Der demokratische Sektor Berlins – das ist die Stalinallee, diesen Eindruck konnte man aus manchen Defa-Filmen gewinnen. Die BERLINER ROMANZE bleibt aber, hemdsärmelig gesprochen, „auf dem Teppich“. Dieser Film schildert uns Menschen, die nicht – oder noch nicht – in so komfortablen Häusern wohnen wie in der Stalinallee. Dieser Film will offenbar in erster Linie eine Bestandsaufnahme geben, und es ist ein wertvoller Bestand, der zu Tage kommt. Eine ganz alltägliche Geschichte … also eine Liebesgeschichte wird erzählt, sie ist durchaus nicht aufregend, doch sie fesselt uns durch ihre frappante Wirklichkeitsnähe. Ein kleines Stück vollkommen unverstellter Wirklichkeit erleben wir, darin hat maßstabsgerecht die Sorge und der Optimismus Platz. Ein Film, der in allen Details stimmt.
Gewiß waren die Erwartungen beträchtlich, die man an den zweiten Film des Autor-Regisseur- Gespanns Wolfgang Kohlhaase, Gerhard Klein knüpfte. Beide haben gehalten, was sie nach dem erfolgreichen Film ALARM IM ZIRKUS [DDR 1953/54] versprachen. Es erweist sich wieder einmal, wie nützlich es ist, wenn Autor und Regisseur ganz genau wissen, was sie wollen. Der Autor vermeidet es, dem Partner um jeden Preis eine eigene Konzeption aufzuzwingen, beziehungsweise, der Regisseur will partout nicht alles besser wissen. Harmonieren Autor und Regisseur, so wird es anscheinend auch einfacher, einen Film gegen die verschiedenen „letzten Instanzen“ im umfangreichen Defa- und Filmkomitee-Apparat durchzusetzen.
Unkompliziert ist die Fabel des Films: Die hübsche Uschi, Verkäuferin im HO-Kaufhaus Alexanderplatz, bei den Eltern im Ostsektor wohnend, lernt einen Hans aus Westberlin kennen. Anfangs sieht es nicht aus, als würde zwischen den beiden eine Liebesgeschichte entstehen. Hans blitzt des öfteren ab. Bald haben sich jedoch die beiden von Herzen gerne. Mal treffen sie sich im Osten, mal im Westen, und Uschi läuft schließlich sogar mal von zu Hause weg, um allerdings schnell wieder heimzufinden. Am Ende darf man als sicher annehmen, daß die beiden zusammenbleiben werden, sie werden, wie es heißt, „miteinander gehen“. Müßig, Einzelheiten der Handlung mitzuteilen … zu betonen ist nur: In diesem Film gibt es keinen falschen Zungenschlag und keine sentimentalen „Drücker“.
Der Regisseur Gerhard Klein hat seinen Darstellern ein Höchstmaß an typengerechter Natürlichkeit abverlangt. Annekathrin Bürger, seinerzeit unter Hunderten von Bewerberinnen als Uschi ausgesucht, spielt sich vermutlich selber. Aber das ist schon viel und in diesem Film völlig richtig. Sie wird, wie man hört, künftig die Schauspielschule der Defa absolvieren. Ulrich Thein und Uwe-Jens Pape sind unverfälschte Exemplare eines Typs von jungen Männern, die speziell diese Stadt geformt hat. Sie tendieren wohl zu den sogenannten „Halbstarken“, aber im allgemeinen werden die „Halbstarken“ ja nur lästig, wenn sie in Rudeln auftreten, einzeln genommen, können sie ganz verständig, fleißig, jungenhaft und witzig sein – ein Umstand, der heutzutage, wenngleich nicht ohne Anlaß, häufig unterschätzt wird. Auch in diesem Punkt ist der Film gerecht. Erika Dunkelmann, Erich Franz, Hartmut Reck – Eltern und Bruder Uschis – repräsentieren im wahrsten Sinn des Wortes eine Berliner Arbeiterfamilie, ebenso Marga Legal, eine mit dem Pfennig rechnende Mutter aus Westberlin. Horst Kube, Hermann Wagemann, Eckart Friedrichson u.a. sind nicht minder genau beobachtete und dargestellte Figuren des heutigen Berlins, das Kameramann Wolf Göthe von morgens bis Mitternacht wahrheitsgetreu ins Bild brachte." c.a. in: Berliner Zeitung, 20.5.1956.
"Im Jahr 1955 gab es zwar noch keine Mauer, doch die ideologischen Grenzen zwischen dem Ost- und West-Teil Berlins waren bereits klar gezogen. Die Defa-Studios in Babelsberg produzierten damals eine Reihe von Propaganda-Spielfilmen, die vor den „schlimmen“ sozialen Verhältnissen im Westen warnten. Zu ihnen zählt auch jene BERLINER ROMANZE (…). Regie führte Gerhard Klein, der 1961 mit seinem Werk DER FALL GLEIWITZ international bekannt wurde und zu einem der führenden Regisseure in der DDR aufstieg. In der BERLINER ROMANZE stellte Klein der Ost-Berliner Verkäuferin Uschi (Annekathrin Bürger) den West-Berliner Autoschlosser Hans (Ulrich Thein) gegenüber. Hans schlägt sich als Gelegenheitsarbeiter durch. Er konnte seine Lehre nicht beenden und wäscht nachts Luxuslimousinen. Die beiden lernen sich kennen (und später auch lieben), als Uschi durch die „buntbeleuchteten Straßen und Vergnügungsplätze des Westens“ bummelt, wie es im Defa-Verleihtext heißt. Dabei ahnt sie nichts vom harten Schicksal ihres Freundes, der ihr schließlich sogar hilft, ihre Mannequin- Karriereträume mitzufinanzieren. Schöner Schein und bittere soziale Realität: das sind die zwei Elemente, mit denen Regisseur Klein und sein Stamm-Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase die Situation im Westen charakterisieren. Das muß Uschi erst lernen, bevor sie mit ihrem Hans geläutert zu Muttern in den Sozialismus zurückkehren kann. Dort erst, so heißt es im Verleihtext, „beginnt das wirkliche Glück unserer beiden jungen Berliner Menschenkinder“. Anonym in: Berliner Morgenpost, 29.1.1986.
General Information
Eine Berliner Romanze is a motion picture produced in the year 1956 as a Deutsche Demokratische Republik production. The Film was directed by Gerhard Klein, with Erich Brauer, Annekathrin Bürger, Erika Dunkelmann, Erich Franz, Marga Legal, in the leading parts. We have currently no synopsis of this picture on file;Literatur Hinweise Defa Katalog Nr. 5;
Filmmuseum Berlin - Retrospektive 2006: Traumfrauen. Stars im Film der fünfziger Jahre, Gabriele Jatho und Hans Helmut Prinzler (Hg.), Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2006