Bonn - Filmfestival 2012

Internationale Stummfilmtage Bonn


11. - 21. August 2011


Bonn, 27. Mai 2011 - Kürzlich wurde mit der sogenannten Giftliste der Vorschlag des Kulturamtes zu den städtischen Zuschüssen an freie Träger in Bonn für das laufende und das nächste Jahr veröffentlicht. Die Internationalen Stummfilmtage Bonn - Bonner Sommerkino sollen diesem Vorschlag gemäß 2011 und 2012 Zuschüsse von jährlich Euro 40.000, also in ungekürzter Höhe, erhalten - ein positives Signal für ein Festival mit überregionaler Ausstrahlung, das seit fast drei Jahrzehnten einem ausgesprochen heterogenen Publikum bei freiem Eintritt filmisches Erbe vermittelt. So weit, so gut. Wäre da nicht die Tatsache, dass für den Veranstalter eben dieses Festivals, den Förderverein Filmkultur Bonn, in derselben Liste Kürzungen in Höhe von 20 % vorgeschlagen werden. Der Verein, der zurzeit mit dem absoluten Minimum an finanziellen Mitteln agiert, könnte eine derartige Kürzung nicht verkraften, seine Arbeit nicht fortsetzen. Und damit bleibt auch die Zukunft der Stummfilmtage vorerst ungewiss. (www.film-ist-kultur.de/sommerkino/soki_2011.shtml)

Reihe: Retrospektive

Der Totentanz

Mise en scène:   Urban Gad, Allemagne - 1912
Production: Deutsche Bioscope GmbH., Berlin - Distribution: Projektions-AG Union (PAGU) - Metteur en scène: Urban Gad - Scénariste: Urban Gad - Directeur de la Photographie: Guido Seeber - Acteurs: Oskar Fuchs Ingenieur Burk - Fred Immler - Asta Nielsen Bella, seine Frau - Fritz Weidemann Czermek, Componist - Emil Albes -
Critiques (en Allemand): «(...) Das Preußische Zentral-Polizeiblatt bezeichnet den Film als für Kinder verboten und fügt hinzu: »Die Bauchtanz- und Liebesszenen im II. Akt und die Schlussszene im III. Akt dürfen nicht vorgeführt werden.« Ein Ehebruchsdrama! Ein unglücklicher Ingenieur, der bei einer Kesselexplosion seine Gesundheit verloren; seine Frau behauptet, sie müsste zur Bühne gehen, um Geld für ihn, für seine Pflege zu ersingen. Sie wählt die Kabarettbühne, wo bekanntlich die Kunst wenig, die Frivolität sehr viel zu sagen hat. Sie reist mit einem Komponisten, der sie liebt, und den sie auch liebt, von Stadt zu Stadt. Der Ehebruch ist schon im Herzen, aber der Treueschwur, den sie ihrem Gatten beim Abschiede geleistet, hält sie ­äußerlich in Schranken. Die Szenen, in denen der Komponist versucht, diese Schranken zu durchbrechen, sind von einer Brutalität, dass man sich verwundert fragt, was die Zensoren dachten, als sie das genehmigten. (...)» [Malwine Rennert, in: Bild und Film 1/1912-13]
Remarques géneraux: Urban Gad's "Totentanz" mit Asta Nielsen der erste Film, der im Studio Babelsberg gedreht wurde.

Mutter Krausens Fahrt ins Glück

Mise en scène:   Phil Jutzi, Allemagne - 1929
Production: Prometheus Film, Berlin - Distribution: Prometheus Film, Berlin - Metteur en scène: Phil Jutzi - Scénariste: Jan Fethke - Willy Döll - D'après : Otto Nagel - Heinrich Zille - Directeur de la Photographie: Phil Jutzi - Direction artistique: Carl P. Haacker - Robert Scharfenberg - Acteurs: Friedrich Gnass Max - Vera Sacharowa Friede - Alexandra Schmitt Mutter Krause - Ilse Trautschold Erna Krause - Fee Wachsmuth Kind - Holmes Zimmermann Paul Krause - Gerhard Bienert Vermieter -
Critiques (en Allemand): »(...)Dieser Spielfilm ist am wirkungsvollsten in den Szenen, in denen er den Charakter eines reinen Reportagefilms annimmt. Hier sind Bilder, die uns die ganze weltstädtische Phantastik des Berliner Lebens zeigen: Ansichten vom Rummelplatz, vom Freibad, aus Arbeiterkneipen, von einem Sommerfest, aus einem Leihhaus, aus jener ganzen Tragödie, von der Zille gesagt hat: »Mit einer Wohnung kann man einen Menschen töten wie mit einer Axt.« Einzelne der Bilder sind zu bunt und filmtechnisch aufgefasst. Oder stehen zu unvermittelt nebeneinander, die meisten aber sind von außer­ordentlicher Spannung, vor allem ein Einbruch in ein Leihhaus mit Pfiffen und Polizei, eine Szene mit Schmierestehen und Herumwandeln der Weiber, weiter Großaufnahmen des preußischen Gerichts-Adlers, von Straßenarbeitern beim Asphaltieren und dergleichen. Die berühmte Zillesche Ganoven-Hochzeit wird ebenfalls aufgeführt.(...)» [Die Welt am Abend, 31.12.1929]
Remarques géneraux: «Das klassische Meisterwerk des realistischen Films der Weimarer Republik beschreibt das alltägliche Leben in einem Berliner Arbeiterviertel. In der engen Wohnung von Mutter Krausen leben sechs Personen, die sich mit Gelegenheitsjobs, Prostitution und Kleinkriminalität über Wasser halten. Piel Jutzis bewegliche Kamera fängt eindring­liche Bilder und Situationen ein, die digitale Restaurierung durch das Filmmuseum München dokumentiert erstmals auch die nachträglich zugefügten Schnitte.» [www.foerderverein-filmkultur.de/mutter-krausens-fahrt-ins-gluck/]

Pay day

Mise en scène:   Charles Chaplin, USA - 1922
Distribution: First National Pictures Inc. - Producteur: Charles Chaplin Film Corporation - Metteur en scène: Charles Chaplin - Scénariste: Charles Chaplin - Directeur de la Photographie: Roland H. Totheroh - Acteurs: Phyllis Allen - Charles Chaplin - Edna Purviance - Mack Swain - Syd Chaplin - Albert Austin - Loyal Underwood - Henry Bergman - John Rand -
Critiques (en Allemand): »(...) Der Mittelteil zeigt die Folgen einer nächtlichen Sauftour. Charlie bemüht sich, nach Hause zu gelangen, und gerät schließlich in einen Imbisswagen, wo er sich – in der irrigen Annahme, es handele sich um einen fahrenden Bus – an die baumelnden Würste klammert. In der letzen Sequenz kommt er nach Hause, ölt seine Stiefel in der falschen Hoffnung, heimlich und unbemerkt von seiner Xanthippe, die mit einem Nudelholz an ihrer Seite schläft, ins Bett kriechen zu können. Er beendet die Nacht, indem er in der Badewanne Ruhe sucht – wie in A NIGHT OUT und ONE A.M.. Zu spät entdeckt er, dass die Wanne mit kaltem Wasser gefüllt ist. In der Zahltag-Szene findet sich eine bemerkenswert ausdrucksstarke Pantomime. Man sieht Charlie, wie er sich mit jemandem in Off streitet, dem er klarmachen will, dass er zu wenig Geld bekommen hat. Als er an seinen Fingern nachrechnet, verrät seine Mimik die dämmernde Erkenntnis, dass er in Wirklichkeit zu viel bekommen hat.(...)» [David Robinson: Chaplin: Sein Leben, seine Kunst, Diogenes Verlag, Zürich 1989]
Remarques géneraux: «Charlie Chaplins letzter Kurzfilm schildert den Ãœberlebenskampf in der Großstadt: ­Zunächst arbeitet er auf einer Baustelle und setzt sich gegen den unsympathischen Vorarbeiter durch. Seinen Lohn muss er zu Hause bei seiner Frau abliefern, die ­jedoch ein noch schlimmerer Boss ist. Deshalb verbringt er den Abend lieber mit Freunden und versucht anschließend, völlig betrunken nach Hause zu kommen. Der Film liefert mehrere Kabinettstückchen von Chaplins Komik.» [www.foerderverein-filmkultur.de/lohntag-pay-day/]

Marriage de Prince

(The Wedding March), Mise en scène:   Erich von Stroheim, USA - 1928
Production: Celebrity - Paramount Pictures, Inc. - Producteur: P.A. Powers - Carl Laemmle - Metteur en scène: Erich von Stroheim - Assistant metteur en scène: Eddy Sowders - Louis Germonprez - Scénariste: Harry Carr - Erich von Stroheim - Directeur de la Photographie: Roy H. Klaffki - Hal Mohr - Ben Reynolds - Harry Thorpe - William C. McGann (/xx/) - Direction artistique: Richard Day - Erich von Stroheim - Acteurs: George Nichols Fortunat Schweisser - Cesare Gravina Ein Geiger, Mitzis Vater - ZaSu Pitts Cecilia Schweisser - Maude George Prinzessin Maria, Nikkis Mutter - George Fawcett - Matthew Betz Eberle Schani - Anton Wawerka Kaiser Franz Joseph - Fay Wray Mitzi Schrammell - Erich von Stroheim Prinz Nikki von Wildeliebe-Rauffenburg -
Critiques (en Allemand): «(...) Liebesszenen mit Blütenregen und Nachtigallenschlag. Kitsch (wunderbar photographiert) ist dafür gar kein Ausdruck.
Aber Stroheim hat nicht umsonst zwei Jahre an diesem Film gedreht. Er hat nicht umsonst mehrere Millionen hineingesteckt. Die Liebesgeschichte ist nur die eine Seite des Werks. Die andere zeigt den Prunk und den Verfall der Donau­monarchie. Kaiser Franz Joseph geht zur Fronleichnamsprozession in den Stephansdom; die Leibregimenter ziehen auf; das Volk gafft; die Vertreter des Adels und der Plutokraten beten und klatschen. Bordellszenen mit sinnlos betrunkenen Fürsten und Hoflieferanten, Ehekuppelei der oberen Tausend, Sittenlosigkeit, Zynismus, Brutalität und Dekadenz sind von Stroheim, diesem Kenner jener Kaste, so bildhaft geworden, dass man mitunter denkt: Grosz oder Dix hätten photographiert! Stroheim scheint mitunter von einem naturalistischen Bildwollen erfüllt zu sein, das an Besessenheit grenzt (...)» Erich Kästner, in: Neue Leipziger Zeitung, 14.7.1929
Remarques géneraux: - «Erich von Stroheim selbst spielt in seinem Film die Hauptrolle als Spross einer heruntergekommenen Habsburger Adelsfamilie, der sich im Wien von 1914 in ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen verliebt. Damit gerät er in Konflikt mit seinen Eltern, die für ihren Sohn eine Geldheirat organisieren. Stroheims Hang zur Ausmalung aristokratischer Dekadenz gipfelt in einer prächtigen Fronleichnamsprozession vor dem Stephansdom, die im Zweifarbtechnicolor-Verfahren gefilmt wurde.» [www.foerderverein-filmkultur.de/hochzeitsmarsch-the-wedding-march/]
- Es existiert eine von Stroheim montierte Ton-Fassung in der Länge von circa 105 Minuten; die Musik wurde von Schallplatten synchron dazugespielt.
- Josef von Sternberg montierte den zweiten Teil des Films unter dem Titel THE HONEYMOON, der allerdings von Stroheim nie akzeptiert wurde.