – und ruft ihren Ex-Partner immer noch ständig und ebenso erfolglos an. Kann sie die Trennung verkraften? Gelingt es ihr, im neuen Land ein neues Leben zu beginnen? Regisseur Diego Martínez Vignatti dekonstruiert die Erzählung, indem er Episoden aus dem Leben der Sängerin in Buenos Aires alterniert mit Szenen aus ihrem Leben in der Region Nord-Pas de Calais. Er stellt minuziös komponierte Einstellungen von Landschaften, die von den Wellen des Ozeans bestürmt werden, solchen von Buenos Aires bei Einbruch der Dunkelheit gegenüber. Betörende Tango-Lieder bestimmen den Rhythmus des Films. Jedes Lied trägt zum Fortschreiten der Erzählung bei, lässt uns die Figuren besser verstehen und macht die Gefühle der Hauptdarstellerin nachvollziehbar, ihre Sehnsucht, Leidenschaft, Traurigkeit oder Freude. Der lyrische und musikalische Reichtum des Tangos, virtuos vorgetragen von Eugenia Ramírez Miori, der Frau des Regisseurs, vereint die beiden Geschichten, ihre gemeinsame Vergangenheit, ihre Orte und ihre Farben. Mit La cantante de tango ist Diego Martinez Vignatti ein packender Film über eine Frau gelungen, die einen Ausweg aus einer fatalen Trennung sucht. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Chingisiyn Hoyor Zagal (Die zwei Pferde des Dschingis Khan), Regie: Byambasuren Davaa,Deutschland, ML - 2009
Produktion: Atrix Films GmbH - Regisseur: Byambasuren Davaa - Drehbuch: Byambasuren Davaa - Kamera: Martijn van Broekhuizen - Musik: Ganpurev Dagvan - Darsteller: Urna Chahar-Tugchi - Hicheengui Sambuu - Chimed Dolfor -
Inhaltsangabe : Wie kein anderes Lied beschreiben die Worte von Chingisiyn hoyor zagal (Die zwei Pferde des Dschingis Khan) die turbulente Geschichte der Mongolei. Für die Sängerin Urna ist dieses Klagelied Teil ihrer Identität, seit sie ihrer sterbenden Grossmutter versprach, den Geigenhals in Form eines Pferdekopfs, in dem die Verse eingraviert sind, in den Schoss der Familie zurückzubringen. Dieses typisch mongolische Instrument wurde während der chinesischen Kulturrevolution zerbrochen und ging verloren – nur dieser Teil blieb davon übrig. Urna macht sich in der Folge auf die Suche danach und gleichzeitig auf eine Reise, um ihr Land und ihre Wurzeln zu entdecken. In ihrem jüngsten Dokumentarfilm folgt die Regisseurin den Spuren der Sängerin durch die Landschaften der äusseren und inneren Mongolei. Unterwegs trifft sie Musiker, Schamanen und Geigenbauer, von denen jeder sein Wissen über die Geheimnisse des Liedes von den zwei Pferden Dschingis Khans preisgibt. (Festival Locarno 2009 Katalog)

Text?Complices Regie: Frédéric Mermoud,Frankreich - 2009
Regisseur: Frédéric Mermoud - Darsteller: Gilbert Melki - Emmanuelle Devos - Cyril Descours - Nina Meurisse - Joana Preiss -
Inhaltsangabe : Vincent (Cyril Descours) und Rebecca (Nina Meurisse), unbeschwerte, 18-jährige Jugendliche, verlieben sich gleich bei ihrer ersten Begegnung in einem Internetcafé. Zwei Monate später fischt man Vincents Leiche aus der Rhone, während Rebecca unauffindbar bleibt. Was ist geschehen? Der Film vermengt zwei Geschichten: die von Rebecca und Vincent, die sorglos im Prostitutiertenmilieu verkehren, und die von Inspektor Cagan (Gilbert Melki) und seiner Mitarbeiterin Mangin (Emmanuelle Devos), die deren Geschichte nachvollziehen und rekonstruieren wollen. Bei seinen Untersuchungen findet Cagan heraus, dass Vincent als Stricher arbeitete und im Internet Kunden warb. Als er Rebecca trifft, ändert er sein Leben nicht, sondern macht weiter, denn das «leichte» Geld lockt. Rebecca, die alles mit ihm teilen möchte, will ihn bei seinen Treffen zu begleiten. Schliesslich prostituieren sie sich zusammen, machen ihre Körper ohne Reue zu Geld. Der Inspektor befragt Vincents Kunden und Rebeccas Mutter, die sich um ihre verschwundene Tochter sorgt, und gerät dabei immer tiefer in ein Milieu, in dem Todesfälle an der Tagesordnung sind. Er verstrickt sich immer mehr, um die Mordfälle und Rebeccas Verschwinden aufzuklären. Sein eigenes Leben klingt in der Geschichte der beiden Jugendlichen an, was ihn verunsichert und zu einer dramatischen Entscheidung führt. Der Schweizer Regisseur Frédéric Mermoud – bisher bekannt für seine Kurzfilme – präsentiert hier seinen ersten langen Film, dessen Drehbuch er mitverfasste und in dem wieder Nina Meurisse ihr Talent unter Beweis stellen kann. Mermoud wechselt geschickt die Zeit- und Handlungsebenen rund um die Nachforschungen des Inspektors, der sich verbissen in seine Arbeit vertieft, bis er sich darin verliert. Der Regisseur bietet uns damit ein kriminalistisches Drama zwischen Investigation und Liebesgeschichte. (Locarno Festival 2009 Katalog)
Kritiken : «Was hält die Welt im Innersten zusammen? Das ungestüme Begehren oder die ordnende Kraft des Gesetzes? Frédéric Mermoud stellt in seinem ersten Spielfilm die unbekümmerte Leidenschaft eines jugendlichen Liebespaars der Einsamkeit zweier korrekter Polizisten gegenüber. Zusammengeführt werden sie durch die Leiche eines Strichers, die unweit von Lyon aus der Rhône gefischt wird. Die Suche nach der verschollenen Freundin des Toten führt immer tiefer in ein Milieu, wo hinter den feinen Fassaden der Rhônestadt schlüpfrige Dienstleistungen feilgeboten werden.(...)» (Reto Bühler, Züri-Tipp)

Text?La Donation Regie: Bernard Édmond,Frankreich - 2009
Regisseur: Bernard Édmond -
Inhaltsangabe : Doktor Rainville (Jacques Godin) ist als Landarzt im Städtchen Normétal tätig und hängt sehr an seiner Arbeit und seinen Patienten. Nun sucht er vorübergehend eine Stellvertretung. Die Notärztin Jeanne Dion aus Montreal (Elise Guilbault), knapp 40, meldet sich auf seine Anzeige. Eine Woche lang folgt sie dem Arzt auf seinen Hausbesuchen, in Heime und Krankenhäuser und beobachtet, wie nahe er seinen Patienten ist. Abends erzählt er ihr Anekdoten und die Familiengeschichten der Menschen, die er pflegt. Nach Doktor Rainvilles Abreise entdeckt sie selbst die Stadt, deren Umland und die Patienten – Menschen mit einem harten Leben, für die der Arzt nicht zuletzt auch die Rolle eines Zuhörers und Helfers spielt. In diesem abgelegenen Winkel der Provinz Québec mit ihren windigen und düsteren Landschaften wurde die Mine – der einzige grössere Betrieb in der Stadt – vor 30 Jahren geschlossen, was das Leben der Einwohner sehr schwierig machte. Die Ärztin lernt die Gegend mehr und mehr schätzen – die tiefe Melancholie, welche die verlassenen Dörfer ausstrahlen –, und sie entdeckt in ihren Sprechstunden allmählich eine Würde, eine Offenheit und ein Vertrauen, wie sie sie in Montreal noch nie erlebt hat. Nach einigen Monaten hat Jeanne ihre neuen Patienten ins Herz geschlossen – und doch zögert sie, als der Arzt ihr anbietet, die Praxis zu übernehmen. Sie zweifelt an ihrer Fähigkeit, eine solche Verantwortung für die Gemeinde zu tragen – eine Verantwortung, auf die sie nicht vorbereitet war. La donation, der dritte Teil von Bernard Emonds Trilogie, spricht von der Liebe in der Selbstaufopferung und erweckt Jeanne, die Ärztin aus La neuvaine, zu neuem Leben. Dort war sie von einem tragischen Ereignis traumatisiert und hatte ??? unter der Last einer vermeintlichen Schuld – versucht, Selbstmord zu begehen. In La donation entdeckt sie einen neuen Lebenssinn und ändert ihr Dasein von Grund auf. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Famosos e os duendes da morte Regie: Esmir Filho,PG - 2009
Regisseur: Esmir Filho -
Inhaltsangabe : Ein junger Mann mit Handkamera folgt einem Mädchen, das über die Felder rennt. Sie stülpt sich eine Plastiktüte über den Kopf und atmet langsam. Das Bild verwandelt sich in ein Video, das im Internet zu sehen ist und das sich der 16-jährige Mr. Tambourine ansieht. So der Einstieg in Os famosos e os duendes da morte, den ersten langen Film des brasilianischen Regisseurs Esmir Filho: ein hybrides Werk, in dem sich Realität und Virtualität vermischen. In einer abgelegenen kleinen Stadt in Brasilien langweilt sich der Bob-Dylan-Fan Mr. Tambourine und surft selbstvergessen durch Fotos und Filme im Netz, alle vom gleichen unbekannten Mädchen. Er schreibt Gedichte in seinem Blog, chattet mit seinem besten Freund Paulinho und möchte ganz gerne ans Konzert seines Idols gehen. Seine Tage verbringt er zwischen Schulstunden, ein paar Joints, die er raucht, wenn er von zu Hause abhaut, und seinen Fantasien über das Mädchen, dessen Bild ihm nicht aus dem Kopf geht. Als ein geheimnisvoller Mann in die Stadt zurückkommt, ruft das unvermittelt Erinnerungen in ihm wach und eine Welt jenseits der Realität. Die träumerische Coming-of-Age-Geschichte ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ismael Caneppele, eines jungen Schriftstellers, der auch am Drehbuch mitwirkte. Mit Os famosos e os duendes da morte ergründet Esmir Filho einmal mehr die emotionalen Irrungen und Wirrungen während der Pubertät, die er mit Alguma coisa assim und Saliva begann. Dabei gelingt ihm ein echtes «Filmpoem», geprägt vom fliessenden Übergang zwischen Virtualität und Wirklichkeit. Im Spiel mit Farben und Filmformaten – von 35 mm bis digital – kriegt er seine Figuren bei ihrer Initiation zu fassen: einem erstickenden Eintauchen in die Welt, in der sie gefangen sind. Ohne eine Chance auf Erlösung irren sie umher, denn, so sagt Paulinho, auch jenseits ihres Universums ändert sich nichts, gibt es keine Hoffnung. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Frontier Blues Regie: Babak Jalali,TK - 2009
Regisseur: Babak Jalali -
Inhaltsangabe : Gorgan ist ein kleines Dorf an der iranischen Grenze zu Turkmenistan. In dieser trockenen, wüstenähnlichen Gegend leben vier Männer zwischen Einsamkeit und Warten. Alam, 28 Jahre alt, ist Türke und lebt mit seinem Vater. Er arbeitet in einer Hühnerfarm, verbringt seine freie Zeit aber mit dem Walkman auf den Ohren, um Englisch zu lernen: Er will Ana um ihre Hand anhalten und sie mit nach Baku nehmen, der Hauptstadt Aserbeidschans, wo – seiner Meinung nach – alle sich in dieser Sprache verständigen. Hassan ist ebenfalls 28 Jahre alt; seine Mutter verliess ihn, um nach Paris zu gehen. Seither lebt er allein mit seinem Onkel, der Kleider verkauft, die niemand haben will. Sein einziger Freund ist ein Esel, den er mit Zeitungspapier füttert, und seine Lieblingsbeschäftigung das Frisbeespielen mit Autonummern. Der Dorfmusikant ist 55 und seit neustem Objekt eines Fotobuchs. Immer umringt von einer Schar Kinder, verbringt er seine Zeit damit, zu klagen, wie seine Frau von einem Hirten in einem grünen Mercedes gekidnappt wurde. Das Leben dieser vier fliesst dahin, eingelullt durch die tägliche Routine, in der es kaum ein Fünkchen Hoffnung gibt, abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen – etwa Alam und seine Heiratspläne. Obwohl keine Frauen im Film auftreten – mit Ausnahme von Ana –, stehen sie doch im Zentrum dieses Debütfilms von Babak Jalali: Sie sind präsent im Porträt von Hassans Mutter auf dem Küchentisch, in der Stimme von Françoise Hardy im Transistorradio oder im ausladenden Dekolleté der Schaufensterpuppe. Sie repräsentieren das Warten, die enttäuschten Hoffnungen, die nicht gehaltenen Versprechen. Die vier Männer sind auf der Suche, jeder auf seine Art. Doch ihre Erwartungen sind aussichtslos inmitten der starren Gegebenheiten, die sie in ihrer absurden Situation einsperren. Frontier Blues ist ein berührendes, ebenso amüsantes wie wehmütiges Werk. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Giulias Verschwinden Regie: Christoph Schaub,Schweiz - 2009
Regisseur: Christoph Schaub - Kamera: Filip Zumbrunn - Darsteller: Corinna Harfouch - Bruno Ganz - Stefan Kurt - André Jung - Teresa Harder - Max Herbrechter - Sunnyi Melles - Jennifer Mulinde -
Inhaltsangabe : Giulia (Corinna Harfouch) feiert bald ihre Fünfzigsten. Diese Schwelle verwirrt und beängstigt sie, sie fühlt sich unsichtbar und sieht sich gar verschwinden. Im Bus beobachtet sie Mitreisende, die sie ignorieren. Der Film porträtiert unterschiedliche Figuren, 14-jährige Jugendliche, Bewohner einen Altersheims bei einem 80. Geburtstag und Giulias Gäste, die sie erwarten und über die Veränderungen des Alters in Körper, Gedächtnis und Schlaf scherzen. Giulia schiebt den Beginn der Feier vor sich her und begegnet einem Mann (Bruno Ganz), der sie auf ein Glas einlädt. Giulias Verschwinden (Drehbuch: Martin Suter) ist eine vielstimmige, bittersüsse Komödie über die Krise rund um den 50. Geburtstag, aber auch über die Schwierigkeit, erwachsen zu werden; und er macht sich über die Klischees lustig, die einen auf allen Lebensabschnitten begleiten. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Auf dem Weg zur Feier ihres 50. Geburtstages macht Giulia eine verblüffende Entdeckung: Sie ist für ihre Umgebung auf einmal unsichtbar. Kurz entschlossen lässt sie ihre Gäste warten und flaniert durch die abendliche Stadt - vollkommen unbemerkt kann sie ihre Mitmenschen beobachten. Allein ein charmanter älterer Herr namens John scheint sie wahrzunehmen. Mit ihm verbringt sie den Rest des ungewöhnlichen Abends in einer Bar. Die Geburtstagsgäste vertreiben sich die Zeit unterdessen mit scharfzüngigen Gesprächen über Lust und Last des Alterns.

Giulia (Corinna Harfouch) ist auf dem Weg in ein kleines Restaurant, um dort ihren 50. Geburtstag zu feiern. Aber das Schicksal hat an diesem Abend etwas anderes für sie vorgesehen. Im Bus kommt sie mit einer Seniorin ins Gespräch: "Uns Alte sieht man gar nicht mehr", sagt die rüstige Frau. Tatsächlich muss die Jubilarin kurz darauf feststellen, für ihre Umwelt offenbar unsichtbar zu sein - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Schnell gewöhnt sie sich an die eigenartige Situation, pfeift auf ihre Feier und streunt, von allen Menschen unbemerkt, durch die Großstadt. Schließlich lernt sie einen charmanten Herrn namens John (Bruno Ganz) kennen, der sie offenbar sehen kann, und verbringt mit ihm den Abend in einer Bar.

Aber Giulia ist nicht die Einzige, deren Leben in dieser Nacht ein wenig Kopf steht: Während die 14-jährige Jessica (Elisa Schlott) es nicht erträgt, dass sich ihre wohlmeinenden Eltern krampfhaft jugendlich aufführen, rebelliert die schlagfertige Leonie (Christine Schorn) an ihrem 80. Geburtstag genüsslich gegen ihr gesellschaftlich verordnetes Rollenbild. Giulias wartende Gäste, allesamt nicht mehr die Jüngsten, vertreiben sich derweil die Zeit mit spitzzüngigen Diskussionen über Brustoperationen, altersbedingte Wadenkrämpfe beim Sex, die Wirkung von zerstoßenen Haschischkeksen und andere Aspekte ihrer nicht mehr ganz taufrischen Lebenswelt. (ARD Presse)
Kritiken : «So stilvolle wie schlaue Zürcher Plauderrunde ...» (tele 24/2011)
Anmerkungen: Zwar steht in Christoph Schaubs geistreicher Komödie "Giulias Verschwinden" die Generation 50plus im Mittelpunkt, doch geht es in dem Film generationenübergreifend um Leben und Alter. Das Drehbuch von Martin Suter kommt ohne Pathos aus, der Bestsellerautor nimmt das Thema auf entspannte Weise ernst. Seine Dialoge sind mal bissig, mal nachdenklich - aber stets wahrhaftig. So gelingt das Kunststück, ohne die schönen Seiten des Jungseins zu verleugnen, positive Attribute des Älterwerdens - wie Erfahrung und Gelassenheit - zu würdigen. Beim Internationalen Filmfestival von Locarno wurde der Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. (ARD Presse)

Text?La Guerre des fils de lumière contre les fils des ténèbres Regie: Amos Gitai,Frankreich - 2009
Produktion: Agav Films - Regisseur: Amos Gitai - Drehbuch: Amos Gitai - Kamera: Robert Alazraki - Schnitt: Isabelle Ingold - Darsteller: Jeanne Moreau - JerĂ´me Koenig - Eric Elmosnino -
Inhaltsangabe : La guerre des fils de lumière contre les fils des ténèbres ist der Mitschnitt eines Stücks, das Amos Gitai am Festival von Avignon inszenierte – eine Adaption der Geschichte des jüdischen Krieges des Historikers Flavius Josephus (1. Jh. n. Chr.). Darin wird erzählt, wie der jüdische Staat als Folge des Kriegs gegen die Römer seine Souveränität verlor. Die wichtigsten Etappen sind dabei die Einnahme Jerusalems, die Zerstörung des Tempels und der Fall von Massada. Bei der Inszenierung in der magischen Carrière Boulbon, einem Steinbruch im Süden von Avignon, sass Jeanne Moreau an einem Tisch und spielte den Part des Autors. Schauspieler, welche die Figuren aus dem Buch verkörperten, umgaben sie in dieser ebenso poetischen wie politischen Reflexion über den heutigen Nahen Osten. Für Amos Gitai ist Flavius Josephus' Text «Teil seiner Phantome», und es erschien ihm wichtig, ihn auch heute wieder zu Gehör zu bringen. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?L' Insurgée Regie: Laurent Perreau,Frankreich - 2009
Regisseur: Laurent Perreau -
Inhaltsangabe : Claire steigt durchs Fenster in ein Haus mit heruntergekommener Fassade. Als plötzlich die Silhouette eines korpulenten alten Mannes sich abzeichnet, versteckt sie sich unter dem Bett. Die Tür geht auf… Selbst wenn Maurice Reverdy – ein ebenso seltsamer wie aussergewöhnlicher Mann – die junge Frau in seinem grossen Anwesen beherbergt, meidet sie ganz bewusst den Fremden, der doch niemand anders als ihr Grossvater ist. Die 17-jährige Claire ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Leidenschaft für das Schwimmen und ihren ersten Anzeichen von Verliebtheit. Mit ihrem stürmischen Temperament landet sie in den Armen von Thomas, der im Stadtcasino arbeitet. Wenn Thomas sich jeweils die vielen anonymen Menschen auf den Überwachungskameras anschaut, beginnt er, Geschichten zu erfinden. Trotz der Komplizenschaft, die sich zwischen den beiden entspinnt, zweifelt Claire an ihren Gefühlen und bleibt unentschlossen. Kommt dazu, dass ihr Körper zwar einerseits immer besser wird, was die Technik ihrer Sportdisziplin betrifft – er sich andererseits aber als «Hindernis» zeigt, wenn es um ihr Begehren geht. Als der Trainer ihr die so sehr erhoffte Teilnahme an der Schwimmmeisterschaft bestätigen kann, stellt das plötzliche Verschwinden Thomas' ihre fragilen Liebesgefühle wieder in Frage. Bei ihrem Grossvater wiederum lässt das Begräbnis eines ehemaligen Mitstreiters in der Résistance schmerzhafte Erinnerungen wach werden. Einsam und allein gelassen, verlassen Maurice und Claire plötzlich ihre angestammten Territorien – doch was können diese beiden, die sich ebenso anziehen wie abstossen, miteinander teilen? Die eine auf der Suche nach einer Zukunft – der andere von der Vergangenheit gequält…? Dieser Erstlingsfilm von Laurent Perreau verknüpft einfühlsam die Leiden der Jugend mit denjenigen des Alters. Nicht zuletzt dank der darstellerischen Leistungen von Michel Piccoli und der jungen Pauline Etienne, deren Gegensätzlichkeit und Ausstrahlung, gelingt Laurent Perreau ein ehrlicher Film, der – düster und licht zugleich – dieses Aufeinandertreffen von zwei Lebensabschnitten schildert. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?La Invencion de la Carne Regie: Santiago Loza,Argentinia - 2009
Regisseur: Santiago Loza - Drehbuch: Santiago Loza - Darsteller: Diego Benedetto - Umbra Colombo - Gaby Lerner - Lisandro RodrĂ­guez -
Inhaltsangabe : In einer Klinik wächst zwischen zwei verwirrten und einsamen jungen Erwachsenen eine unmögliche Liebe heran: Maria, von Ängsten geplagt und bindungslos, begegnet Mateo, einem rätselhaften Medizinstudenten, der an nächtlichen Panikanfällen leidet. Er ist von seinen Körperfunktionen besessen und scheint weder menschliche Reaktionen noch Gefühle zu kennen. Er verliert sich kühl und abwesend in einer anderen Welt. Nur Wasser vermag seine Aufmerksamkeit zu wecken und ihn zu beruhigen; er bleibt stundenlang am Pool, von den Wellen und schwimmenden Babys wie hypnotisiert. Als Mateo jemanden sucht, der ihn auf einer langen Reise, deren Ziel er verschweigt, begleitet und unterstützt, wendet er sich an Maria, die aus Langeweile zustimmt. Während der mehrstündigen Autofahrt schweigen sie, jeder hängt seinen Gedanken und Ängsten nach. Langsam lernen die beiden sensiblen Einzelgänger sich aber kennen und gehen aufeinander zu. Dank Mateo, um den Maria sich kümmern muss, findet sie zu einem Lebenssinn und einer Ruhe, die ihr die Lust am Dasein zurückbringen, während Mateo seine Vaterschaftsobsession auslebt. Regisseur Santiago Loza zeigt eindrücklich ihre Einsamkeit und ihre Suche nach sich selbst. Dabei setzt er das Licht ein, um eine fast klinische Kälte zu schaffen. Er kundschaftet aus der Nähe die fahlen Gesichter und die abgezehrten Körper seiner beiden Protagonisten aus. Die Szenen am Pool, wo Mateo in einem stillen Ballett dahindriftet, stehen für das Gefühl des Sich-Treiben-Lassens und der Ratlosigkeit, welche die beiden Hauptfiguren den ganzen Film hindurch begleiten – ein Gefühl, das man in den Dörfern und den anonymen Hotelzimmern wiederfindet, in denen sie haltmachen. La invención de la carne, von seltsamer und verstörender Schönheit, wo karge Schauplätze und das grelle Licht eine ätherische Atmosphäre schaffen, oszilliert zwischen Traum und Wirklichkeit. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Nothing Personal Regie: Urszula Antoniak,Grossbritannien - 2009
Regisseur: Urszula Antoniak -
Inhaltsangabe : Anne (Lotte Verbeek) beobachtet durchs Fenster ihrer leeren Wohnung die Passanten, die sich ihre Habseligkeiten aus den Händen reissen, die sie soeben vor die Tür gestellt hat. Sie streift einen Ring vom Finger und lässt mit ihm ihr bisheriges Leben hinter sich. Die junge Frau zieht von Holland nach Irland, wo sie sich für ein einsames Leben auf Wanderschaft entschieden hat: Mit ihrem Rucksack zieht sie durch die düsteren Gegenden von Connemara. Ihr Zelt schlägt sie mitten in der Landschaft oder am Meer auf. Sie geniesst bei Regen und Kälte die Einsamkeit, auch wenn diese manchmal schwierig ist auszuhalten. Die Begegnungen mit Touristen oder LKW-Fahrern, die sie mitnehmen, sind ihr zuwider und bringen sie dazu, sich noch weiter von der Zivilisation zu entfernen. Bei ihren Streifzügen entdeckt sie ein Haus, das der Eigenbrötler Martin (Stephan Rea) bewohnt. Dieser schlägt ihr vor, sich um Haus und Garten zu kümmern und dafür zu essen zu kriegen. Anne nimmt unter der Bedingung an, dass sie jegliches persönliche Gespräch vermeiden und ihre Beziehung sich auf die Arbeit beschränkt. Doch mit der Zeit entwickeln die beiden Einzelgänger eine gewisse Neugier füreinander – der sie aber nicht nachgeben können, um den Pakt nicht zu brechen und die Einsamkeit in Frage zu stellen, die ihre Freiheit gewährleistet. Der Film spielt mit den wunderbaren Farben der irischen Landschaft – vom wechselnden Grau des Himmels zum intensiven Grün der Wiesen – und hebt neben seinen seltenen Dialogen insbesondere die Naturgeräusche hervor: den Wind, das Meer, die Flüsse. Nothing Personal erzählt davon, wie schwierig es ist, sich für die Einsamkeit zu entscheiden. Aber auch davon, sie aufzugeben, um so zwei ebenso eigenwillige wie kompromisslose Persönlichkeiten zusammenkommen zu lassen, die sich fast gegen ihren Willen lieb gewonnen haben. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?La Paura - Out of Competition Regie: Pippo Delbono,Italien - 2009
Regisseur: Pippo Delbono -
Inhaltsangabe : La paura, gänzlich mit einer Handykamera gefilmt, zeigt «wild» gedrehte Bilder des bedeutenden italienischen Künstlers Pippo Delbono, der v. a. für seine Arbeit am Theater bekannt ist. In den typisch grobkörnigen Sequenzen der Minikameras kristallisiert sich eine poetische Form heraus. So entsteht ein «Dialog» zwischen dem gewölbten Bauch des Künstlers und der ubuesken Sendung im italienischen Fernsehen über das Übergewicht bei Kindern, in der ein selbst fettleibiger Arzt die Kinder zu mehr Bewegung ermuntert. Aber dieses Tagebuch in Bildern hält nicht nur komische Augenblicke fest, sondern auch den Allgemeinzustand Italiens – insbesondere Roms und seiner politischen Kultur, die nur zu gerne bereit ist, die Roma und andere Migranten auszugrenzen. Hier mischt sich der Künstler selbst ein und fährt nach Mailand ans Begräbnis des jungen Afrikaners, der am 14. September 2008 von einem Vater und seinem Sohn ermordet wurde, weil er an ihrem Kiosk Kekse gestohlen hatte. Pippo Delbono filmt, um nicht zu vergessen. Er ist entschlossen, diesen tragischen Augenblick zu filmen, diese Folge eines Moments alltäglichen Rassismus. Als müsste das noch weiter veranschaulicht werden, tritt nach der Beerdigung ein Carabiniere an den Künstler heran und verlangt, er solle nicht noch Öl ins Feuer giessen. Weitere beschämende Szenen: das Vorlesen fremdenfeindlicher Sprüche an einer Mauer oder die Verfolgungsjagden von Obdachlosen. Die Gesellschaft des Spektakels lässt sich schonungslos von Pippo Delbonos geschärfter Handykamera durchleuchten – in einem Wechsel von Ernsthaftigkeit und Anekdote. Wie die von nah gefilmten Gesichter zeigt auch die abgebildete Welt weder Zeichen von Verschönerung noch Künstlichkeit. Das Rohmaterial des Films ist die Wahrheit – die mittels Handy vorzeigbare Realität, so, wie sie der italienische Künstler festhält. Dabei verwandelt er das Ding, das mittlerweile jeder in seiner Tasche hat, in ein echtes Instrument der Befreiung. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?A Religiosa portuguesa Regie: Eugène Green,PG - 2009
Regisseur: Eugène Green -
Inhaltsangabe : Julie, eine junge französische Schauspielerin mit Portugiesischkenntnissen, kommt zum ersten Mal nach Lissabon. Der Film, den sie dort dreht, beruht auf dem Briefroman Portugiesische Briefe aus dem 17. Jahrhundert, den man unlängst dem französischen Gelehrten und Diplomaten Comte de Guilleragues zuschrieb. Nach und nach entdeckt Julie die Stadt und taucht ein in den Alltag ihrer Bewohner, was ihr umso mehr Vergnügen bereitet, als sie gerade eine unglückliche Liebesgeschichte hinter sich hat. Jeden Abend trifft sie auf rätselhafte Gestalten – einen Doktor, der nie Arzt war, oder einen Jüngling, der ihrer Schönheit huldigt –, und diese Erfahrungen nimmt Julie am nächsten Tag mit aufs Set. Die Rolle der portugiesischen Nonne, die ihrer Leidenschaft für einen französischen Offizier erliegt, erinnert sie an ihre eigene Vergangenheit. Eines Nachts sieht sie in der Nossa-Senhora-Kapelle, ihrem Drehplatz, eine junge Nonne knien. Nacht für Nacht betet sie dort bis zur Frühmesse. Was haben sich die moderne junge Frau und die Gottesbraut zu sagen? Julies Schicksal ist von nun an jedenfalls ein anderes. In A religiosa portuguesa beschäftigt sich Eugène Green mit Leidenschaft, Liebe und Selbstaufopferung und verfeinert noch weiter seine formale Recherche. Die Schauspieler stehen der Kamera gegenüber und sprechen jede Silbe einzeln, was dem Text den Charakter einer Partitur verleiht. Während der Regisseur den weiten Horizont Lissabons mit Panoramaschwenks einfängt, behält er den Strassen einen intimeren Blick vor, zeigt sie in der Morgenfrühe und lässt das Licht zur eigentlichen Protagonistin werden. Die Portigiesischen Briefe und der Fado – dieser melancholische portugiesische Gesang, den Julie an jeder Strassenecke hört – spiegeln die Geschichte des Films im Kleinen und dienen als roter Faden auf diesem Streifzug durch die ewige Stadt im Spannungsfeld zwischen heilig und profan. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?The Search Regie: Pema Tseden, - 2009
Regisseur: Pema Tseden -

Text?Sham Moh Regie: Yuhang Ho,China - 2009
Regisseur: Yuhang Ho -
Inhaltsangabe : Der 23-jährige Chai lebt alleine mit seiner alkoholabhängigen Mutter in Malaysia; für sie ist er der einzige Grund zu leben. Im Internet trifft er die 15-jährige Schülerin Ying, und bald sehen sie sich regelmässig. Aber ihre gesetzwidrige Beziehung – Ying ist noch nicht 16 – wird bald von ihren Eltern aufgedeckt. Diese sind entsetzt und drohen, Chai wegen Vergewaltigung anzuzeigen. Chais Mutter möchte ihren Sohn vor dieser Schande bewahren und stellt sich Yings Eltern entgegen. Sie bietet ihnen eine finanzielle Entschädigung für ihr Schweigen an. Zu allem bereit, um Chai zu retten, sucht sie sogar ihren Ex-Mann auf, den sie seit ihrer Trennung nicht mehr gesehen hat. Doch Yings Familie – von grenzenloser Habgier getrieben ?? nimmt das Geld und zeigt Chai trotzdem an. Die Beziehungen zwischen Ying, die zu ihrem Freund flieht, und ihren Eltern sowie zwischen Chai und seiner Mutter sind angespannt wie noch nie. Die Polizei greift ein und sorgt auf ihre Weise für Ordnung. Regisseur Ho Yuhang überträgt ein universelles Problem in die heutige malaiische Realität und beschreibt nachvollziehbar die Zweifel und Ängste seiner Figuren, die kaum die Tragweite ihrer Handlungen begreifen und ihre Gefühle nur schwer in Worte fassen können. Ausgehend von einer Reportage über eine Zeitungsmeldung, deren reisserische und voyeuristische Darstellung im Fernsehen ihm aufgefallen war, analysierte Ho Yuhang die Rolle der Medien in der Gesellschaft und versuchte, herauszufinden, wie ein solches Drama passieren konnte, indem er das Leben und die Beziehungen der Personen nachzeichnete. In Sham moh (At the End of Daybreak) geht er den Folgen einer zu rigiden Erziehung, von zu starren Grundsätzen in der Familie nach, aber auch von Habgier und Frustration in einer Ereigniskette, die unausweichlich in eine Katastrophe mündet. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?She, a Chinese Regie: Xiaolu Guo,China - 2009
Regisseur: Xiaolu Guo -
Inhaltsangabe : Die junge Chinesin Mei beschliesst, aus dem öden Alltag ihres Heimatdorfs in die nächste Stadt, Chongqing, abzuhauen. Doch das Leben ist auch dort alles andere als einfach. Nach dem Rausschmiss aus einer Textilfabrik nimmt sie eine Stelle in einem Friseursalon an. Dort begegnet sie Spikey, einem Auftragskiller der lokalen Mafia. Sie fühlt sich zu dem brutalen Typen hingezogen, der von ihr verlangt, ihn auf offener Strasse mit einem Nunchaku zu schlagen, während sie für ihn bloss eine von vielen Eroberungen ist. Doch eines Abends kommt Meis Geliebter blutüberströmt nach Hause und stirbt vor ihren Augen. Mei findet mehrere Bündel Geldscheine unter der Matratze und flieht nach London, wo der 70-jährige Mister Hunt sie heiratet. Im stillen Haus ihres neuen Gatten beginnt sie ein neues Leben. Doch findet sie in diesem monotonen Alltag ihren Frieden? Unterlegt mit dem Soundtrack von John Paris – in Zusammenarbeit mit PJ Harvey und der Band Eels – und durchsetzt mit aussagekräftigen Kapitelüberschriften wie Sometimes you wonder who you really are oder Mei feels love under the Big Ben calendar, zeigt Xiaolu Guo, wie Meis schwierige Erfahrungen sie nicht von ihrer Hoffnung auf eine bessere Zukunft abzubringen vermögen. Die Regisseurin setzt Motive aus der Natur ein – die drückende Sommerhitze, eine lebend geschröpfte Ente, ein Fuchs, der einen Hund reisst –, um die Erfahrungen der Hauptfigur zu illustrieren. Meis Lebensweg und ihre Begegnungen in She, a Chinese reflektieren die Vermischung der Kulturen zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts an und schildern, wie Menschen, Lebensweisen, Konsumgüter und Musik sich zunehmend vermengen. Wenn dieser Kulturmix auch eine gewisse Unruhe in das Leben von Mei bringt, so ist ihr Willen doch ungebrochen, ihre Einsamkeit hinter sich zu lassen und die Flucht nach vorne, ins Unbekannte, fortzusetzen. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Shirley Adams Regie: Oliver Hermanus,ZA - 2009
Produktion: Dv8 Films - Centropolis Entertainment - Regisseur: Oliver Hermanus - Drehbuch: Oliver Hermanus - Stavros Pamballis - Kamera: Jamie Ramsey - Architekt: Nic Mostert - Kostümbild: Maleen Nokel - Darsteller: Denise Newman - Keenan Arrison - Emily Child - Theresa Sedras -
Inhaltsangabe : Kapstadt, Südafrika. Shirley Adams kümmert sich den ganzen Tag um ihren Sohn Donovan. Seit dieser vor einem Jahr auf dem Heimweg von der Schule von einer Kugel am Hals getroffen wurde, ist er invalid. Die Behandlungskosten haben die Familie ruiniert. Shirley ist pleite, arbeitslos und ohne Mann – der hat sie nämlich vor einem Monat sitzen gelassen. Mutter und Sohn überleben dank der Unterstützung von Freunden und Shirleys Ladendiebstählen. Als Tamsin Ranger, ein junger Physiotherapeut, in ihr Leben tritt, hofft Shirley, dass es ihm gelingt, Donovan aus seiner Depression zu holen. Gleichzeitig erfährt sie, dass der Prozess um den Fall ihres Sohns bald eröffnet wird. Doch ihre Freude ist nur von kurzer Dauer: Shirley erfährt, dass der Schütze niemand anders ist als ein Jugendfreund von Donovan. Sie fühlt sich verraten und beschliesst, ihrem Sohn nichts zu sagen in der Hoffnung, ihn zu schützen – doch vergeblich. (Locarno Festival 2009 Katalog)
Anmerkungen: Shirley Adams, der erste Spielfilm des viel versprechenden südafrikanischen Regisseurs Oliver Hermanus, handelt von der Beziehung zwischen Armut und Gewalt. Eine ganze Familie wird zerstört durch ein Ereignis, das man weder ungeschehen noch wiedergutmachen kann. Hermanus beschreibt ebenso die moralische wie die reale Misere, in der die Mutter in einem von rassistischen Querelen zerrissenen Südafrika zu leben gezwungen ist. Hermanus vereint ein bestechendes soziopolitisches Thema mit einem persönlichen Drama, wobei er weder der Gefahr des Voyeurismus noch der Armutsverklärung erliegt. Shirley Adams wurde in den Elendsvierteln von Mitchell's Plain gedreht und ist die Geschichte einer Frau, die am Abgrund steht, die Geschichte ihrer Kraft und ihres Willens, sich für das Liebste in ihrem Leben aufzuopfern.» (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Summer Wars Regie: Mamoru Hosoda,Japan - 2009
Regisseur: Mamoru Hosoda -
Inhaltsangabe : Seit es die virtuelle Stadt Oz gibt, kann jedermann jederzeit ins Internet, sich dort informieren, Rechnungen zahlen oder online spielen. Kenji, ein japanischer Gymnasiast, arbeitet in seiner Freizeit als Programmierer für den Unterhalt von Oz. Als Natsuki, das Mädchen, in das er heimlich verliebt ist, ihm vorschlägt, ein paar Tage nach Nagano zu einem Familienfest zu fahren, zögert er nicht, das Angebot anzunehmen. Als sie dort ankommen, wird er vor vollendete Tatsachen gestellt: Natsuki möchte, dass er ihren Verlobten spielt, um der Grossmutter, die 90 wird, eine Freude zu machen. Kenji wird trotz seiner Schüchternheit schnell in der Familie aufgenommen und lernt seine Gastgeber kennen. In der Nacht nach dem Bankett, als er schon schläft, kommt eine seltsame E-Mail auf seinem Handy an – aus lauter Zahlen und der Botschaft: «Entziffere mich!» Das reizt sein mathematisches Genie; er versucht noch im Halbschlaf, das Rätsel zu lösen, und schafft es auch. Am nächsten Morgen erfährt er in den News, dass sein Avatar – sein Stellvertreter in der virtuellen Welt – in Oz Unheil anrichtet und dass er von den Behörden gesucht wird. Kenji kann auf die Hilfe seiner «Schwiegereltern» zählen, die über viel Geld verfügen. Doch wird es ihnen gelingen, die Zerstörung von Oz und der physischen Welt zu stoppen? In einem Wechsel aus Realität und Virtualität zeichnet Summer Wars eine Welt, in der Technologie und Tradition friedlich koexistieren. Der Kontrast zwischen dem Familiensitz in den Bergen und der steril-schönen Welt von Oz schafft eine Spannung, welche die Familien- oder Liebesbande zwischen den Figuren nur noch stärker macht. Ausserdem bringen die verschiedenen Charaktere bei der Schaffung der Avatare eine ebenso vielfältige wie kohärente Ästhetik hervor. Mit Summer Wars ist Mamoru Hosoda ein Meisterwerk der Fantasie gelungen. (Locarno Festival 2009 Katalog)

Text?Vitus Regie: Fredi M. Murer,Schweiz - 2005
Produktion: Vitusfilm, ZĂĽrich - SF DRS [SRF] - Regisseur: Fredi M. Murer - Drehbuch: Peter Luisi - Fredi M. Murer - Lukas B. Suter - Kamera: Pio Corradi - Musik: Mario Beretta - Schnitt: Myriam Flury - Darsteller: Theo Gheorghiu - Bruno Ganz - Julika Jenkins - Urs Jucker - Kristina Lykowa Isabel (12 Jahre alt) -
Inhaltsangabe : Vitus ist ein Bub wie von einem anderen Stern: Er hört so gut wie eine Fledermaus, spielt wunderbar Klavier und liest schon im Kindergarten den Brockhaus. Kein Wunder, dass seine Eltern eine ehrgeizige Karriere wittern: Vitus soll Pianist werden. Doch das kleine Genie bastelt lieber in der Schreinerei seines eigenwilligen Grossvaters, träumt vom Fliegen und einer normalen Jugend. Schliesslich nimmt Vitus mit einem dramatischen Sprung sein Leben in die eigene Hand... (Pressetext) Vitus spielt mit zwei Jahren lieber Schach als Lego, mit vier liest er die Zeitung und den Börsenteil. Anstatt mit anderen Kindern zu spielen, sitzt er stundenlang am Klavier und am Laptop. Seine einzige Kinderfreundschaft pflegt er mit der sieben Jahre älteren Babysitterin Isabel, die ihm Rockmusik näher bringt. Als Vitus' Mutter die Aufpasserin entlässt, bricht für Vitus eine Welt zusammen. Seine Eltern unterlassen nichts, was der Entfaltung ihres Sprösslings und seiner Karriere dienen könnte. In der Schule wird er allerdings schnell zum Außenseiter und als Streber und Besserwisser verspottet. Verständnis und Freundschaft findet er nur bei seinem Großvater, der in einer alten Schreinerei auf dem Land lebt. Vitus sehnt sich immer mehr danach, ein ganz normales Kind zu sein und lernt, dass er sich das Leben um vieles leichter macht, wenn er sich den engen Kategorien der Durchschnittswelt fügt. (Arte Presse)
Kritiken : "(...) Vitus ist ein ganz besonderes Kind. er ist hoch begabt und spielt Klavier wie der kleine Mozart. doch der Junge leidet unter seinem Talent, möchte am liebsten ganz normal sein. Zusammen mit seinem Grossvater träumt er vom Fliegen. Eines Tages hat er einen Unfall, und plötzlich ist sein IQ wieder normal. Fredie M. Murer erzählt in seinem neuen Film, wie ein Bub sich dem Diktat seiner Eltern entzieht. Das Herzstück des Films ist aber wie wundervolle Beziehung zwischen Vitus und seinem Grossvater, exzellent gespielt von Bruno ganz." (tele)
Anmerkungen: Mit dem Schweizer Filmpreis 2007 als bester Spielfilm ausgezeichnet, vertrat der Film die Schweiz im Rennen um die Oscars und war insbesondere ein grosser Publikumserfolg. (Locarno Festival Katalog 2009) «Murers Werk überzeugt durch exzellente Schauspieler wie Bruno Ganz und besticht durch das großartige musikalische Talent des jungen Hauptdarstellers Teo Gheorghiu. Gefunden hat der Regisseur seinen Hauptdarsteller und Meisterschüler wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Der 1992 geborene Teo Gheorghiu ist rumänischer Abstammung und studiert seit 2001 an der "Purcell School" in London bei William Fong. Mit fünf Jahren begann er Klavier zu spielen. Der zur Drehzeit 13-Jährige übt vier Stunden am Tag und wollte immer schon Konzertpianist werden. "Vitus" gewann den "Schweizer Filmpreis 2007", vertrat die Schweiz im Rennen um die "Oscars" und war ein großer Publikumserfolg. Eine Sondervorführung von "Vitus", begleitet von einem Livekonzert des jungen Pianisten, eröffnete 2009 das "Festival von Locarno". Fredi M. Murer realisierte seit 1962 16 Filme, darunter "Downtown Switzerland" (2004) und "Vollmond" (1998). Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen wie den "Kunstpreis der Stadt Zürich", den "Goldenen Leoparden" beim "Filmfestival Locarno" und weitere internationale Preise. Der zurückhaltende Schweizer Bruno Ganz hat das deutschsprachige Theater und den Film wie kaum ein anderer geprägt. Nach seinen Auftritten im Autorenkino der 70er und 80er und in Wim Wenders "Engel über Berlin" (1987) hat er zuletzt in "Der Untergang" Hitler verkörpert. Er wurde mit dem "Adolf-Grimme-Preis", dem "Europäischen Filmpreis" und dem "Iffland-Ring" geehrt. » (Arte Presse)

Text?Wakaranai Regie: Masahiro Kobayashi,Japan - 2009
Regisseur: Masahiro Kobayashi -
Inhaltsangabe : Ryo, ein 16-jähriger Schüler, arbeitet in seinen Ferien in einem Lebensmittelgeschäft, um die Spitalkosten seiner Mutter zu bezahlen, mit denen er schon seit Monaten im Rückstand ist. Dabei schafft er es kaum, das Geld für die Miete zusammenzukratzen, und lebt deshalb ohne Strom und fliessendes Wasser. Um trotzdem etwas zu essen zu kriegen, haut er die Kunden übers Ohr, indem er ihnen seine eigenen Nahrungsmittel verrechnet – bis zu dem Tag, als ihn ein Kollege beim Chef verpfeift. Er wird entlassen, findet aber etwas Ablenkung in einem Holzboot, das auf einem Kieselstrand aufgelaufen ist – nicht weit von seiner Wohnung entfernt. Nachdem er es mit viel Liebe neu bemalt hat, macht er es sich darin bequem und versucht, seine Alltagssorgen zu vergessen. Als seine Mutter stirbt, kann Ryo die Spitalrechnungen noch immer nicht bezahlen, aber er möchte seiner Mutter wenigstens eine würdige Beerdigung ermöglichen. Deshalb sucht er den Kontakt zu seinem Vater, der vor ein paar Jahren weggegangen war, um eine neue Familie zu gründen. Doch der hat inzwischen ganz andere Probleme… Masahiro Kobayashi konzentriert sich in Wakaranai ganz auf das Porträt Ryos – eines Jugendlichen, dessen Schicksal zwischen Skylla und Charybdis gefangen liegt – gebeutelt zwischen Hunger und Verzweiflung. Mit Grossaufnahmen seines Gesichts, teilweise von seinem Haar verdeckt, dringt er bis ins Innere der Figur vor. Seine Ratlosigkeit und seine Not in einem Umfeld, das sich gleichgültig zeigt, lassen sich mit Händen greifen. So enthüllt sich ein anderes Japan: eine Gesellschaft, deren Strukturen brüchig geworden sind, in der die Menschen sich immer mehr isoliert fühlen. Im Dunkel seines Zimmers ohne Elektrizität, im eisigen Weiss der Gestelle des Geschäfts oder in seinem regenbogenfarbenen Boot – der Filmemacher spiegelt Ryos Gefühle im Licht, der Atmosphäre, die ihn umgeben. Ihn, einen einsamen Menschen, der gezwungen ist, eine Jugend ohne Sorglosigkeit zu leben. (Locarno Festival Katalog 2009)

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